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PolitikAfrika

Äquatorialguinea: Obiang vor der Wiederwahl

Martina Schwikowski
20. November 2022

In Äquatorialguinea kandidierte Diktator Teodoro Obiang Nguema nach 43 Jahren an der Macht erneut bei den Präsidentschaftswahlen. Analysten hegen keine Zweifel an seinem erneuten Wahlsieg.

Äquatorialguinea Präsident Teodoro Obiang Nguema Mbasogo
Diktator Teodoro Obiang Nguema tritt nach 43 Jahren im Amt erneut als Präsidentschaftskandidat anBild: Ju Peng/Xinhua/imago images

Er ist der Staatschef, der weltweit am längsten regiert. Und er möchte seine Herrschaft gerne weiter ausdehnen - auch nach 43 Jahren im Amt, auch noch mit 80 Lebensjahren: Teodoro Obiang Nguema kandidierte an diesem Sonntag (20. November) erneut für die Präsidentschaft in Äquatorialguinea, dem kleinen spanischsprachigen Land am Golf von Guinea.

Fernab der Weltöffentlichkeit brachte jede vergangene Wahl Obiang mehr als 90 Prozent der Stimmen ein, seine "Demokratische Partei Äquatorialguineas (PDGE)" regiert quasi ohne Opposition. Und es scheint, als könne niemand etwas dagegen tun: Denn über die Jahrzehnte seit seinem Militärputsch 1979 konnte der Langzeitherrscher sein Regime so fest verankern, dass seine Wiederwahl gar nicht mehr in Frage gestellt wird.

Kein Zweifel am Wahlausgang

Zwei Gegenkandidaten forderten Obiang bei der Wahl heraus: Andres Esono Ondo und Monsuy Asumu. Aber ihre Chancen standen denkbar schlecht. Schon jetzt hält Obiangs Partei bereits 99 der 100 Sitze im Abgeordnetenhaus und alle 70 Sitze im Senat.

Vizepräsident Teodoro Nguema Obiang Mangue, der Sohn des Diktators Obiang, macht als Jetsetter von sich redenBild: Michele Spatari/AFP/Getty Images

Die Politikwissenschaftlerin für Afrikastudien an der Universität Lissabon, Ana Lúcia Sá, hegt keine Zweifel: "Ich bin mir sicher, dass Obiang bei der Wahl am Sonntag mehr als 95 Prozent der Stimmen erhalten und den Posten des Vizepräsidenten wieder an seinen Sohn Teodorín geben wird." Der Sohn sei noch unberechenbarer als der Vater, sagt Sá im DW-Interview. 

Teodoro Nguema Obiang, genannt Teodorín, hatte kürzlich per Twitter angekündigt, dass sein Vater "aufgrund seines Charismas, seiner Führungsqualitäten und seiner politischen Erfahrung" für eine erneute Kandidatur nominiert worden sei. Das klingt zynisch, gemessen an einer brutalen Herrschaft, die von Folter an politischen Gegnern, Scheinwahlen und Korruption geprägt ist.

Klima der Angst durch Gewalt und Folter

"Aufgrund von Beschränkungen der Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie der Verfolgung von Oppositionellen und Menschenrechtsverteidigern wird das Land im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen regelmäßig kritisiert", lautet die nüchterne Einschätzung auf der Webseite des Auswärtigen Amtes. Sá beschreibt die aktuelle Lage so: "Die Menschen werden unterdrückt, Obiang lässt Oppositionelle einsperren und foltern. In Äquatorialguinea regiert die Angst - also werden sie ihn wählen. Und warten auf seinen Tod." 

Präsident Obiang bietet seinem unterdrückten Volk internationale Sportveranstaltungen wie den Africa Cup of NationsBild: Carl de Souza/AFP/Getty Images

Der Hass der Bevölkerung auf ihren Präsidenten sei groß, betont Tutu Alicante, Gründer von EG Justice, eine Organisation, die für die Rechte der Menschen in Äquatorialguinea kämpft. Obiang indes wolle ihnen vormachen, wie gut er zu ihnen sei, hole internationale Sportveranstaltungen wie den Africa Cup of Nations ins Land und lasse Superstars zu Konzerten einfliegen.

Solchen Propagandacoups zum Trotz zeichnet Alicante ein düsteres Bild des politischen Systems: Obiang ziehe genau wie Putin in Russland alle Fäden, basierend auf einem System, das Kriminalität institutionalisiert habe, um selbst zu stehlen, sagt Alicante im DW-Interview. "Äquatorialguinea ist ein Beispiel für die Vereinnahmung eines Staates. Eine Familie hat alle staatlichen Institutionen unterwandert, es gibt keine funktionierende Justiz, keinen Gesetzgeber und keine Zivilgesellschaft", so der Aktivist.

Obiang - Kopf der "Mafia"

Das System basiere auf Vetternwirtschaft, Loyalität werde mit hohen Posten belohnt, analysiert Alicante. Obiang selbst sei der Kopf einer Mafia-Organisation. Die große Mehrheit der Bevölkerung bleibe entweder schweigsam - oder gehe ins Exil wie er selbst. 

Derweil teilt eine kleine politische Clique rund um Vater und Sohn die Einkünfte aus den lukrativen Öl-, Gas- und Holzgeschäften des Landes unter sich auf. Sie zählen zu den reichsten Menschen Afrikas. Das Geld fließt in die Taschen derjenigen, die dem Präsidenten nahestehen, während die Mehrheit der knapp 1,5 Millionen Menschen des Landes in Armut lebt, also über keine zwei Dollar pro Tag zum Leben verfügt.

Armes Land - trotz Ölreichtum

Auf dem Human Development Index der Vereinten Nationen, der sich aus vielen Entwicklungsfaktoren wie Bildung und Gesundheit zusammensetzt, liegt das an Ressourcen reiche Land trotz seines hohen Bruttoinlandsprodukts auf Platz 145 von 191 Ländern. Der Internationale Währungsfonds gewährte dem Land 2019 im Austausch gegen vage Transparenzversprechen sogar einen Kredit in Höhe von 280 Millionen US-Dollar.

Weitere Repressionen im Vorfeld der Wahl haben Obiangs Bemühungen, sein Image im Ausland zu verbessern, eher zunichte gemacht. Zuletzt hatte er die Abschaffung der Todesstrafe veranlasst, das Gesetz tritt am Jahresende in Kraft. "Er wäscht sein Gesicht vor der internationalen Gemeinschaft", sagte Marta Colomer, Senior Campaigner von Amnesty International für Westafrika, zu diesem Vorgehen.

Im Hintergrund konkurriert der 53-jährige Teodorín, bekannt für seinen ausschweifendem Lebensstil mit Luxuskarossen, Privatjets und Pariser Immobilien, mit seinem jüngeren Bruder Gabriel Mbega Obiang Lima um die Macht. Der berüchtigte Geschäftsmann steht an der Spitze des mächtigen Bergbau- und Erdölministeriums, international genieße er aber mehr Ansehen als der Rest des Obiang-Clans, sagt Sá. Teodorín hingegen machte zuletzt vor allem mit Gerichtsverfahren von sich reden und wurde der Geldwäschefür schuldig befunden.

Treffen der Afrikanischen Union in Malabo im Mai 2022. Staatschefs diskutieren die humanitäre Krise AfrikasBild: AFP/Getty Images

Vernetzung mit Autokraten und Demokraten

"Es herrscht Unruhe in der Clique, und wir wissen nicht, wie die Zukunft nach Obiang aussehen wird", sagt die Politikwissenschaftlerin Sá. Der Patriarch könne sich nur so fest an der Macht halten, weil er die politischen Institutionen des Landes nach seinen Interessen gestaltet und die wichtigsten politischen Ämter an seine Kinder übertragen habe.

Obiangs Vernetzung "mit Autokraten und Demokraten auf der internationalen Bühne" spielt für Sá eine Rolle: "Obiang blieb lange im Amt, weil er von China und Russland, aber auch von europäischen Ländern und den USA unterstützt wurde." Äquatorialguinea sei von strategischer Bedeutung für Europa, auch bei der Kontrolle von Migration.