Im Kongo wütet die Ebola-Epidemie. Laut UNICEF sind bereits mehr als 1800 Menschen an Ebola gestorben. Unter den Opfern sind auffallend viele Kinder, sagt Marcus Bachmann von der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen.
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Deutsche Welle: Herr Bachmann, wie viele Kinder sind von der Ebola-Epidemie im Ostkongo betroffen?
Ein Grund ist, dass die Menschen das tun, was eigentlich wünschenswert ist, dass sie auch in einem Epidemiegebiet im Krankheitsfall Gesundheitseinrichtungen aufsuchen, um sich behandeln zu lassen.
Sehr viele Gesundheitseinrichtungen treffen unzureichende Maßnahmen, um Infektionen zu vermeiden. Wenn sich das Personal beispielsweise mit Ebola angesteckt hat, kann es die Infektion an Patienten weitergeben, die kein Ebola haben. Da vor allem Eltern mit kranken Kindern bereit sind, in Gesundheitseinrichtungen zu gehen, sind Kinder so überproportional betroffen.
Woran liegt es, dass so viele Kinder unter fünf Jahren infiziert sind?
Bei Ebola sind sehr viele Daten und Fakten nicht klar. Die Frage, warum fast jeder sechste, dokumentierte Ebola-Infizierte ein Kind unter fünf Jahren ist, können wir nicht beantworten. Oft sind es sogar Babys, Neugeborene, die wenige Tage oder Wochen alt sind.
Hinzu kommt, dass der Unterschied in der Proportion zwischen angesteckten Männern und Frauen auffällig hoch ist. 57 Prozent, also fast jeder sechste Infizierte, ist eine Frau. 43 Prozent der Angesteckten sind Männer. Die Mütter sind natürlich für die Versorgung, für die Pflege von Babys, von Kindern verantwortlich. Das trägt dazu bei, dass der Anteil infizierter Kinder so hoch ist.
Die meisten gehen in Gesundheitszentren, um sich wegen anderer Krankheiten behandeln zu lassen und stecken sich dann an. Was ist die Alternative?
Als ich 2014 / 2015 beim Ausbruch in Westafrika als Einsatzleiter arbeitete, war dort dramatischerweise genau das Gegenteil der Fall. Die Menschen waren so sehr in Panik, dass sie – selbst wenn sie schwer krank waren oder ein Kind oder andere Familienmitglieder schwer krank waren - nicht mehr in eine Gesundheitseinrichtung gegangen sind. Als Konsequenz war die Sterblichkeit an Nicht-Ebola-Erkrankungen geradezu explodiert. Es sind sehr viele Menschen aufgrund von unbehandelten Malariaerkrankungen, Durchfallerkrankungen oder Lungenentzündungen gestorben.
Ebola hat Ende Juli die Millionenstadt Goma im Kongo erreicht. Große Sorge: In dicht besiedelten Gebieten erhöht sich die Ansteckungsgefahr massiv. Im Nachbarland Uganda ist das Virus schon angekommen.
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Erste Infektionen in der Millionenstadt
Die Meldung der ersten Ebola-Fälle in der Großstadt Goma im Osten der Demokratischen Republik Kongo ist beunruhigend. In dicht besiedelten Gebieten fällt es dem tödlichen Virus besonders leicht, sich rasch auszubreiten. Frauen und Kinder sind besonders gefährdet; schwache Organismen sind anfälliger für eine Infektion mit Ebola.
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Grenzüberschreitende Gefahr
Ebola ist hochansteckend, macht vor keiner Grenze halt. So ist in Ruanda - seiner geographischen Nähe zu Goma wegen - die Sorge vor einer Ausbreitung der tödlichen Viren besonders groß. Kurzzeitig wurde deshalb der Grenzübergang geschlossen. Uganda ist schon betroffen: Im Nachbarland Kongos sind ebenfalls die ersten Menschen erkrankt.
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Krieg und schlechte Infrastruktur
Medizinische Helfer gehen an ihre Grenzen, um die Verbreitung der Viren einzudämmen und Kranke zu versorgen. Die angespannte politische Lage und bewaffnete Konflikte in einigen Regionen der Republik erschweren jedoch den Kampf gegen Ebola für die Hilfskräfte. Aber auch die schlechte Infrastruktur und das Misstrauen der Bevölkerung verschärfen die Krise.
Bild: DW
Die ersten Symptome
Die ersten Symptome der Ebola-Infizierten - hohes Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen - ähneln denen einer Grippe. Im Verlauf der Krankheit kommen innere Blutungen und Organversagen dazu - die Folge: der Tod des Patienten. Ist ein Mensch infiziert, sind die Behandlungsmöglichkeiten beschränkt. Um die Mitmenschen zu schützen, appellieren die Behörden an die Bevölkerung: melden, nicht verstecken!
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Impfung - der einzige Schutz
Seit 2015 gibt es einen Impfstoff, der laut WHO-Einschätzungen eine "fast hunderprozentige" Wirkung haben soll. Doch große Teile der Bevölkerung misstrauen der Impfung, einige glauben gar, dass die Krankheit eine Inszenierung der Regierung sei, um an Spendengelder zu gelangen. Auch der Transport ist schwierig, denn die Kühlkette von -80 Grad Celsius darf zu keinem Zeitpunkt unterbrochen werden.
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Impfen - und mehr
Organisationen und Helfer arbeiten auf Hochtouren, um schneller als das Virus zu sein. Ihre Präventionsarbeit geht weit über das Impfen hinaus. Neben dem Verteilen von Schutzanzügen und Handschuhen ist auch die Ausbildung medizinischer Fachkräfte und die Aufklärung über die Ansteckungsmöglichkeiten sowie die richtige Hygiene essentiell.
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Pflicht zum Handeln
Blumen für die Verstorbenen: In Westafrika verloren 2014 und 2015 über 11.000 Menschen den Kampf gegen das tödliche Virus. Der Ebola-Ausbruch im Kongo ist der bislang schlimmste nach der Epidemie in Westafrika - über 1800 Menschen verloren seit 2018 ihr Leben. Alarmstufe rot: Jetzt ist schnelles Handeln von Politikern, Ärzten und Experten gefragt.
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Welche anderen Schwierigkeiten gibt es im Ebola-Gebiet?
In so einem extremen Konfliktgebiet wie dem Ostkongo ist der Weg in eine Gesundheitseinrichtung für die betroffenen Menschen sehr gefährlich und bedrohlich. Das ist ganz entscheidend. Die Wege sind oft sehr lang. Das führt dazu, dass sich Menschen oft sehr spät in die Behandlungszentren begeben. Durch eine Dezentralisierung würden die Zentren näher an die Menschen heranrücken.
Die politische Situation spielt also eine große Rolle bei der Bekämpfung der derzeitigen Ebola-Epidemie?
Die Behandlungszentren sind oft sehr weit entfernt. Teilweise sind das vier, fünf, sechs Stunden zu einer Ambulanz, und das ganze ist in einem Konfliktgebiet. Das heißt: Es liegen drei, vier, fünf Frontlinien dazwischen. Für die Familien ist das geradezu unüberwindbar.
Wozu führt das?
Es sind überproportional viele Kinder, Kleinkinder und Neugeborene betroffen. Der Familie fällt es oft schwer ein Kind in ein Ebola-Behandlungszentrum zu bringen, das sehr weit entfernt ist. Das führt dazu, dass die Behandlung sehr spät beginnt. Aber je früher die Diagnose gestellt wird desto besser sind die Überlebenschancen.
Was passiert mit den Kindern, wenn ein Elternteil oder beide Eltern an Ebola sterben?
Die Menschen dort haben ein faszinierendes Maß an Solidarität, so dass andere Familienangehörige oder - wenn diese nicht auffindbar sind - andere Menschen, die noch eine weitere Person aufnehmen können, bereit sind, diese Kinder zu versorgen.
Was können Sie oder andere Hilfsorganisationen tun, um Kinder von vorneherein besser vor Infektionen zu schützen?
Es gibt ein enormes Informationsbedürfnis. Es gibt ein großes Interesse. Es gibt niemanden, der einem nicht zuhört. Was ist Ebola? Wie kann ich mich davor schützen? Wie kann ich meine Angehörigen davor schützen? Ich war sehr oft erstaunt, wie groß die Informationslücken sind, und gerade in diesem Konfliktgebiet ist es sehr wichtig, das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen.
Welche Maßnahmen sind jetzt wichtig?
Immer wieder höre ich: Warum sind die Ebola-Behandlungszentren so weit weg? Warum ist die Erstdiagnose, die Abklärung unerreichbar? Warum kann sie nicht in der Gesundheitsstation, die in meinem Dorf liegt, gemacht werden? Das ist etwas, das wir in einigen stark betroffenen Bezirken in Pilotversuchen jetzt etabliert und gemacht haben. Die Wünsche, die Bedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, zuzuhören, was ihre Bedürfnisse sind, das ist eine sehr gute Leitlinie.
Marcus Bachmann ist Einsatzleiter für Ärzte ohne Grenzen. Er hat beim Ebola-Ausbruch in Nord-Ost-Kongo, in den Provinzen Ituri und Nord Kivu gearbeitet.
In Arizona haben die Gesundheitsbehörden Pesterreger in Flöhen gefunden. Träger der Infektionskrankheit sind Nagetiere. Aber nicht nur die Pest kann vom Tier auf den Menschen überspringen - Zoonosen gibt es viele.
Bild: CC/BY/äquinoktium
Träger der Pest
In Flöhen sind die Gesundheitsbehörden von zwei Countys in Arizona fündig geworden: Yersinia pestis - der Erreger der Beulenpest. Der Floh kann das Bakterium vom Nagetier auf den Menschen übertragen. Dort müssen die Menschen nun besondere Vorsicht walten lassen: sich von Wildtieren fernhalten und ihre Haustiere mit Medikamenten vor den Parasiten schützen.
Bild: picture-alliance/dpa
Nicht ganz ungewöhnlich
In den USA sind Pestfälle zwar selten, jedes Jahr kommen aber durchschnittlich sieben Infektionen beim Menschen vor. Erst im Juni hatten sich in New Mexico drei Menschen angesteckt. Medizinisch hat die Pest in entwickelten Ländern ihren Schrecken verloren. Mit Antibiotika lässt sie sich gut behandeln. Bleibt sie indes unbehandelt, verläuft sie oft tödlich.
Bild: SGHT
Vorsicht, auch wenn sie niedlich aussehen!
Im Yosemite-Nationalpark waren 2015 zwei Besucher an der Pest erkrankt. Übertragen wurden die Bakterien wahrscheinlich von solchen süßen Streifenhörnchen oder von Eichhörnchen. Mitte August sperrte die Parkbehörde einen Campingplatz, nachdem in zwei toten Eichhörnchen Pesterreger gefunden wurden. Weltweit gibt es jedes Jahr etwa 300 Pestfälle - die meisten in Madagaskar, der DR-Kongo und Peru.
Bild: Hamid Esmaeili
Nicht nur die Pest ist gefährlich
Es gibt viele andere Krankheiten, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden können - sogenannte Zoonosen. Vor allem kleine Kinder, ältere und kranke Menschen und Schwangere sind durch Infektionen mit Viren, Bakterien, Pilzen oder Parasiten gefährdet. Deshalb sollten Haustiere regelmäßig mit den nötigen Medikamenten behandelt werden.
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Fieber dank Miezekatze
Katzen und Hunde - die besten Freunde des Menschen - können zum Beispiel das Bakterium "Campylobacter jejuni" übertragen, das Durchfall verursacht. Katzen geben zudem verschiedene Bartonella-Bakterien weiter, die Fieber und Entzündungen hervorrufen können. Und eine Toxoplasmose, ausgelöst durch den Parasiten Toxoplasma gondii, kann bei einer Schwangerschaft zu gefährlichen Komplikationen führen.
Bild: Fotolia/millaf
Infektionsweg über mehrere Tiere
Eine Virusinfektion, die fast nur auf dem Lande vorkommt, sind die Kuhpocken. Mäuse, die auf Kuhweiden leben, nehmen die Viren aus dem Kot der Rinder auf. Dann fressen Katzen die Mäuse und spielen abends mit den Menschen. Setzt es beim Raufen mal einen Kratzer infiziert sich der Mensch.
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Krank durch Kriechtiere
Amphibien und Reptilien dagegen sollen für eine Vielzahl von sporadischen Salmonellen-Infektionen bei ihren Besitzern verantwortlich sein. Rund elf Prozent dieser Infektionen bei Patienten unter 21 Jahren gehen einer Studie zufolge auf Tiere wie Leguane, Echsen, Schlangen oder Frösche zurück.
Bild: picture-alliance/dpa/W. Kumm
Papageienkrankheit
Die Papageienkrankheit ist eine Zoonose, die vor allem für Kinder und geschwächte Personen gefährlich werden kann. Auslöser ist eine Chlamydien-Art. Sie trifft vor allem Papageie, Wellensittiche und Tauben. Der Mensch infiziert sich damit meist über den eingetrockneten Kot der Tiere. Der wird mit dem Staub in der Luft aufgewirbelt.
Bild: Proaves
Krankheiten vorbeugen
Für gesunde Menschen ist das Risiko jedoch gering, solange die Tiere geimpft und entwurmt werden und Hygiene-Regeln beachtet würden, betonen die Forscher. Trotzdem sollte sich jeder nach einer ausgiebigen Streicheleinheit die Hände waschen, oder beim Reinigen von Käfig oder Terrarium Handschuhe tragen.
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Stechende Gefahr
Aber nicht nur unsere Haustiere sind ansteckend. So kann es zum Beispiel passieren, dass gefährliche Tiere aus den Tropen versehentlich mit Handelswaren, meist auf Schiffen, auch in gemäßigte Zonen gelangen. Die asiatische Tigermücke überträgt beispielsweise das Dengue-Fieber.
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Reineke Fuchs
Bis zum Jahr 2008 gab es sie auch in Deutschland: Tollwut, übertragen vor allem von Füchsen. Durch großangelegte Impfaktionen aber ist diese gefährliche Krankheit ausgerottet. Für Menschen, die sich mit dem Tollwutvirus infiziert hatten, endete die Krankheit tödlich. Deutschland gilt heute als tollwutfrei.
Bild: imago/blickwinkel
Entwarnung
Im Allgemeinen - das betonen die Forscher - überwiegen die positiven Effekte, die die Beziehung zu einem Tier mit sich bringt. So sollen Kleinkinder, die mit einem Hund oder einem Vogel aufwachsen, seltener an Allergien und Atemwegsinfektionen erkranken. Außerdem sorgen Hunde dafür, dass wir uns mehr bewegen - und auch für die Psyche sind unsere tierischen Freunde gut.