Die TPLF-Rebellen sollen in einem Dorf in der nördlich gelegenen Region Amhara gewütet haben. Wenn die Angaben stimmen, wäre es dort die erste von den Tigray-Kämpfern verübte Massentötung.
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In Äthiopien melden örtliche Behörden ein Massaker an Zivilisten durch die Rebellentruppen aus Tigray. Vertreter von Städten aus der Region Amhara im Norden des Landes sagten, es seien 120 Leichen in einem Dorf geborgen worden. Die Zahl könne sich noch erhöhen. Es handele sich ausnahmslos um Mitglieder von Bauernfamilien, darunter Ältere, Frauen und Kinder.
Massaker dauerte mehrere Tage
Die Menschen seien bereits Anfang September von den Rebellentruppen aus der Region Tigray getötet worden. Mittlerweile sei die Gegend wieder unter Kontrolle der Regierungsarmee. Ein Vertreter der Bezirksverwaltung von Dabat teilte ergänzend mit, das betroffene Dorf Chenna sei Ende August von TPLF-Rebellen (Tigray People's Liberation Front) kontrolliert worden. Anfang September hätten sie sich Kämpfe mit den Regierungstruppen geliefert. Die Rebellen hätten über mehrere Tage Zivilisten getötet, bevor sie den Rückzug angetreten hätten.
Es handelt sich um den ersten Bericht einer Massentötung von Zivilisten in Amhara durch die TPLF-Rebellen. Diese selbst äußerten sich am Mittwochabend per Twitter:
Äthiopische Regierungstruppen hatten im November die in Tigray regierende TPLF angegriffen - nach Regierungsangaben als Reaktion auf Attacken der Gruppierung auf Armeestellungen. Im Juni eroberten mit der TPLF verbündete Kämpfer die Regionalhauptstadt Mekele zurück, die äthiopische Armee zog sich weitgehend zurück. Seitdem drang die TPLF in die Nachbarregionen Afar im Osten und Amhara im Süden vor.
Scharfe Kritik an Äthiopiens Regierung
Nach Angaben der äthiopischen Regierung sind Hunderttausende auf der Flucht vor den Kämpfen. Rund 400.000 Menschen in Tigray leiden nach UN-Schätzungen Hunger. Die Lieferung von Hilfsgütern in die umkämpfte Region im Norden Äthiopiens wird durch die problematische Sicherheitslage und bürokratische Hürden erschwert. Auch internationale Hilfsorganisationen kritisieren die Haltung der Regierung in Addis Abeba unter Ministerpräsident Abiy Achmed scharf. Dieser hatte 2019 der Friedensnobelpreis erhalten.
Tigray: Hunger und Gewalt gegen Frauen
Der Bürgerkrieg um Tigray wird immer mehr zu einem humanitären Desaster. Systematische Gewalt gegen Frauen und Kinder ist laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International weit verbreitet.
Bild: Ben Curtis/AP/picture alliance
Hunderttausende auf der Flucht
Der Kämpfe zwischen der Regionalregierung Tigrays und Äthiopiens Zentralregierung unter Premierminister Abiy Ahmed gehen unvermindert weiter. Hunderttausende sind auf der Flucht, leben in Hunger und sind womöglich Kriegsverbrechen ausgesetzt. Im Juni eroberten die selbsternannten Tigrischen Streitkräfte (TPLF) die regionale Hauptstadt Mekele, die äthiopische Armee zog sich weitgehend zurück.
Bild: YASUYOSHI CHIBA/AFP
Große Hungersnot
Nach UN-Angaben sind 400.000 Menschen in der Region von einer Hungersnot betroffen, weitere 1,8 Millionen Menschen stehen am Rande einer Hungersnot. Abiy bestreitet dies und ließ Hilfslieferungen blockiert. "Diese Unterernährungskrise findet inmitten der systematischen Zerstörung der Infrastruktur für Nahrungsmittel, Gesundheit, Ernährung, Wasser und sanitäre Einrichtungen statt", sagte UNICEF.
Bild: AP
Zerstörung allgegenwärtig
Die Armee der äthiopischen Zentralregierung kämpft Seite an Seite mit Soldaten aus Eritrea - nicht nur gegen die Kämpfer der Separatisten. Vor allem leidet die Zivilbevölkerung Tigrays. Derweil häufen sich die Berichte über mögliche Kriegsverbrechen und Massaker. Ausgebrannte Wagen und zerstörte Häuser gehören zum alltäglichen Bild.
Bild: GIULIA PARAVICINI/REUTERS
Vergewaltigung als Waffe
Der jüngste Report von Amnesty International untermauert dies. Äthiopische Streitkräfte und ihre Verbündeten sollen sich an der Zivilbevölkerung vergangen haben. Frauen seien Opfer von Vergewaltigungen, sexueller Versklavung, Verstümmelung der Genitalien und anderer Folter geworden. Diese Frau erinnert sich an die Worte ihrer Vergewaltiger: "Vergewaltigung reicht nicht" sollen sie gesagt haben.
Bild: Ben Curtis/AP/picture alliance
Massaker und Tote
Die Leichen der Kämpfer von beiden Seiten sind überall zu finden. Mal werden sie notdürftig bestattet, mal in Flüsse geworden oder bleiben einfach an Ort und Stelle liegen. Das Bild zeigt eines der Behelfsgräber eines äthiopischen Soldaten.
Bild: GIULIA PARAVICINI/REUTERS
Immer mehr junge Kämpfer
Für den Widerstand melden sich immer mehr junge Menschen, um den vereinigten Truppen der Zentralregierung und Eritreas entgegenzutreten. Viele der neuen Kämpfer der selbsternannten Tigrischen Streitkräfte sind gerade mal im Teenageralter. Auch Abiy hat die Bevölkerung aufgerufen, sich der Armee anzuschließen.