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PolitikÄthiopien

Regierung wirft Tigray-Rebellen Massaker vor

1. November 2021

Die Zentralregierung wirft den TPLF-Rebellen vor, beim Vormarsch auf die Stadt Kombolcha viele junge Einwohner hingerichtet zu haben. Die TPLF nennt die Darstellung "absolut falsch".

Äthiopien Tigray-Krise | Soldaten TPLF
Ein Kämpfer der TPLF (Archivbild)Bild: Ben Curtis/AP/picture alliance

Nachdem Kämpfer der TPLF-Rebellengruppe offenbar die strategisch wichtige äthiopische Stadt Kombolcha eingenommen haben, wirft die Zentralregierung ihnen ein Massaker vor. Die TPLF habe "insgesamt mehr als 100 junge Bewohner von Kombolcha hingerichtet", teilte die Regierung in Addis Abeba mit, ohne weitere Details zu nennen. "Die internationale Gemeinschaft darf nicht wegsehen bei solchen Gräueltaten", hieß es. Der Sprecher der TPLF, Getachew Reda, nannte die Vorwürfe "absolut falsch" und sagte, es gebe keine Kämpfe in den Städten Dessie und Kombolcha. Ähnliche Vorwürfe hatte es bereits in der Vergangenheit gegeben.

Beide Städte liegen im Norden der Region Amhara, die wiederum die südliche Nachbarprovinz von Tigray ist. Wie sich die Lage vor Ort darstellt, ist derzeit nicht unabhängig zu überprüfen, weil die Kommunikation in weiten Teilen unterbrochen und das Gebiet für Journalisten nicht zugänglich ist. Die Nachrichtenagentur AFP berichtet unter Berufung auf Einwohner von heftigen nächtlichen Gefechten am Stadtrand von Kombolcha. Die Zentralregierung von Ministerpräsident Abiy Ahmed erklärte am Sonntag, in beiden Städten werde noch gekämpft. US-Außenminister Antony Blinken zeigte sich besorgt und rief alle Parteien zu einer Feuerpause und Verhandlungen über einen Waffenstillstand auf.

Der Tigray-Konflikt rückt näher an Addis Abeba

Sollte die TPLF die beiden Städte an der Autobahn Richtung Addis Abeba tatsächlich kontrollieren, wäre das ein schwerer Schlag für Abiy. Vor einem Jahr hatte er die ersten Luftschläge auf TPLF-Ziele in deren abtrünniger Heimatprovinz Tigray angeordnet und war mit den Regierungstruppen bis in die Provinzhauptstadt Mekelle vorgerückt. Seitdem hat die TPLF jedoch zunehmend wieder die Kontrolle zurückerlangt. Seit einigen Wochen wird auch in den Nachbarregionen  Afarund Amhara gekämpft. Unterschiedliche Milizen aus anderen Landesteilen haben sich in den Konflikt eingeschaltet, unter anderem hat die Oromo Liberation Army sich auf die Seite der TPLF geschlagen.

Diese Soldaten der Zentralarmee sind Gefangene der TPLFBild: picture alliance/AP

Die Oromo sind die zahlenmäßig stärkste Bevölkerungsgruppe Äthiopiens. Ministerpräsident Abiy ist selbst ein Oromo, allerdings hat er sich durch sein Vorgehen gegen andere Oromo-Anführer auch Feinde in der zentralen Provinz Oromia gemacht. Auch deshalb gilt als denkbar, dass sich die Kämpfe noch weiter nach Süden ausdehnen und damit der in der Landesmitte gelegenen Hauptstadt Addis Abeba immer näher rücken könnten.

Festnahmen in der Hauptstadt

Unterdessen nahmen Sicherheitskräfte in Addis Abeba zahlreiche Menschen aus Tigray fest. Abiy warf auch nicht näher benannten Ausländern weißer und schwarzer Hautfarbe vor, die TPLF zu unterstützen.

Über 25 Jahre hinweg war die TPLF nicht zuvorderst eine Kampfgruppe, sondern mächtige Regierungspartei gewesen. Obwohl nur sechs Prozent der Äthiopier zur aus Tigray stammenden Ethnie gehören, dominierten sie die Regierung und bekleideten zahlreiche einflussreiche Posten im Land. Als Abiy 2018 an die Macht kam, büßten sie einen großen Teil ihrer Macht ein. Allerdings liefen einige führende Mitglieder des Militärs in der Folge zur TPLF über und verhalfen ihr zu raschen Geländegewinnen.

"Tigray verhungert": Solidaritätsdemo im Oktober in LondonBild: Tayfun Salci/picture alliance/ZUMAPRESS

Die Auseinandersetzungen haben bittere Folgen für die Zivilbevölkerung der betroffenen Gebiete. Weil kritische Infrastruktur wie Straßen und Brücken infolge der Angriffe zerstört ist, kommen kaum Hilfslieferungen an. Zudem beklagen Organisationen immer wieder, sie würden kaum oder gar nicht in die Gebiete gelassen. Im Oktober wurde ein Flugzeug der UN bei der Landung in Tigray beschossen, sodass es umkehren musste. Seit Beginn des Konflikts wurden Tausende Zivilisten getötet, nach Angaben der Vereinten Nationen sind mehr als 2,5 Millionen Menschen auf der Flucht. In dem Konflikt kommt es nach Angaben von Menschenrechtlern immer wieder zu Gräueltaten an der Zivilbevölkerung. So werde auch sexualisierte Gewalt als Kriegswaffe eingesetzt.

ehl/hf (afp, rtr, dpa, ap)

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