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PolitikAfrika

Preis für äthiopischen Menschenrechtler

15. September 2021

Die Deutsche Afrika Stiftung ehrt den Anwalt Daniel Bekele für seinen lebenslangen Einsatz für Menschenrechte. Der derzeitige Leiter der äthiopischen Menschenrechtskommission zeigte sich in einer Reaktion "voller Demut".

Deutscher Afrika Preis 2021 - Daniel Bekele
Bild: Deutsche Afrika Stiftung

Der Deutsche Afrika-Preis gilt als renommierteste Auszeichnung ihrer Art in Deutschland und ehrt "herausragende Persönlichkeiten des afrikanischen Kontinents", die sich für Frieden, Versöhnung und sozialen Fortschritt engagieren. Stiftungs-Präsidentin Dr. Uschi Eid erklärte zum diesjährigen Preisträger: "Ich freue mich, dass die Wahl der unabhängigen Jury auf einen herausragenden Menschenrechtler gefallen ist. Er verdient diesen Preis für sein lebenslanges Eintreten für die Menschenrechte. Ich hoffe sehr, dass der Preis Daniel Bekele und seine Kollegen in der äthiopischen Menschenrechtskommission (EHRC) ermutigen wird, unerschrocken und unparteiisch für die Menschenrechte in Äthiopien einzutreten."

In einer ersten Reaktion erklärte Daniel Bekele gegenüber der DW, er sei "begeistert und zugleich voller Demut, als erster Äthiopier diese prestigeträchtige deutsche Auszeichnung zugesprochen zu bekommen". "Diese Würdigung wird einen großen Beitrag leisten, meine Kollegen bei der EHRC sowie Menschenrechtsverteidiger in meinem Land Äthiopien und in ganz Afrika zu ermutigen und zu inspirieren, sich in einem immer schwieriger werdenden Umfeld für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte einzusetzen."

Daniel Bekeles soziales Engagement begann früh: Mit nur 23 Jahren nahm der Jurist eine Anwaltstätigkeit in Addis Abeba auf, vertrat Nichtregierungsorganisationen und entwickelte sich schnell zu einem gefragten Experten für Demokratisie­rung und Menschenrechte. 2004 wurde er "Head of Policy Research and Advocacy" bei ActionAid in Äthiopien. Zudem war er einer der führenden Aktivisten des "Global Call to Ac­tion Against Poverty". Als Vertreter der Zivilgesellschaft war Daniel einer der leitenden unabhängigen Wahlbeobachter der äthiopischen Parlamentswahlen von 2005 und kritisierte offen deren fragwürdige Durchfüh­rung. Im Oktober wurde er Opfer eines bewaffneten Überfalls und am 1. November 2005 unter fadenscheinigen Beschuldigungen verhaftet und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Das Gericht warf ihm vor, "Verbrechen gegen die Verfassung" begangen zu haben. Bis März 2008 saß er als international anerkannter gewaltloser politischer Gefangener hinter Gittern.

Für die Äthiopische Menschenrechtskommission erreichte Daniel Bekele eine größere UnabhängigkeitBild: Yohannes Gebreegziabher/DW

Daniel Bekeles Entschlossenheit, für die politischen Rechte insbesondere benachteiligter Be­völkerungsgruppen einzutreten, erlitt durch die Haftstrafe keinen Abbruch. In Führungspositionen bei Human Rights Watch und Amnesty International setzte sich Bekele zwischen 2011 und 2019 für die Einhal­tung der Menschenrechte auf dem afrikanischen Kontinent ein und verantwortete Hunderte von Publikationen zu verschiedensten The­men der guten Regierungsführung in Afrika.

In der Mitteilung der Stiftung heißt es weiter: "Der Menschenrechtler ist überzeugt, dass wirtschaftli­cher und sozialer Aufschwung ohne die Durchsetzung von Menschen- und politischen Rechten nicht zu nachhaltiger Entwicklung führen kann - und scheut sich deshalb nicht, auch die Geberländer des Nordens für ihre Zusammenarbeit mit autoritären Regimen zu kritisieren."

Im Zuge der demokratischen Öffnung Äthiopiens unter Premierminister Abiy Ahmed wählte die äthiopische Nationalversammlung Daniel Bekele im Juli 2019 zum Leiter der staatlichen äthiopischen Menschenrechts­kommission (EHRC). Bekele baute die Kommission um und setzte sich erfolgreich für eine größere Unabhängigkeit ein: Im Juli 2020 verabschiedete das Parlament eine entsprechende Gesetzesänderung, die der Behörde langfristig mehr Freiräume und finanzielle Autonomie einräumen soll.

Die Stiftung räumt ein, dass die politische Krise Äthiopiens und der Bürgerkrieg in der Tigray-Region im Norden des Landes auch einen Schatten auf Daniel Bekeles Arbeit geworfen hat. "Es ist nicht überraschend, dass die Kommission in diesem Kontext Kritik ausgesetzt gewesen ist", heißt es in der Mitteilung. Die  Kommission habe die schwierige Aufgabe, die Menschenrechtsverstöße der beteiligten Parteien in einer politisch stark aufgeheizten Atmosphäre fair zu beurteilen. Die Deutsche Afrika Stiftung hebt unter anderem hervor, dass die Kommission Verfehlungen der äthiopischen Sicherheitskräfte nach der Ermordung des Oromo-Aktivisten und Sängers Hachalu Hundessa im Juli 2020 und daraus folgenden Unruhen offen kritisiert habe. Auch habe sich die EHRC für einen fairen Umgang mit inhaftierten Oppositionspolitikern eingesetzt und zum Beispiel auf den Hungerstreik des Oppositionellen Jawar Mohammed aufmerksam gemacht. Daniel Bekele  thematisierte der Stiftung zufolge auch frühzeitig die eritreische Truppenpräsenz auf äthiopischem Staatsgebiet – bis dato ein Tabu in der politischen Diskussion. Dafür hätten neutrale  Beobachter Daniel Bekele "großen Respekt" bezeugt. Ähnlich positiv wurde sein Eingeständnis aufgenommen, dass ein Bericht der Menschenrechtskommission über die Verbrechen von TPLF-nahen Milizen in Mai Kadra im November 2020 als "einseitig wahrgenommen werden" könne.

Die Ermordung des Sängers Hachalu Hundessa zog massive Proteste nach sichBild: Reuters/Str

Aktuell arbeitet die EHRC  gemeinsam mit dem Hohen Kommissar für Menschenrechte der Vereinten Nationen an einem Bericht zu den im Zuge des Tigray-Konflikts von allen Seiten begangenen Verstößen gegen die Menschenrechte.

Die Preisverleihung ist im November in Berlin geplant. Traditionell wird die Auszeichnung in einer feierlichen Zeremonie von einem führenden Vertreter der deutschen Politik überreicht. Die federführende Deutsche Afrika Stiftung e.V. versteht sich als unparteiische Organisation und setzt sich für ein besseres Verständnis des Nachbarkontinents in Deutschland ein. Sie vergibt den Deutschen Afrika Preis seit 1993, unter anderen an die kenianische IT-Pionierin Juliana Rotich, den ugandischen Menschenrechtsanwalt Nicholas Opiyo und Südafrikas frühere Korruptionsbekämpferin und Ombudsfrau Thulisile Madonsela. Im Vorjahr war die somalische Friedensaktivistin Ilwad Elman geehrt worden.

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