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Óscar Martínez: "Journalismus ist unverzichtbar"

Gabriel González Zorrilla | Alba Miriam Amaya
3. Mai 2023

Mit investigativem Journalismus gegen Gewalt und Korruption in El Salvador: Die Deutsche Welle ehrt mit ihrem Freedom of Speech Award 2023 den Journalisten Óscar Martínez.

Oscar Martinez steht vor einem Bücherregal - Halbporträt
Oscar Martinez ist Chefredakteur des Online-Magazins El Faro in El Salvador - und Preisträger des DW Freedom of Speech-Awards 2023Bild: Alba Amaya/DW

Ein Journalist, der in Zentralamerika über Themen wie Drogenhandel, Korruption und organisierte Kriminalität schreibt, lebt unter ständiger Bedrohung, sagt Óscar Martínez im Gespräch mit der DW. "Die Schikanen reichen von Verleumdungen durch Beamte und Geschäftsleute, mit dem Ziel, Journalisten hinter Gittern zu setzen, bis hin zu Bespitzelungen, Gewaltandrohungen und sogar Mordanschlägen." 

Óscar Martinez ist einer der renommiertesten Investigativ-Journalisten Lateinamerikas. Seine Reportagen erregen immer wieder öffentliches Aufsehen. Geboren 1983 in El Salvador, leitet er als Chefredakteur die Redaktion des salvadorianischen Online-Magazins "El Faro" (Der Leuchtturm). Gestartet 1998 als No-Budget-Projekt, hat sich El Faro zu einem der führenden Investigativ-Medien in Lateinamerika entwickelt, das für unabhängigen und vor allem mutigen Journalismus in einer Region steht, die als eine der gefährlichsten der Welt gilt. 

Kritischer Journalismus ist in El Salvador unerwünscht

Auch in El Salvador hat sich die Lage für Journalisten in der jüngeren Vergangenheit dramatisch verschlechtert. Seit seinem Amtsantritt 2019 fährt Präsident Nayib Bukele immer wieder rhetorische Attacken gegen regierungskritische Journalisten. Er blockiert viele von ihnen in den sozialen Netzwerken und versucht, die Presse als Feinde des Volkes zu diskreditieren.

Seit März 2022 herrscht in El Salvador ein von der Regierung verhängter Ausnahmezustand. Verfassungsmäßige Rechte wie freie Meinungsäußerung, Briefgeheimnis (auch für digitale Kommunikation) und Versammlungsfreiheit wurden aufgehoben. 

Journalismus muss "in die dunklen Ecken der Macht leuchten"

Doch Óscar Martinez lässt sich nicht einschüchtern. "Der Journalismus muss weiter in die dunklen Ecken hineinleuchten, die von den Mächtigen am liebsten im Dunkeln gelassen würden. Ich glaube, dass der Journalismus weiter die Geschichten erzählen muss, die von den Mächtigen verschwiegen werden. Ich glaube aber auch, dass der Journalismus angesichts der aktuellen Bedingungen einer großen Herausforderung gegenübersteht: dem eigenen Überleben. Wir müssen auf der Hut sein, uns der Angriffe erwehren und ihnen widerstehen, denn der Journalismus ist gerade jetzt in Zentralamerika unverzichtbar", betont Martinez. 

Flucht und Migration aus Zentralamerika in Richtung USA ist eines der Hauptthemen der Arbeiten von Oscar MartinezBild: Gregory Bull/AP/picture alliance

Sergio Arauz, stellvertretender Chefredakteur von El Faro, erinnert sich an die Anfänge von Óscar Martinez: "Óscar wollte 2008 eine Reportage über Migration schreiben. Er nahm die Aufgabe sehr ernst; es war eines der ersten großen journalistischen Projekte von El Faro. Sein Grundgedanke war, vor Ort zu bleiben, um die Geschichte der Reise zu erzählen. Und zwar mit der nötigen Zeit, mit einem anderen Blickwinkel und mit der Absicht, ein echter Experte auf diesem Gebiet zu werden", so Sergio Arauz gegenüber der DW.

Bücher über Migration und Gewalt in Zentralamerika 

"Aus dem Projekt entstand dann ein Buch mit allen Reportagen, die er in anderthalb Jahren geschrieben hatte, als er den Migrationsrouten gefolgt war und mit den Menschen gesprochen hatte", fügt Arauz hinzu. Seitdem hat Martinez mehrere Bücher zu den Themen Migration und organisierte Kriminalität in Zentralamerika geschrieben. Auf Deutsch erschien 2016 sein Werk " Eine Geschichte der Gewalt. Leben und Sterben in Lateinamerika". 

"Ich denke, Óscar ist bereits eine spanischsprachige Institution im Journalismus, nicht nur wegen seiner Bücher, sondern auch wegen seiner täglichen Arbeit bei El Faro. Wenn Sie sein letztes Buch lesen, werden Sie verstehen, wovon ich spreche. Es ist eine sehr wichtige Abhandlung über den Journalismus für alle, die den Beruf des Journalisten verstehen wollen", versichert Arauz.

Arbeiten in einem extrem schwierigen Umfeld: Oscar Martinez an seinem Laptop in El SalvadorBild: Alba Amaya/DW

Angélica Cárcamo, Präsidentin der Journalistenvereinigung von El Salvador (APES), unterstreicht die Bedeutung der DW-Auszeichnung für den Journalismus in Zentralamerika: "Dass der Freedom of Speech Award der Deutschen Welle nach El Salvador geht, bedeutet eine Würdigung für den Mut und die Arbeit vieler Journalisten im Land, die tagtäglich die negativen Auswirkungen auf ihr Leben spüren. Es ist auch eine Anerkennung für ein Medium wie El Faro, das sich der Dokumentation der Korruption und der Missstände einer politischen Macht verschrieben hat, die immer undurchsichtiger wird und um jeden Preis versucht, das Recht der Bürgerinnen und Bürger auf angemessene Information zu unterbinden. Der Preis ist auch ein Appell an den salvadorianischen Staat, der sich weigert, die Bedeutung des freien und unabhängigen Journalismus als Instrument der Kontrolle anzuerkennen, diesen stattdessen kriminalisiert und damit die Korruption im Land noch verstärkt. Es ist wichtig, dass dieser Preis in diesem Zusammenhang verliehen wird und dass man nicht darauf wartet, dass ein Journalist inhaftiert oder getötet wird, um die Bedeutung seiner Arbeit für die Bürger anzuerkennen".

Die Preisverleihung des DW Freedom of Speech Awards 2023 an Óscar Martinez wird am 19. Juni im Rahmen des Global Media Forums der Deutschen Welle in Bonn stattfinden.  

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