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Politik

Óscar Romero: Heiliger der Befreiungstheologie?

Victoria Dannemann
12. Oktober 2018

Auch in Lateinamerika steht die Katholische Kirche wegen Missbrauchsfällen unter starker Kritik. Mit der Heiligsprechung des 1980 ermordeten Bischofs signalisiert sie Unterstützung für eine progressive Strömung dort.

Bischof Óscar Romero, aus El Salvador
Bild: Getty Images

Während der Sonntagspredigt am 24. März 1980 in einer Krankenhauskapelle Sonntagsmesse wurde Monsignore Óscar Arnulfo Romero von einem Scharfschützen der damaligen Militärregierung in El Salvador ermordet. Es war ein symbolisches Szenario, denn der Erzbischof von San Salvador musste für das sterben, was er predigte.

Óscar Romero (1917-1980) war für viele in seinem Land und in der Kirche auch nach seinem Tod eine unbequeme Figur. Der Prozess der Seligsprechung, gegen die sich Einflussgruppen aus Politik, Wirtschaft und sogar der Kirche selbst wehrten, war lange Zeit blockiert. Den Widerstand im Vatikan konnte erst der Argentinier Jorge Bergoglio als Papst Franziskus brechen.

Anfang der 1970er Jahre, war Romero ein engagierter Pastor, jedoch zurückhaltend, was ein Engagement der Kirche in sozialen und politischen Angelegenheiten betraf. "Als Diözesanbischof von Santiago de María sah er das Elend, und er erkannte, dass es eine strukturelle Ungerechtigkeit im Land gab. Er wurde Zeuge der von der Nationalgarde verübten Massaker an den Bauern und es wurde im bewusst, dass er Ungerechtigkeit und Unterdrückung anprangern musste", sagt der deutsche Jesuit und Romero-Biograf Martin Maier.

Ikone der Befreiungstheologie

"Er las das Evangelium aus der Situation des Landes heraus. Er sprach mit großer Autorität und wurde für seine Glaubwürdigkeit und die Eindringlichkeit seiner Botschaft bewundert", sagt Pater Rodolfo Cardenal, Leiter des Monsignore-Romero-Zentrums an der privaten Hochschule "José Simeón Cañas" in San Salvador.

Bischof Romero prangerte furchtlos die sozialen Misstände in seinem Land anBild: Getty Images/Bettmann Archive

"Er verurteilte die Oligarchie, die Götzenverehrung des Geldes, die sozialen Strukturen, das Militärregime und den Terrorismus der Linken. Er verteidigte die Menschenrechte, die Gewerkschaften, die Bauern und Arbeiter, und er forderte Aufklärung über die Verschwundenen", betont Cardenal. Romeros Predigten und Schriften gaben den Armen eine Stimme, aber sie schufen ihm auch Feinde, inmitten eines Klimas der Gewalt, der den Beginn eines blutigen Bürgerkrieges markieren sollte.

Romero war ein unbequemer Bischof, und seine Verbindung zur Befreiungstheologie ist umstritten. Vorwürfe, dass er von dieser theologischen Strömung und von den Jesuiten manipuliert wurde und dass er den Marxismus förderte, verhinderten lange Zeit seine Selig- und anschließende Heiligsprechung. "Ihn als Vorbild zu akzeptieren, widersprach den Vorstellungen der konservativen Kräfte innerhalb der Kirche, die der Befreiungstheologie und auch dem Zweiten Vatikanischen Konzil ablehnend gegenüberstand", sagt Cardenal.

Hoffnung in einer krisengeschüttelten Kirche

Für die Kirche, die durch die Missbrauchsskandale viel an Glaubwürdigkeit und Zuspruch verloren hat, etabliert diese Heiligsprechung ein "Vorbild für einen Bischof, der sich in den Dienst der Armen und Bedürftigen stellt. In diesem Sinne gibt der Papst ein klares Signal", meint Romero-Biograf Maier.

Für die Menschen in El Salvador ist Romero schon längst ein HeiligerBild: Adveniat

Für die Menschen in El Salvador ist diese Heiligsprechung nur eine Bestätigung dessen, von dem sie schon immer überzeugt waren: dass Romero ein Heiliger war, der unerschrocken die Wahrheit aussprach. Heute ist er nicht nur eine nationale, sondern auch eine internationale und ökumenische Berühmtheit. Schon vor der Katholischen Kirche erkannte die Anglikanische Kirche Romero als heiligen Märtyrer an. In der Abtei von Westminster in London steht eine Statue von ihm gleich neben der von Martin Luther King.

Die Heiligsprechung gilt vielen auch als Akt der Gerechtigkeit, insofern, als die Täter des Mordes nie strafrechtlich verfolgt wurden und das Verbrechen ungesühnt blieb. Wie so viele andere in diesem Land mit einer der höchsten Mordraten Mittelamerikas. "Wir haben die Probleme, die Bischof Romero anprangerte, immer noch nicht gelöst", sagt Jesuit Maier. "Lateinamerika ist ein Kontinent, der von tief greifender Ungerechtigkeit und Ungleichheit geprägt ist, mit einer immer noch sehr großen Armut. In diesem Sinne bleibt die Botschaft Romeros immer noch aktuell."

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