Graue Energie ist zwar unsichtbar - fällt aber ganz schön ins Gewicht, wenn es um die Berechnung unseres ökologischen Fußabdrucks geht. Deshalb fordert die EU-Kommission in einigen Fällen nun größere Sorgfalt.
Windräder sind eine wichtige Quelle für nachhaltige EnergieBild: picture-alliance/chromorange/K. H. Spremberg
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Graue Energie - ein Ausdruck, von dem die meisten Menschen noch nie gehört haben. Trotzdem ist sie überall: in dem Wasser, das wir trinken, in unseren Handys und in unseren Autos. Graue Energie bezeichnet die Summe aller Energie, die für die Produktion eines Produktes benötigt wird.
Experten betonen die Notwendigkeit, diese unsichtbare Energie wahrzunehmen, nicht zuletzt weil sie in den meisten Fällen den Energiewert eines Produktes mindestens verdoppelt. Das würde unter anderem dazu führen, genauere CO2-Bilanzen erstellen zu können.
In Europa verbrauchen Gebäude mit Abstand die meiste Energie. Forscher argumentieren deswegen nun damit, dass aufgrund von Grauer Energie selbst bei energiesparenden Gebäuden die Hälfte der Auswirkungen auf die Umwelt bereits erreicht ist, noch bevor sie überhaupt in Betrieb genommen werden.
Dass Graue Energie mehr in den Fokus unserer Aufmerksamkeit rücken sollte, hat auch die EU-Kommission erkannt. In einem Paper empfehlen Wissenschaftler, "die Umweltverträglichkeitsprüfung von Gebäuden bereits in der Nutzungsphase eines Gebäudes um die Energieaufwendungen der Herstellung, des Transports von Materialien, die Bautätigkeit und die Instandhaltung von Gebäuden zu erweitern." Auch in anderen Bereichen könnte die Wahrnehmung der Grauen Energie erheblich dazu beitragen, Energie zu sparen.
Wie viel Graue Energie in unseren Alltagsgegenständen steckt, zeigt unsere Bildergalerie:
Graue Energie im Alltag
Von Grauer Energie haben Sie noch nichts gehört? Kein Wunder - denn vielen unserer Alltagsgegenstände sieht man ihren hohen Energieverbrauch auf den ersten Blick gar nicht an. Hier ein paar Beispiele.
Bild: picture alliance/W. Moucha
Schokolade
Neben Strom, Benzin und Co. verbrauchen wir Energie, ohne es zu merken: nämlich sogenannte Graue Energie, die für die Herstellung, Verpackung, den Transport und die Entsorgung eines Produktes benötigt wird. Der Produktionskreislauf einer Tafel Schokolade erfordert zum Beispiel 0,25 Kilowattstunden (kWh) Graue Energie. Mit der gleichen Energiemenge könnte man 20 Mal Nudeln kochen.
Bild: Colourbox
Wasser aus der Flasche
Eine 0,5 Liter Flasche Mineralwasser benötigt 0,7 kWh Graue Energie - 1000 Mal mehr Energie als die gleiche Menge an Leitungswasser. Produkte, die über weite Strecken transportiert werden, produzieren im Schnitt sehr viel Graue Energie. Das Einkaufen lokal produzierter Produkte mit dem Auto kann in einigen Fällen aber sogar umweltschädlicher sein als ein Massentransport über Tausende Kilometer.
Bild: picture alliance/Photoshot
Laptop
Die Produktion einer Laptop-Hardware verursacht 1000 kWh Graue Energie. Mit der gleichen Energie könnte man 40 Tage am Stück staubsaugen. Wenn Graue Energie in Bezug auf unseren Energieverbrauch, zum Beispiel im Ländervergleich, nicht berücksichtigt wird, erhalten wir irreführende Ergebnisse, die das tatsächliche Bild verzerren.
Bild: Colourbox
Jeans
Bei der Herstellung von einem Paar Jeans fallen über 40 kWh Graue Energie an. Mit der gleichen Strommenge könnte man 400 Stunden fernsehen. Bei der Messung von Grauer Energie werden alle Vorprodukte und auch die Rohstoffgewinnung berücksichtigt. Die daraus resultierenden Energiemengen werden dann mit der in den Produktionsprozessen verbrauchten Energie zusammengerechnet.
Bild: Colourbox
Einfamilienhaus
Das durchschnittliche Einfamilienhaus mit rund 120 Quadratmetern Wohnfläche erfordert in Bezug auf Ressourcen, Material und Herstellung insgesamt 150.000 kWh Graue Energie. Das entspricht dem Stromverbrauch einer vierköpfigen Familie für knapp 40 Jahre. Experten gehen davon aus, dass jeder Euro, den ein Haushalt ausgibt, rund eine Kilowattstunde Graue Energie bedeutet.
Zeitungen
Eine durchschnittliche Tageszeitung verbraucht zwei kWh Graue Energie. Das entspricht 150 Tassen Kaffee. Die Messung von Grauer Energie erfolgt gelegentlich im Rahmen von Ökobilanzen, wobei die Ergebnisse je nach Details - zum Beispiel bei der Herstellung und dem Transport von Produkten - stark variieren können und die erforderlichen Daten oft schwer zu erhalten sind.
Bild: picture-alliance/dpa/M. Murat
Smartphones
220 Kwh Graue Energie werden benötigt, um ein Mobiltelefon zu produzieren, zu transportieren, zu lagern, zu verkaufen und am Ende zu entsorgen. Mit der gleichen Energie könnten wir unser Handy 50 Jahre lang aufladen. Graue Energie ist der indirekte Energiebedarf beim Kauf eines Konsumgutes, im Gegensatz zum direkten Energiebedarf bei dessen Nutzung.
Bild: picture-alliance/dpa/C. Klose
Schuhe
Der Lebenszyklus von einem Paar Schuhe erfordert etwa acht kWh Graue Energie. Das ist die gleiche Energiemenge, die ein durchschnittlicher Kühlschrank in zwei Wochen verbraucht. Graue Energie trägt wesentlich zum globalen Energieverbrauch bei und bedeutet gleichzeitig auch Graue CO2-Emissionen, die deutlich höher ausfallen als die bekannten Werte.
Bild: Fotolia/nito
Autos
30.000 kWh Graue Energie werden für einen Mittelklassewagen berechnet. Wenn man das in Benzin umwandelt, könnte man damit 36.000 Kilometer fahren. Import und Export spielen bei der Berechnung der Grauen Energie eine entscheidende Rolle: Wird beispielsweise ein Auto in Deutschland hergestellt und in ein anderes Land exportiert, werden die Emissionen bei der Produktion nicht Deutschland angerechnet.
Bild: Getty Images/AFP/T. Schwarz
Toilettenpapier
Eine Rolle chlorfrei gebleichtes Toilettenpapier verursacht 20 kWh Graue Energie. Eine einzige Rolle Klopapier verbraucht also so viel Energie wie 20 Maschinen Wäsche. Trotz allem ist Graue Energie bei den Verbrauchern kaum bekannt. Nicht zuletzt aufgrund der mangelnden Datenlage. Gerade in Bezug auf unseren ökologischen Fußabdruck sollte sie in Zukunft jedoch nicht ignoriert werden.