1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Ölnachfrage übersteigt das Angebot

18. März 2005

Der Ölpreis klettert derzeit von Rekord zu Rekord. Mehr Öl auf dem Markt würde Abhilfe schaffen, viele Förderländer arbeiten jedoch am Limit. Aber wer das Öl unbedingt haben will, ist auch bereit, Rekordpreise zu zahlen.

Nachschub!Bild: AP


Der Preis für ein Barrel US-Leichtöl erreichte 17. März ein Allzeithoch von 57,30 US-Dollar. Die in Europa marktführende Nordsee-Sorte Brent stieg erstmals über 55 US-Dollar je Barrel (rund 159 Liter). Händler führten die Erdöl-Verteuerung auf eine anhaltend starke Nachfrage und zu geringe Raffineriekapazitäten zurück.

OPEC reagiert, aber die Marktpreise nicht

Die OPEC hat sich entschieden, die Fördermenge zu steigernBild: AP

Angesichts des hohen Bedarfs der USA und Europas, aber auch Chinas, Indiens und anderer asiatischer Länder hat die Internationale Energieagentur IEA ihre Verbrauchsschätzung für das laufende Jahr deutlich angehoben. Der tägliche Ölbedarf der Welt dürfte im vierten Quartal - der Zeit mit dem alljährlichen Spitzenverbrauch - auf 86,1 Millionen von 83,7 Millionen Barrel anwachsen, schätzt die IEA.

Die Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) hat angekündigt, die Produktionsquoten ab sofort um 500.000 Barrel auf 27,5 Millionen Barrel anzuheben. Damit wird aber nur die bisherige Überproduktion offiziell festgeschrieben. Mehr Öl kommt dadurch aber nicht auf den Markt. Der Preis sinkt auch nicht. Dennoch hält die Nachfrage unvermindert an.

Ölschlucker China

Ölförderung in VenezuelaBild: AP

Bruce Evers, Analyst von Investec Securities, geht davon aus, dass "die Versorgungsseite der Gleichung sehr angespannt" bleiben wird. Angesichts enger Produktionskapazitäten und einem weiteren Anstieg der Nachfrage könnten unvorhergesehene Vorkommnisse - wie beispielsweise politische Instabilitäten in Venezuela oder Nigeria - die Preise noch weiter hochtreiben. Es stelle sich nicht die Frage "ob, sondern wann die 60 Dollar" kommen, sagte Evers.

Ölraffinerien sind vielerorts an den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit angekommenBild: AP

Simon Wardell von Global Insight spricht von einem "strukturellen Preiswechsel" angesichts der Tatsache, dass die Nachfrage die Versorgung überholt habe. Neben der gestiegenen Nachfrage auf Grund des kalten Winters und spekulativer Käufe großer Fonds schluckt auch der Wirtschaftsboom in China immer mehr Öl. Schon jetzt fließt mehr als ein Drittel der weltweiten Produktion nach China. Das Land belegt auf der Rangliste der größten Ölverbraucher mittlerweile Platz zwei hinter den USA.

Mit einem Rückgang der Preise rechnen Experten nur dann, wenn die Nachfrage deutlich nachlassen sollte. Und das, betont Wardell, würde "einen ziemlich heftigen Rückgang des wirtschaftlichen Wachstums bedeuten".

Kapazitäten ausgereizt

Benzin bleibt teuerBild: AP

Händlern zufolge sind zudem die Produzentenländer nur noch begrenzt in der Lage, die Fördermenge zu erhöhen. Lediglich die Golf-Anrainerstaaten Saudi-Arabien, Kuwait und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) verfügen noch über substanzielle freie Förder-Kapazitäten und haben auch bereis angekündigt, zusätzliches Öl bereitzustellen.

Analysten rechnen deshalb damit, dass das Preisniveau hoch bleiben wird, zumal auch die nicht in der OPEC organisierten Länder ihre Förderung kaum noch steigern können. So hat Norwegen, der weltweit drittgrößte Exporteur, erklärt, es habe nur begrenzte Möglichkeiten, die Produktion zu steigern. Ähnlich ist es in Russland und Mexiko.

Bohren in Alaska: Lesen Sie auf Seite 2, wie die USA versuchen, weniger abhängig vom internationalen Ölmarkt zu werden.

Ölfeld im Naturschutzgebiet

Mit knapper Mehrheit hat der US-Senat am 16. März einem seit Jahren umstrittenen Projekt zur Bohrung nach Erdöl und Erdgas in einem Naturschutzgebiet in Alaska zugestimmt. Mit 51 zu 49 Stimmen votierten die Senatoren am Mittwoch in Washington dafür, die Bohrung zu erlauben.

Bohren in Alaska

Pipeline quer durch AlaskaBild: AP

Die US-Regierung hofft, das Feld im Arctic National Wildlife Refuge (ANWR) in Alaska werde eine Million Barrel Öl pro Tag bringen, um die Abhängigkeit der USA von Öl- und Gasimporten zu verringern. US-Präsident George W. Bush betonte, dass bei den Bohrungen "in einem kleinen Teil des ANWR" der Umweltschutz berücksichtigt werde. Das Projekt sei wichtig für Sicherheit und Wohlstand der Vereinigten Staaten, werde Wirtschaftswachstum bringen und Arbeitsplätze schaffen.

Umweltschützer kritisieren, Bohrungen würden nur geringe Ölmengen hervorbringen, dem Ökosystem in der Region aber langfristigen Schaden zufügen. Im Naturreservat ANWR leben zahlreiche Bären, Wölfe und 150 verschiedene Vogelarten. Nur 210 Menschen wohnen in der Gegend nördlich des Polarkreises.

Die republikanischen Senatoren aus Alaska setzen sich seit Jahren für die Erölförderung in ihrem Bundesstaat ein. Seit 1991 hatten sie mehrmals vergeblich versucht, das Vorhaben durchzubringen - diesmal gelang es ihnen mit ihrer Mehrheit im Senat.

Zuvor hatten sie dafür gesorgt, dass das Projekt in einen umfassenden Haushaltsplan integriert wird. Bis zu dessen endgültiger Verabschiedung dürfen die Bohrungen allerdings nicht beginnen. An einer Annahme des Gesetzes besteht jedoch kein Zweifel: Auch im Repräsentantenhaus verfügen die Republikaner über eine Mehrheit.

Einzige Alternative: Energiesparen

Die demokratische Senatorin Dianne Feinstein mahnte stattdessen zur Sparsamkeit. "Die USA stellen nur zwei Prozent der weltweiten Ölreserven und nur vier Prozent der Weltbevölkerung. Aber sie konsumieren 25 Prozent der weltweiten Ölproduktion", rechnete sie vor. Ölfelder wie das in Alaska könnten die Energieprobleme der USA nicht lösen. "Den Verbrauch einzuschränken ist der Schlüssel zur Erhöhung der amerikanischen Energiesicherheit", sagte sie. (arn)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen