Österreich droht EU-Defizitverfahren
4. Juni 2025
Im vergangenen Jahr betrug das staatliche Defizit in Österreich 4,7 Prozent der Wirtschaftsleistung. Für das laufende Jahr prognostiziert die EU-Kommission in Brüssel für das Land neue Schulden in Höhe von 4,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die Gesamtverschuldung würde dann bei 84 Prozent des BIP liegen.
Die Maastricht-Kriterien der Europäischen Union erlauben aber nur eine Neuverschuldung von maximal drei Prozent der Wirtschaftsleistung und eine Gesamtverschuldung von maximal 60 Prozent. Österreich steckt in einer Wirtschaftskrise mit starker Teuerung, schwacher Konsumnachfrage und anhaltender Rezession. Nach Angaben aus Brüssel ist Österreich das einzige EU-Mitglied, dessen Wirtschaft dieses Jahr schrumpfen wird.
Defizitverfahren offiziell im Juli?
Die EU-Kommission beaufsichtigt, ob alle Mitglieder die Vorgaben für Haushaltsdefizite und Staatsschulden einhalten. Die europäischen Schuldenregeln gelten für jeden Mitgliedstaat. Das Defizitverfahren gegen die Regierung in Wien könnte im Juli beschlossen werden.
Der Schritt kommt für Österreich nicht überraschend. Die Regierung aus konservativer ÖVP, sozialdemokratischer SPÖ und liberalen Neos hatte schon mehrfach die Möglichkeit eines Defizitverfahrens in den Raum gestellt. Die vorige Regierung aus ÖVP und Grünen hatte die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie und des russischen Angriffskriegs in der Ukraine mit kostspieligen Stützmaßnahmen abgefedert. Außerdem wurden verschiedene Umwelt-Förderungen umgesetzt.
Defizitverfahren sollen Staaten zu einer soliden Haushaltsführung bringen. Wird ein Strafverfahren eingeleitet, muss ein Land Gegenmaßnahmen einleiten, um Verschuldung und Defizit zu senken. Damit soll vor allem die Stabilität der Eurozone gesichert werden. Theoretisch sind bei anhaltenden Verstößen auch Strafen in Milliardenhöhe möglich. In der Praxis wurden diese aber noch nie verhängt.
Defizitverfahren auch gegen viele andere Länder
Die Defizitverfahren waren wegen der Corona-Krise und der Folgen des Ukraine-Kriegs vorübergehend ausgesetzt. Im vergangenen Jahr startete die Kommission Strafverfahren auch gegen Frankreich, Italien, Belgien, Ungarn, Malta, Polen und die Slowakei. Ebenso läuft gegen Rumänien ein Verfahren.
Deutschland erreichte im vergangenen Jahr eine Defizitquote von 2,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und bleibt damit im vorgeschriebenen Rahmen.
Bulgarien: Euro-Einführung 2026
Für Bulgarien gab die EU-Kommission grünes Licht zur Einführung des Euro. Die Regierung in Sofia tritt damit zum 1. Januar 2026 dem Euro-Raum bei. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sagte in Brüssel, der Euro sei ein greifbares Symbol für die Stärke und Einheit Europas. Die Mitgliedschaft in der Euro-Zone bedeutet neben der Verwendung von Euro-Banknoten und -Münzen auch einen Sitz im Rat der Europäischen Zentralbank.
Bulgaren selbst nicht so erfreut
Die Bevölkerung in dem osteuropäischen Land sieht der Einführung des Euro jedoch mit gemischten Gefühlen entgegen. Viele Menschen befürchten, dass ein Preisanstieg droht. Dies war beispielsweise auch in Kroatien der Fall, das 2023 den Euro eingeführt hat.
Nach der positiven Empfehlung der EU-Kommission müssen formal noch die EU-Staats- und Regierungschefs den Vorschlag im Juni billigen. Die EU-Finanzminister würden dann im Juli den Umrechnungskurs des bulgarischen Lew zum Euro festlegen. 2007 war Bulgarien EU-Mitglied geworden.
Ökonomen gehen davon aus, dass die Einführung der Gemeinschaftswährung in Bulgarien mehr ausländische Investoren anlocken wird. Auch könnte die Kreditwürdigkeit besser bewertet werden, was die Kosten für die staatliche Schuldenaufnahme drücken könnte.
se/pgr (rtr, dpa, afp)
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