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Politik

Österreich nach dem großen Knall

19. Mai 2019

In der Alpenrepublik gibt es im September Neuwahlen. Darauf haben sich Kanzler Kurz und Präsident Van der Bellen verständigt. Die rechtskonservative Koalition war nach einem Skandalvideo über FPÖ-Chef Strache geplatzt.

Österreich Wien Kanzler Kurz sucht Präsident Van der Bellen auf
Der Blick geht in die gleiche Richtung: Österreichs Präsident Van der Bellen (l.) und Kanzler KurzBild: Reuters/L. Foeger

Neuwahlen in Österreich

02:15

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Am Tag nach dem Rücktritt von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und der Forderung von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nach vorgezogenen Neuwahlen sucht Österreich nach einem Ausweg aus der politischen Krise. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat den Kanzler in der Hofburg empfangen, um das weitere Vorgehen abzustimmen. Am Samstagabend hatte Kurz mit den Worten "Genug ist genug" die Zusammenarbeit seiner konservativen ÖVP mit der rechtspopulistischen FPÖ faktisch aufgekündigt und Neuwahlen "zum nächstmöglichen Zeitpunkt" angekündigt. Laut Verfassung kann der Kanzler diese nur vorschlagen - Staatsoberhaupt Van der Bellen hatte dem Wunsch wenig später jedoch stattgegeben und vorzeitige Nationalratswahlen anberaumt.

Bei ihrem Treffen in der Hofburg vereinbarten die beiden Politiker, dass die Wahlen Anfang September stattfinden sollen. Kurz erklärte: "Die Neuwahlen waren kein Wunsch, sie waren eine Notwendigkeit."

Das Ibiza-Video zeigt Johann Gudenus und Heinz-Christian Strache beim Treffen mit dem Lockvogel (nicht im Bild)Bild: picture-alliance/dpa/Spiegel/Süddeutsche Zeitung

Ende mit Schrecken

Strache war über ein geheimes Treffen während des Wahlkampfs im Sommer 2017 gestürzt, in dem er einer vermeintlichen russischen Oligarchennichte Staatsaufträge im Gegenzug für Wahlkampfhilfe in Aussicht gestellt hatte. Hauptsächlich ging es um ihr angebliches Vorhaben, die "Kronen-Zeitung" teilweise zu übernehmen und vor der Nationalratswahl eine FPÖ-freundliche Berichterstattung in der enorm einflussreichen Zeitung zu installieren. Die Frau war ein Lockvogel, das Treffen war von Unbekannten inszeniert worden, offenbar um Strache gezielt zu beschädigen. Heimlich aufgenommenes Videomaterial war der "Süddeutschen Zeitung" und dem "Spiegel" zugespielt und von beiden Medien in Auszügen veröffentlicht worden. Ebenfalls zu sehen ist Straches enger Vertrauter Johann Gudenus, der am Samstag ebenfalls von seinem Amt als Fraktionschef zurücktrat.

Wer das vor knapp zwei Jahren entstandene Video nun lanciert hat, noch dazu so kurz vor der Europawahl, ist nicht bekannt. Strache selbst hatte in seiner Rücktrittsrede verschiedene unbewiesene Anschuldigungen gemacht - von ausländischen Geheimdiensten bis hin zum deutschen Satiriker Jan Böhmermann. Dieser hatte nach Angaben seines Managers bereits vor der Veröffentlichung Kenntnis von dem Video, es sei ihm jedoch nicht angeboten worden. Böhmermann hatte im Video-Grußwort zu einer österreichischen Preisverleihung im April Andeutungen dazu gemacht.

Am Samstag hatten viele Bürger ihrem Unmut in spontanen Demonstrationen in Wien Luft gemachtBild: dpa

Das rechtskonservative Regierungsbündnis war erst seit anderthalb Jahren im Amt. In den vergangenen Monaten war die Arbeit zunehmend von rechtsextremen Äußerungen aus der FPÖ überschattet worden, die wohl auch zum Unmut vieler Bürger beigetragen hatten.

Noch ein Skandal bei der FPÖ?

Neben Straches Bereitschaft zur Korruption und zur Vorteilsnahme gegen ausländischen Einfluss dokumentierten die Videos noch eine andere pikante Aussage Straches: Er erklärte die Funktionsweise eines angeblichen Konstrukts zur Finanzierung der FPÖ vorbei an staatlichen Kontrollstellen mit Hilfe eines gemeinnützigen Vereins. Solch ein Vorgehen wäre illegal. Die von ihm im Video als Geldgeber bezichtigten österreichischen Unternehmen und Privatpersonen dementierten zwar allesamt, die Passage dürfte jedoch weitere Ermittlungen nach sich ziehen. Sollten Belege für ein illegales Finanzierungskonstrukt auftauchen, könnte der FPÖ ein Spendenskandal ähnlich den Skandalen befreundeter rechtspopulistischer Parteien wie der deutschen AfD oder dem französischen Rassemblement National anhängen.

ehl/sti (dpa, afp, rtr, ORF)

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