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PolitikEuropa

FPÖ wird stärkste Kraft bei Parlamentswahl in Österreich

30. September 2024

Bei der Nationalratswahl in Österreich errang die rechtsgerichtete FPÖ die meisten Sitze vor der konservativen ÖVP. Dahinter folgt die sozialdemokratische SPÖ. Doch eine Regierungsbeteiligung der FPÖ ist nicht sicher.

Österreich Wien | FPÖ-Chef Herbert Kickl in Siegerpose, dahinter jubelnde Personen mit "Danke"-Schildern
FPÖ-Chef Herbert Kickl feiert den Wahlsieg bei Nationalratswahl 2024Bild: Alex Halada/AFP/Getty Images

Erstmals bei einer Nationalratswahl wird die FPÖ in Österreich laut vorläufigem Endergebnis stärkste politische Kraft. Die rechte Partei mit ihrem Chef Herbert Kickl kam demnach auf 29,2 Prozent der Stimmen. Dies ist ein Plus von 13 Prozentpunkten gegenüber 2019 und ihr historisch bestes Ergebnis.

Die FPÖ liegt damit klar vor der konservativen Kanzlerpartei ÖVP, die 26,5 Prozent erreichte - ein Minus von 11 Punkten.

Die Sozialdemokraten von der SPÖ erhielten 21,1 Prozent (minus 0,1 Punkte). Die Grünen, die derzeit mit der ÖVP von Kanzler Karl Nehammer regieren, rutschten den Angaben zufolge um 5,9 Punkte auf 8 Prozent ab. Die liberale Neos erhielt 9 Prozent der Stimmen (plus 0,9). Die Bierpartei und die kommunistische KPÖ scheitern klar an der Vier-Prozent-Hürde.

Insgesamt waren knapp 6,4 Millionen Bürger aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Die Wahlbeteiligung lag bei 77,9 Prozent - und somit zwei Prozentpunkte höher als im Jahr 2019.

Auch wenn die FPÖ die stärkste Fraktion im Parlament stellen sollte, ist angesichts der umstrittenen politischen Positionen von Parteichef Herbert Kickl nicht ausgemacht, dass er Koalitionspartner findet und der nächste Kanzler der Alpenrepublik wird. Die Rechtspopulisten waren schon mehrmals an der Regierung in Wien beteiligt, allerdings bisher nur als Juniorpartner. Doch aktuell lehnen alle Parteien bisher eine Zusammenarbeit mit Herbert Kickl ab. 

Mit SPÖ, sowie den Grünen oder der Neos-Partei könnte die bisherige Regierungspartei ÖVP rechnerisch eine Koalition bilden - ein Zusammengehen mit dem Chef der stärksten Partei FPÖ hatte sie ausgeschlossenBild: Louisa Off/REUTERS

Außerdem könnte sich auch der aus den Reihen der Grünen stammende Bundespräsident Alexander Van der Bellen weigern, Kickl mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Auf der Website des österreichischen Präsidialamtes ist zu lesen, dass der direkt gewählte Bundespräsidenten "verfassungsmäßig völlig frei" ist, er muss demnach nicht den Kandidaten der stärksten Fraktion auswählen.

Am Wahlabend sagte Van der Bellen, bei der Regierungsbildung werde er darauf achten, dass "die Grundpfeiler unserer liberalen Demokratie respektiert werden". Er kündigte an, persönlich mit den im Nationalrat vertretenen Parteien Gespräche zu führen, um "auszuloten, welche tragfähigen Kompromisse es geben könnte."

Kanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer hatte eine Zusammenarbeit mit Kickl als Regierungschef immer wieder ausgeschlossen. Statt mit der FPÖ zu koalieren, könnte seine ÖVP nach der Wahl versuchen, mit der SPÖ und der Neos-Partei Österreichs erstes Dreierbündnis im Nationalrat zu schmieden. "Wir sind bereit. Ohne uns wird sich nichts ändern", sagte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger nach der Wahl.

FPÖ gewann auch schon die Europawahl

Bereits bei der Europawahl im Juni war die rechtsgerichtete FPÖ in Österreich stärkste Kraft geworden.

Die deutlichen Zugewinne der FPÖ bei der jetzigen Nationalratswahl liegen im europaweiten Rechtstrend. Quer durch Europa haben rechte Parteien auch in nationalen Wahlen Zulauf bekommen, etwa in den Niederlanden Geert Wilders und seine rechtsradikale Partei für die Freiheit (PVV), die italienische Rechtspartei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) mit Giorgia Meloni an der Spitze oder das rechtsnationale Rassemblement National (RN) mit Marine Le Pen in Frankreich. In Deutschland erzielte die AfD große Erfolge bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. 

ÖVP-Chef Karl Nehammer warnt vor "Chaos"

Die bisherige Regierungspartei ÖVP konnte in den vergangenen Wochen einen prognostizierten Rückstand in den Umfragen aufholen, zum Sieg reichte es nicht. Nehammer warb mit dem Slogan "Stabilität statt Chaos" und profilierte sich während des schweren Hochwassers Mitte September als seriöser Krisenmanager. Im Wahlkampf verschärfte er außerdem seine Position zur Einwanderung, um potenzielle FPÖ-Wähler von sich zu überzeugen.

Kanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer kurz vor der StimmabgabeBild: Sean Gallup/Getty Images

Nach seiner Stimmabgabe in Wien sprach Nehammer von einer "Richtungsentscheidung". Offenbar mit Blick auf das düstere Bild, das sein Rivale Kickl vom gegenwärtigen Zustand Österreichs zeichnet, betonte der 51-jährige Regierungschef: Die "Probleme kann man mit Zuversicht viel besser lösen als mit Angst".

FPÖ-Chef Kickl war bei seiner Wahlkampf-Abschlusskundgebung vor dem Wiener Stephansdom siegessicher aufgetreten. "Diesmal wird es anders sein", sagte er. "Dieses Mal werden wir die Nummer eins bei dieser Wahl werden."

Gezielte Tabubrüche von FPÖ-Chef Kickl

Der frühere Innenminister Kickl hatte die FPÖ-Führung nach dem "Ibizagate"-Korruptionsskandal seiner Partei übernommen. Mit Verschwörungserzählungen über die Corona-Schutzmaßnahmen, feindlichen Parolen gegen Migranten und scharfer Kritik an der Unterstützung der Ukraine angesichts des russischen Angriffskriegs brachte er der FPÖ Zulauf.

Kickl machte außerdem mit gezielten Tabubrüchen von sich reden. So nennt er eine "Remigration" als eines seiner politischen Ziele, bei der Österreicher mit nicht-europäischen Wurzeln, deren Integration als unzureichend eingestuft wird, ausgewiesen werden sollen. Außerdem wiederholt der FPÖ-Chef ungeniert, dass er "Volkskanzler" werden wolle. Diesen Titel hatte während der NS-Herrschaft auch Adolf Hitler für sich gewählt.

kle/cw/ack (afp, dpa, rtr)

Der Artikel wurde zuletzt am 30.09 um 05:45 aktualisiert