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Österreichischer Aktionskünstler Günter Brus ist tot

11. Februar 2024

Grenzüberschreitung war sein Programm: Günter Brus stieß das Publikum einst mit provozierenden Aktionen vor den Kopf. Jahre später wurde er für seine Interventionen gefeiert. Nun ist er mit 85 Jahren gestorben.

Österreichischer Aktionskünstler Günter Brus gestorben
Der Aktionskünstler Günter BrusBild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Der einst geschmähte, dann gefeierte österreichische Aktionskünstler, Maler, Bühnenbildner und Autor Günter Brus ist tot. Er starb am Samstag im Alter von 85 Jahren, wie der Leiter des Bruseums, Roman Grabner, der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Das Bruseum ist eine Dauerausstellung in der Neuen Galerie Graz, die dem Gesamtwerk des Künstlers gewidmet ist. Brus war Mitbegründer des Wiener Aktionismus. Für sein künstlerisches Werk hat Brus unter anderem den Großen Österreichischen Staatspreis für Bildende Kunst (1996) und den Oskar-Kokoschka-Preis (2003) erhalten.

"Günter Brus war eine der herausragenden Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts, der mit seiner Kunst an die Grenzen gegangen ist und seinen Körper sprichwörtlich der Zerreißprobe ausgesetzt hat", schrieb Grabner. "Er hat bedingungslos für die Kunst gelebt und nie vor den Konsequenzen seiner Radikalität zurückgeschreckt."

Der am 27. September 1938 in Ardning in der Obersteiermark geborene Brus war der einzig noch lebende Hauptprotagonist der Aktionismus-Bewegung. Er wohnte in Graz im Osten Österreichs. Erst 2023 war Brus in einer Festsitzung des Gemeinderates mit dem Ehrenring der Stadt Graz ausgezeichnet worden. Zusammen mit Otto Mühl, Hermann Nitsch und Rudolf Schwarzkogler habe Brus in den 1960er-Jahren die später als Wiener Aktionismus bekannt gewordene Körperkunst begründet, sagte Direktor Grabner der Nachrichtenagentur AFP anlässlich einer Retrospektive zum 85. Geburtstag des Künstlers. Brus sei sicherlich einer der wenigen österreichischen Künstler, die eine so große internationale Reichweite hätten. Er sei aus der Kunstgeschichte nicht mehr wegzudenken.

Verstörende Aktionen

Brus' Aktionen, die oft in spektakuläre Tabuzonen vorstießen, thematisierten das Aufbegehren des Individuums gegen Staat und Gesellschaft. In einer seiner markantesten Aktionen war der Künstler vollständig in weiß gekleidet und mit einer schwarzen Linie bemalt durch Wien gelaufen, ehe er von der Polizei festgenommen wurde.

Er urinierte und masturbierte auch öffentlich, während er die Nationalhymne sang. Wegen dieser damals wenig geschätzten Radikalität wurde er wegen Herabwürdigung von österreichischen Staatssymbolen zu sechs Monaten Haft verurteilt. Um der Strafe zu entgehen, flüchtete Brus 1969 mit Frau und Kind nach Berlin, wo er bis 1979 blieb.

Letzte Aktion bereits 1970

Brus war zwar als Aktionist bekannt, aber die Phase seiner spektakulären Aktionen dauerte nur sieben Jahre. Seine letzte Aktion fand 1970 in München statt, wo er sich mit einer Rasierklinge die Haut ritzte. Danach widmete er sich dem Zeichnen, Malen und Schreiben. Sein Zeichenroman "Irrwisch" gilt als Beispiel avantgardistischer experimenteller Literatur. Weitere Werke sind die Bild-Dichtung "Die Gärten in der Exosphäre" und die Autobiografie "Die gute alte Zeit".

Die Sammlung in Graz zeigt Werke aus seinen 60 Schaffensjahren, darunter Zeichnungen, Fotomappen, Aktionsskizzen, Druckgrafiken und sogenannte Bild-Dichtungen, die Brus erfand: Text-Bild-Dialoge, in denen das Bild und die Dichtung gleichbedeutend nebeneinanderstehen. US-Künstler wie Paul McCarthy oder Raymond Pettibon sahen darin europäische Vorfahren der Comic-Art. Brus' Werk sei eine "konsequente Grenzüberschreitung klassischer künstlerischer Gattungen" gewesen, so das Bruseum.

Im Kunsthaus Bregenz am Bodensee war seit Langem eine Brus-Ausstellung geplant. Sie werde wie vorgesehen ab 17. Februar bis 20. Mai zu sehen sein, wie das Kunsthaus jetzt mitteilte. Brus habe an der Ausstellung mit fast 500 seiner Arbeiten mitgearbeitet, die großenteils aus seinem Privatbesitz stammen.

kle/AR (dpa, afp, apa, ARD)