Visegrad-Länder gegen Flüchtlingsquoten
4. September 2015Die Regierungschefs der vier Länder (Artikelbild), der sogenannten Visegrad-Staaten, wiesen damit bei einem Treffen in Prag die jüngste deutsch-französische Initiative für eine gerechtere Verteilung der Aslysuchenden zurück. "Wir bestehen auf Freiwilligkeit", sagte der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka zum Abschluss eines Sondergipfels in Prag.
In einer gemeinsamen Erklärung forderten Tschechien, Polen, Ungarn und die Slowakei eine bessere Bewachung der EU-Außengrenzen. In besonders betroffenen EU-Staaten sollten Registrierungszentren eingerichtet werden. Zudem müssten die Krisenstaaten Syrien und Libyen stabilisiert werden.
Forderung an EU-Kommission
Die vier Länder forderten die EU-Kommission auf, bis zur Sondersitzung der Innenminister am 14. September umsetzbare Maßnahmen vorzulegen. Die Visegrad-Gruppe besteht seit 1991 und ist nach ihrer ungarischen Gründungsstadt benannt.
Die Maßnahmen zur Lösung der Flüchtlingskrise sollten - falls nötig - im September oder Oktober auf einem EU-Gipfel diskutiert werden, schlug die polnische Regierungschefin Ewa Kopacz vor. Sobotka bezeichnete den Umgang mit der Flüchtlingskrise in Europa als Chaos. Es sei rasches europäisches Handeln gefordert.
Ungarn attackiert Deutschland
Ungarns Regierungschef Viktor Orban wies den Vorwurf zurück, sein Land verhalte sich unsolidarisch. "Wir müssen unsere Bürger schützen und ihre Sicherheit garantieren", sagte der rechtskonservative Politiker. Erneut machte Orban Deutschland für den Zustrom mitverantwortlich. Die Flüchtlinge seien Opfer, die von Schleppern betrogen worden seien - und von Politikern, die falsche Hoffnungen geweckt hätten. Orban stellte zur Diskussion, dass Deutschland Visa für Flüchtlinge ausstellen könnte.
Währenddessen bekräftigte Bundeskanzlerin Angela Merkel die deutsche Forderung nach einer gerechteren Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der Europäischen Union. "Es kann nicht sein, dass vier oder fünf Länder die ganze Last tragen", sagte die CDU-Vorsitzende bei einem Besuch in Essen. "Wir sind alle in der Europäischen Union der Genfer Flüchtlingskonvention verpflichtet." Gemeinsam mit dem französischen Präsidenten François Hollande hatte Merkel bereits am Donnerstag verbindliche Quoten für alle EU-Länder gefordert.
Steinmeier warnt vor Spaltung
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier warnte bei einem Treffen mit seinen EU-Kollegen vor einer Spaltung Europas: "Gegenseitige Schuldzuweisungen werden nicht dazu führen, dass wir das Problem in den Griff kriegen. Europa darf sich auch im Angesicht einer solchen Herausforderung nicht auseinanderdividieren lassen", erklärte Steinmeier.
wl/uh (dpa, rtr)