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PolitikEuropa

EU gibt Hilfen an östliche Partner

15. Dezember 2021

Sechs Staaten östlich der EU streben zum Teil in die Union. Russland sitzt unsichtbar mit am Tisch, denn in allen ehemaligen Sowjetrepubliken mischt Moskau mit. Das sechste Gipfeltreffen der östlichen Partner in Brüssel.

USA New York | Pressekonferenz Josep Borrell
Bereitet den EU-Gipfel mit östlichen Nachbarn vor: Josep Borrell, EU-AußenbeauftragterBild: David Dee Delgado/REUTERS

Die sechs Staaten, die sich an diesem Mittwoch zu ihrem sechsten Gipfeltreffen mit der Europäischen Union in Brüssel einfinden, haben allesamt sehr unterschiedliche Interessen und Verbindungen zur EU. Dennoch fasst die Europäische Union die Ukraine, Georgien, Moldau, Armenien und Aserbaidschan und mit Einschränkungen auch Belarus seit 2009 als "östliche Partnerschaft" zusammen. Diesen ehemaligen Sowjetrepubliken soll eine maßgeschneiderte europäische Perspektive geboten werden, jenseits einer vollwertigen Mitgliedschaft in der EU. Außerdem soll so der Zugriff und Einfluss Russlands, der in allen sechs Staaten unterschiedlich stark besteht, begrenzt werden. "Im Mittelpunkt unserer Arbeit steht die Förderung der Demokratie, der guten Regierungsführung und der Rechtsstaatlichkeit, die so notwendig sind, um positive und konkrete Früchte unserer Kooperation zu ernten", erklärt der Außenbeauftragte der EU, Josep Borrell, zur Bedeutung der östlichen Partnerschaft.

Die drei Assoziierten

Die Ukraine, Georgien und die Republik Moldau haben im Mai 2021 noch einmal bei einem Treffen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew bekräftigt, dass sie eine stärkere Integration in die EU, ja am besten eine Mitgliedschaft wünschen. Die drei beitrittswilligen Staaten nennen sich jetzt das "Assoziierte Trio". Die Botschaft sei, so der ukrainische Außenminister Dymetro Kuleba, dass es für die drei Länder keine Alternative zur EU gebe. "Und auch für die EU gibt es keine Alternative; sie muss unsere drei Länder als ein ernsthaftes Projekt zur Sicherung von Frieden und Wohlstand in Europa wahrnehmen," sagt Dymetro Kuleba. Offiziell nimmt die EU-Kommission zu den Annäherungswünschen nicht Stellung. Der ehemalige EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker soll 2016 gesagt haben, es werde in den nächsten 20 Jahren keine Beitritte von östlichen Partnern geben. Beim Gipfeltreffen an diesem Mittwoch wollen die Staats- und Regierungschefs der EU eine Liste mit Reformen und Bedingungen vorlegen, die für eine weitere Annäherung nötig sind.

Sie wollen in die EU: Ukrainischer Präsident Selenskyj, Georgiens Präsidentin SurabischwiliBild: Ukrainian Presidential Press Office/AP Photo/picture alliance

Der für die östlichen Nachbarn zuständige EU-Kommissar Oliver Varheyli setzt auf Wirtschaftshilfe und Investitionen in die Infrastruktur, um die östlichen Nachbarn an die EU zu binden. 17 Milliarden Euro an Investitionen sollen in die teils sehr armen Staaten wie Moldau oder Armenien fließen. "Wir legen einen ambitionierten Plan vor, der helfen wird, Arbeitsplätze und Wachstum zu schaffen und Wohlstand in die Region zu bringen", kündigte Kommissar Varheyli an. Es gehe um die Erholung der Wirtschaft nach der Corona-Pandemie und bessere Handelsverbindungen zwischen den Partnerländern und der EU. Die EU werde unter polnischer Führung massiv Impfstoffe an die sechs Partner-Staaten liefern.

Kriegsgegner an einem Tisch

Armenien und Aserbaidschan, die verfeindeten Nachbarstaaten im Südkaukasus, haben nicht die Absicht der EU beizutreten, wollen aber beide an der Wirtschaftshilfe aus Brüssel und besseren Handelsbeziehungen mit den Nachbarn teilhaben. EU-Kommissar Varheyli hat beide Staaten im Sommer besucht und Kooperation versprochen. Den Krieg um die Enklave Berg-Karabach, den Aserbaidschan und Armenien erst vor gut einem Jahr durch russische Vermittlung beendet haben, streifte der EU-Kommissar nur am Rande. Die EU will zwar Frieden fördern, sich aber auch nicht in den unübersichtlichen, Jahrzehnte alten Konflikt um Territorien und ethnische Minderheiten im Südkaukasus hineinziehen lassen. Russland hat "Friedenssoldaten" zwischen Armenien und Berg-Karabach stationiert. Armenien neigt eher dem Kreml zu, ist sogar Mitglied in der russisch geführten Eurasischen Wirtschaftsunion. Aserbaidschan stützt sich auf die Türkei und den Iran als Verbündete. Die EU hat an guten Beziehungen zu Baku großes Interesse, denn EU-Staaten beziehen aus Aserbaidschan Öl und Gas. Aserbaidschan sei das wohlhabendste Land in der Region, lobt EU-Partnerschaftskommissar Varheyli. Bedauerlich sei nur der "Mangel an Straßen, Eisenbahnen und anderen Verbindungen in der Region", was den Handel sehr einschränke.

Russische Truppen kontrollieren den Waffenstillstand zwischen Armenien und AserbaidschanBild: Str/AA/picture alliance

Immerhin treffen sich die Regierungschefs von Armenien und Aserbaidschan in Brüssel direkt mit den EU-Spitzen, auch um über Frieden in ihrer Region zu sprechen. "Wir werden alles tun, um zu einer Lösung der Konflikte beizutragen", versicherte EU-Kommissar Varheyli.

Russland ist immer irgendwie dabei

Unsichtbar mit am Tisch sitzt beim Gipfel mit den östlichen Partnern immer auch Moskau. Nicht nur im Südkaukasus spielt Russland eine Rolle, sondern in sämtlichen östlichen EU-Partnerstaaten. In Moldau, das zwischen EU-freundlichen und Russland-freundlichen Regierungen schwankt, unterstützt Russland die abtrünnige Region Transnistrien an der Grenze zur Ukraine. Russland lässt Moldau spüren, dass es von Energieimporten aus Russland abhängig ist. In Georgien unterstützt der Kreml die beiden Regionen Süd-Ossetien und Abchasien, die sich von Georgien losgesagt haben, aber international nicht anerkannt werden. 2008 gab es einen blutigen Krieg um Süd-Ossetien. In der Ukraine hat der russische Präsident Vladimir Putin 2014 die Halbinsel Krim am Schwarzen Meer annektieren lassen. In der Ost-Ukraine unterstützt er pro-russische Separatisten. Der Druck auf die Ukraine nimmt durch verdächtige Truppenaufmärsche der russischen Armee an der Grenze gerade wieder zu. NATO und EU befürchten einen Einmarsch.

Inspektion der Demarkationslinie zwischen Georgien und Süd-Ossetien: EU-Ratspräsident Charles MichelBild: European Union/AP/dpa/picture alliance

Belarus ist suspendiert

Bleibt noch Belarus, das von Machthaber Alexander Lukaschenko mit harter Hand im Lager Moskaus gehalten wird. Die Demokratiebewegung wird systematisch unterdrückt. An der "östlichen Partnerschaft" konnte und wollte Belarus nie vollwertig teilnehmen. Das gelte aber nur für die Regierung, meint EU-Außenbeauftragter Josep Borrell. Die Opposition und die zivile Gesellschaft in Belarus werden von der EU unterstützt. Erst am Montag sagten die EU-Außenminister der Opposition in Minsk 30 Millionen Euro an Finanzhilfen zu. Ein offizieller Vertreter des Lukaschenko-Regimes wird in Brüssel nicht am Gipfel teilnehmen.

Das Gipfeltreffen wird einen neuen Plan mit Investitionen und Wirtschaftshilfen für die fünf Staaten und eingeschränkt für Belarus beschließen. Gleichzeitig will die EU die Spannungen mit Russland eindämmen und für eine Befriedung der vielen Konflikte eintreten. Zehn Ziele für das Jahr 2025 sollen festgelegt werden, darunter 3000 Kilometer neue Eisenbahnstrecken, schnelleres Internet und 70.000 Plätze für Studentenaustausch.

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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