1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Die Zugspitze im Sommer

Sertan Sanderson
27. August 2020

Ein Ausflug auf die Zugspitze garantiert Erfrischung an warmen Sommertagen. Aber auch hier gelten Corona-Beschränkungen. Dennoch lässt sich Deutschlands höchster Berg dieses Jahr besonders feiern.

Bayern Zugspitze Sommerwandern
Bild: Bayerische Zugspitzbahn Bergbahn AG/fendstudios.com

Für die meisten Menschen ist der Gedanke, wieder in den Wolken schweben zu können, zur Zeit bestenfalls eine Phantasie. Inmitten der COVID-19 Pandemie sind Flüge praktisch Tabu, und das Gefühl, durch Wolken und Nebel zu fliegen, ist im Jahr 2020 eine Seltenheit geworden. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten, unseren Planeten aus der Vogelperspektive zu betrachten.

Der Trend, Urlaubsreisen im eigenen Land zu machen, hat in diesem Sommer auch viele Menschen in Deutschland an heimische Ziele verschlagen, von der Nordsee bis in die Alpen. Und genau dort, inmitten der Berge, kann man endlich auch den Wolken wieder Nahe kommen, wenn auch auf unerwartete Weise.

Mehr lesen: Koffer packen, fertig, los? Das vorsichtige Reiseverhalten der Deutschen 

Der Berg ruft

Die Zugspitze ist und bleibt der bekannteste Berg Deutschlands. Im Vergleich zu anderen Bergen in der Nachbarschaft wie etwa in Frankreich oder in der Schweiz, ist die Zugspitze mit 2962 Metern eigentlich noch relativ klein - aber dennoch lässt der Berg sich als "The Top of Germany" feiern.

Im Winter sind die Einwohner in Garmisch-Patenkirchen am Fuße des Bergs es ja schon gewohnt, von Menschenmengen in Skianzügen überrannt zu werden. Doch der Sommer fiel sonst eher überschaubar aus - bis jetzt. Dank der Sommerhitze einerseits und den aktuellen Corona-Bedingungen andererseits genießt die Zugspitze derzeit mehr Aufmerksamkeit.

Morgensonne strahlt über dem Gipfel der ZugspitzeBild: Bayerische Zugspitzbahn Bergbahn AG/fendstudios.com

Mehr lesen: Bayern hofft auf arabische Touristen

Auch Regina Müller, eine Reisekauffrau in Kurzarbeit, hat es in diesem Sommer auf die Zugspitze geführt: "Eigentlich wollte ich ja Schlitten fahren, aber ich konnte kaum etwas sehen. Aber trotzdem war das ein Genuss - trotz der schlechten Sichtverhältnisse. Die Zugspitze muss man schließlich gesehen haben, auch wenn man nichts sieht. Das ist einfach ein Muss."

Manchmal kann man im "Sommer" auf der Zugspitze auch Schlitten fahrenBild: DW/S. Sanderson

Schwebend, steigend oder mit der Bahn

Über 500,000 Besucher kommen jährlich auf die Zugspitze, normalerweise. Wie die Zahlen fürs Jahr 2020 ausfallen werden, steht noch nicht fest, da die Sommersaison noch nicht beendet ist. Doch der Zugspitze wird es wohl finanziell besser gehen als anderen Touristenattraktionen: Vor allem an Wochenenden musste man zuletzt lange Schlange stehen, um einer von täglich 3000 erlaubten Besuchern zu sein. Vor Corona kamen täglich 8000 Besucher auf den Berg. 

Natürlich kann man den Berg auch selbst erklimmen, aber dafür sollte man ein erfahrener Bergsteiger sein. Schließlich sind hier schon Menschen tödlich verunglückt. Mit Hilfe eines Bergführers kann man den Aufstieg in sechs oder sieben Stunden schaffen, je nach Erfahrung und Fitness. Es geht aber auch gemütlicher: seit 2017 schwebt die neue Seilbahn in nur etwa 10 Minuten zur Spitze.

Die Seilbahn braucht nur 10 Minuten zum GipfelBild: Bayerische Zugspitzbahn Bergbahn AG/fendstudios.com

Außerdem gibt es noch die Zahnradbahn aus dem Jahr 1930. Die Fahrt dauert über eine Stunde, wobei der 4,5 kilometerlange Tunnel direkt unter der Zugspitze das Highlight ist. Egal welchen Weg man wählt, man sollte für die Zugspitze schon einen ganzen Tag einplanen, vor allem, wenn man erstmal anreisen muss. Bei jedem Wetter finden Besucher jede Menge zu tun und zu entdecken. 

Neben Weißwurst, Brezeln und Bier im Restaurant auf dem Gipfel kann man hier zur Post gehen, in der Kapelle heiraten, die Grenze nach Österreich überqueren und sogar Konzerte genießen: Die Toten Hosen haben hier schon gespielt ebenso wie der britische Sänger Ed Sheeran. Sogar der Dalai Lama war schon auf der Zugspitze, und der versteht schliesslich was von luftigen Höhen.

Ob es ihm in seiner roten Robe da oben doch vielleicht etwas kalt geworden ist, weiß man nicht. Doch selbst an den wärmsten Sommertagen wird von kurzen Hosen und dünnen Hemden abgeraten, denn das Wetter kann sich schlagartig ändern. Sogar im Sommer kann es Minusgrade geben. Der Rekord im Winter liegt bei -35 Grad Celsius. Das ist sportlich, selbst für Wintersportler.

200 Jahre vor Corona

Die Faszination rund um die Zugspitze ist manchen Menschen in der Region zu viel: Sie möchten, dass man den Riesen einfach in Ruhe lässt, vor allem in Zeiten von Corona. Am 08. August demonstrierten Einwohner gegen die aktuellen Besucherströme. Stundenlang standen die Besucher wegen der Protestaktionen im Stau.

Einwohner protestieren gegen TouristenströmeBild: picture-alliance/dpa/P. Kneffel

Vor 200 Jahren gab es hier noch gar keine Besucher. Das Gebiet rund um die Zugspitze wurde erst im Jahre 1820 erschlossen. Am 27. August gelang dem Landvermesser Josef Naus gemeinsam mit einem Gehilfen und einem Bergführer die Erstbesteigung. Sein Auftraggeber, der bayrische König Maximilian I. Joseph wollte bemessen, wo denn sein Reich genau aufhörte. Damals waren sie noch die ersten und einzigen auf der Zugspitze, doch seitdem hat es buchstäblich Millionen von Besuchern gegeben.

Dieses 200-Jahr-Jubiläum lässt sich in Zeiten von Abstands- und Hygieneregeln nur eingeschränkt feiern. Die Zahl der Besucher muss wegen der COVID-19 Pandemie jederzeit genau kontrolliert werden. 

Trotz Abstandsregeln auf der Zugspitze, am Gipfelkreuz kann's trotzdem voll werdenBild: picture-alliance/imageBROKER/H. Dobler

Mehr lesen: COVID Travel Diaries - Roadtrip durch Deutschland

Ein Ort der Besinnung

Nicht alle Besucher sind glücklich damit, dass sie sich nicht frei bewegen können und den Pfeilen auf dem Boden folgen müssen. Aber die Zugspitze ist Kontroversen gewöhnt. Bei der Eröffnung der Seilbahn vor 90 Jahren gab es auch schon Proteste und Unmut. Im ersten Jahr kamen monatlich 1000 Besucher auf den Berg. Die Zahlen sind seitdem um ein vielfaches gestiegen. 

Neue Rekorde gibt es in Corona-Jahr gewiss nicht. Die Besucher kommen trotzdem und machen das Beste aus der Situation, auch wenn sie nicht ganz so abenteuerlich unterwegs sein können wie zuvor. Die Zugspitze ist in diesem Sommer fast schon zu einem Ort der Besinnung und der Andacht geworden. Es herrscht eine größere Wertschätzung, selbst bei dunklen Wolken über dem Gipfel.

So hat es auch Regina Müller erlebt: "Trotz schlechter Sicht und schlechten Wetters war der Ausflug zur Zugspitze eine wunderbare Ablenkung von den ständigen Gedanken und Sorgen von der gegenwärtigen Situation."

Und wer es nicht bis auf den Gipfel schafft, kann den Eibsee am Fuße des Berges besuchenBild: DW/S. Sanderson

 

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen

Mehr zum Thema

Weitere Beiträge anzeigen
Den nächsten Abschnitt Top-Thema überspringen

Top-Thema

Den nächsten Abschnitt Weitere Themen überspringen