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Überleben im kargen Hochland Tadschikistans

28. Juli 2009

Im Hochland Tadschikistans ist es schwierig für die Menschen, von den Erträgen ihrer Äcker zu leben. Doch Alternativen gibt es kaum. Asror Bobev hat dennoch einen Weg gefunden, seine siebenköpfige Familie zu ernähren.

Der Bauer Asror Bobev präsentiert seine Ernte: Gurken, Tomaten, Karotten, Getreide. Copyright: Wulf Wilde
Asror Bobev präsentiert seine ErnteBild: Wulf Wilde

In seinen großen Händen hält Asror Bobev seine Ernte: Kartoffeln, Karotten, Gurken, Tomaten, Getreide. "Die Ernte hat sich mit dem neuen Saatgut der Welthungerhilfe verdoppelt," sagt der 40-Jährige Tadschike. Ein dunkler Vollbart, in dem sich einige graue Haare verstecken rahmt das von Wind und Wetter gezeichnete Gesicht des schmalen Mannes ein. Die Spuren des entbehrungsreichen Lebens im tadschikischen Hochgebirge mag der Bart nicht zu verbergen.

Statt der traditionellen Kopfbedeckung trägt Asror einen breitkrempigen Cowboyhut - zum Schutz gegen die Sonne, eine weiße, grell leuchtende Scheibe am fast wolkenlosen Himmel. Trotz der Höhe von fast 2000 Meter klettern die Temperaturen im Dorf Veshab im Hochland Tadschikistans im Sommer auf mehr als 30 Grad. In den Wintermonaten fallen sie dagegen weit unter die Nullgrad-Grenze.

Extreme Wetterbedingungen herrschen im Hochland TadschikistansBild: Bilderbox

Vor allem in den kalten Monaten litten die Menschen früher unter Hunger. Besonders schlimm wurde es Ende der 1990er Jahre. Der Zerfall der Sowjetunion und ein fünfjähriger Bürgerkrieg haben Asrors einst stabil versorgtes Heimatland zu einem Entwicklungsland gemacht. Bergbau und Industrie gingen Pleite. Die Kolchosen, die landwirtschaftlichen Großbetriebe, lösten sich auf und ließen Bäuerinnen und Bauern zurück, die eigenständiges Bewirtschaften nie gelernt hatten.

Mit haltbarem Obst und Gemüse durch den Winter

Doch die Welthungerhilfe greift den Menschen unter die Arme. So stellte sie beispielsweise das neue Saatgut zur Verfügung, das besser an die extremen Bedingungen im tadschikischen Hochgebirge angepasst ist. Es ermöglicht Asror und den anderen Bauern, ihre Erträge langfristig zu steigern. Die Bauern haben auch gelernt, ihre Ernte haltbar zu machen, zum Beispiel durch das Trocknen und Einlagen der Feldfrüchte. "Wir wissen jetzt, wie wir unsere Ernte für den Winter speichern müssen", sagt Shamsia, Asrors Ehefrau. Von der Welthungerhilfe bekamen sie und Asror auch Einmachgläser und lernten, Obst und Gemüse so zu lagern, dass es nicht so schnell verdirbt.

Je ertragreicher die Ernte ausfällt, desto mehr Obst können die Bauern trocknen und Überschüsse sogar verkaufen. Asror zieht eine Tüte getrockneter Aprikosen aus der Tasche. In diese Trockenfrüchte setzen er und die andern Bauern von Veshab große Hoffnungen. Mit verbesserten Trockentechniken und einer organisierten Vermarktung wollen sie einen weiteren Schritt auf dem Weg aus Hunger und Armut machen.

Mehr Wasser bringt höhere Erträge

Doch die Ernte zu steigern ist nicht einfach auf dem kargen Ackerland in den schmalen Tälern des Hochgebirges. Jeder Quadratmeter Anbaufläche muss dem steinigen Boden abgetrotzt werden - in mühsamer Handarbeit und mit Bewässerungskanälen. Dank einer zwölf Kilometer langen Pipeline, die die Welthungerhilfe gemeinsam mit den Bewohnern von Veshab instand gesetzt hat, kann Asror sein Äcker und Obstbäume nun das ganze Jahr bewässern. Auch das steigert den Ertrag seiner nur knapp 200 Quadratmeter großen Parzelle, von der Asror und seine Frau Shamsia auch ihre fünf Kinder Sharifamoh, Mahsin, Ali Akbar, Abdushkur und Oygul ernähren müssen. Die meisten Familien hier bewirtschaften kleine Felder. Andere Möglichkeiten, den Lebensunterhalt zu verdienen, gibt es kaum. So helfen Shamsia und die Kinder auf dem Feld mit. Die Ernte dient auch als Tauschmittel für Gegenstände des täglichen Bedarfs.


In den Verkauf getrockneter Aprikosen setzen Asror Bobev und die anderen Bauern besonders viel HoffnungBild: dpa

Die siebenköpfige Familie wohnt in einem kleinen weiß gekalkten Haus gleich unterhalb der Felder. Gleich nebenan wohnen zwei weitere Familien. Zusammen teilen sie sich die Toilette: Ein einfaches, aus unbehandelten Holzbrettern gezimmertes Häuschen über einer Senkgrube. Ein Abwasser- oder Trinkwassersystem gibt es noch nicht. Trinkwasser gibt es nur im nächsten Dorf auf der anderen Talseite, etwa eine halbe Stunde Fußmarsch entfernt.

Bessere Qualität steigert die Preise


"Je mehr Wasser wir haben, desto mehr Land können wir nutzen", zählt Asror einen weiteren Vorzug der bereits fertig gestellten Bewässerungspipeline auf. Neue Bewässerungskanäle und hochwertiges Saatgut ermöglichen einigen Bauern in Veshab bereits, kleine Überschüsse zu erwirtschaften und zu verkaufen. Auch Asror hofft in diesem Jahr auf zusätzliche Einkünfte für sich und seine Familie. „Wir ernten jetzt nicht nur mehr, auch die Qualität ist besser geworden“, erzählt er. "Und die bessere Qualität steigert den Preis."


"Das Leben hier ist jetzt viel besser als früher", sagt Asror. Nachdem Entwicklungshilfeorganisationen viele Anstöße lieferten und Projekte angeschoben haben, bringen sich die Bauern mittlerweile mit immer mehr Vorschlägen selbst ein. Ein Dorfkommitee entscheidet in Abstimmung mit den Helfern aus dem Ausland auch über weitere Vorhaben und Vorschläge. So haben die Bauern noch eines gelernt: Selbst aktiv zu werden und sich für ihre Bedürfnisse einzusetzen.

Autoren: Wulf Wilde, Silke Oppermann

Redakteur: Wolfgang Dick