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Kunst

documenta-Strukturen sollen geprüft werden

15. Juli 2022

Nach dem Eklat um ein antisemitisches Kunstwerk bei der documenta stehen die Strukturen jetzt auf dem Prüfstand. Auch wächst der Druck auf Sabine Schormann, der Generaldirektorin der Kasseler Weltkunstschau.

An einem viele Meter hohen Gerüst gehen Menschen vorbei, dahinter ein Schloss.
So sah es am Tag nach der Demontage des strittigen Kunstwerks auf dem Kasseler Friedrichsplatz ausBild: Uwe Zucchi/dpa/picture alliance

Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) sieht wegen des Antisemitismus-Eklats bei der documenta in Kassel Handlungsbedarf. "Die Strukturen der documenta werden wir jetzt überprüfen. Der Aufsichtsrat wird entsprechende Maßnahmen ergreifen", sagte er am Freitag (15.07.2022) in einem Interview, das der Privatsender Sat.1 ausstrahlte. "Und dann müssen wir darüber diskutieren, ob wir die Gesellschafterstruktur verändern müssen. Ob wir möglicherweise auch Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten in der documenta verändern." Derzeit sind das Land Hessen und die Stadt Kassel Gesellschafter der Kunstschau, die alle fünf Jahre veranstaltet wird. Außerdem unterstützt die Kulturstiftung des Bundes die Schau finanziell.

Kulturstaatsministerin Claudia RothBild: Oliver Berg/dpa/picture alliance

Claudia Roth: "sehr erstaunt und befremdet"

Bereits zuvor bekam die documenta-Chefin Sabine Schormann Gegenwind von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne). Roth zeigte sich am Donnerstag nach Angaben eines Sprechers "sehr erstaunt und befremdet" über eine von Schormann zuvor veröffentlichte Erklärung. Darin hatte diese ihren Umgang mit den Antisemitismus-Vorwürfen verteidigt. Eine lückenlose Aufklärung, wie es zur Aufstellung des antisemitischen Kunstwerkes bei der Weltkunstschau in Kassel kommen konnte, stehe weiter aus, teilte der Sprecher Roths in Berlin mit. Gleiches gelte für die Notwendigkeit, Konsequenzen zu ziehen. "Es ist zunehmend fraglich, ob die documenta-Generaldirektorin das leisten kann oder will", so der Sprecher.

Schormann verteidigt Vorgehen der documenta

Sabine Schormann, Generaldirektorin der documentaBild: Andreas Fischer/epd/IMAGO

Schormann hatte den Umgang der Weltkunstschau mit den Antisemitismus-Vorwürfen zwei Tage zuvor gerechtfertigt. In einer Erklärung auf der documenta-Website betonte die Kulturmanagerin die Freiheit der Künstlerischen Leitung. Auch berichtete sie von der Sorge des indonesischen Kollektivs Ruangrupa, in Deutschland nicht willkommen zu sein.

Seit Bekanntwerden der ersten Vorwürfe im Januar habe es viele Gespräche gegeben - mit den Kuratoren und Künstlern, externen Experten, dem Aufsichtsrat, dem Zentralrat der Juden in Deutschland sowie mit Kulturstaatsministerin Roth. Schon damals hätten Kuratorinnen und Künstler "Zensur befürchtet und deswegen ein externes Expert*innengremium abgelehnt", schrieb sie.

Claudia Roth "erstaunt und befremdet"

Schormanns Darstellungen zu den Abläufen in den vergangenen Monaten seien "so nicht zutreffend", hieß es nun vom Sprecher Roths. "Über das Statement von Frau Schormann war die Kulturstaatsministerin sehr erstaunt und befremdet."

Kurz nach der Eröffnung der Schau war im Juni eine Arbeit mit antisemitischer Bildsprache entdeckt worden. Das Banner "People's Justice" des indonesischen Kunstkollektivs Taring Padi war daraufhin abgehängt worden. Das Künstlerkollektiv entschuldigte sich öffentlich.

Zentralrat der Juden fordert Rücktritte

Im Zuge der Debatte waren zuletzt auch Meron Mendel, Leiter der Bildungsstätte Anne Frank, und die Künstlerin Hito Steyerl auf Distanz zur documenta-Leitung gegangen. Mendel, der bei der Aufarbeitung des Antisemitismus-Eklats hatte helfen wollen, gab sein Berater-Mandat zurück. Die deutsch-japanische Medienkünstlerin und Autorin Hito Steyerl ließ aus Protest ihre Film-Arbeit aus der Ausstellung entfernen.

Meron Mendel leitet die Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am MainBild: Wolfgang Kumm/dpa/picture alliance

Unterdessen forderte Daniel Botmann, Geschäftsführer des Zentralrats der Juden in Deutschland, die Rücktritte Schormanns und des Kasseler Oberbürgermeisters Christian Geselle (SPD), der Aufsichtsratsvorsitzender der documenta gGmbH ist. Schormann und Geselle hätten "den Skandal zu verantworten" und stünden jetzt "einer Aufarbeitung aktiv im Wege", so Botmann gegenüber der "Jüdischen Allgemeinen".

vg/sd/pj/al/bb  (dpa/KNA)

Dies ist die aktualisierte Fassung eines Artikels vom 14.07.2022.

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