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KonflikteUkraine

Überraschender Besuch von Präsident Yoon in der Ukraine

15. Juli 2023

Südkorea stockt seine Ukraine-Hilfen auf 150 Millionen Dollar auf, das kündigt Präsident Yoon in Kiew an. Der ukrainische Oberbefehlshaber Saluschnyj räumt Angriffe auf russisches Staatsgebiet ein. Ein Überblick.

Ukraine Südkoreanischer Präsident Yoon Suk Yeol trifft Selenskyj in Kiew
Die Präsidenten Yoon Suk Yeol und Wolodymyr Selenskyj bei ihrem Pressestatement in KiewBild: Jae C. Hong/AP Photo/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Südkoreanisches Präsidentenpaar besucht Butscha und Irpin
  • Selenskyj räumt Schwierigkeiten bei Offensive ein 
  • Oberbefehlshaber gibt Schläge gegen Russland zu
  • Kiews Sanktionsbeauftragter: Russische Raketen enthalten westliche Bauteile
  • Putin spricht mit Südafrikas Präsident über Getreideabkommen

 

Seoul werde in diesem Jahr humanitäre Hilfsgüter im Wert von 150 Millionen Dollar liefern, sagte Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol nach einem Treffen mit seinem ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj in Kiew. Das sind 50 Millionen Dollar mehr als im vergangenen Jahr. Zudem werde Südkorea den Umfang seiner Militärgerät-Lieferungen vom vergangenen Jahr erweitern, "als wir Materialien wie Helme und kugelsichere Westen zur Verfügung gestellt haben", kündigte Yoon an, ohne dies zu präzisieren.

Das eng mit den USA verbündete Südkorea ist der neuntgrößte Waffenexporteur der Welt, hat die Ukraine bisher allerdings vorwiegend mit humanitären Hilfsgütern unterstützt. Das offiziell weiterhin im Kriegszustand mit dem Nachbarn Nordkorea befindliche Land ist ein bedeutender Produzent von mit NATO-Systemen kompatiblem Militärgerät: Darunter sind Kampfpanzer, Haubitzen und von Kiew dringend benötigte Artilleriemunition. Südkorea ist allerdings seit Beginn des russischen Angriffskriegs bei seiner seit Jahrzehnten verfolgten Linie geblieben, keine Waffen in Konfliktgebiete zu senden. An das eng mit der Ukraine verbündete Polen lieferte Seoul indes Kampfpanzer und Haubitzen.

Der südkoreanische Präsident Yoon Suk Yeol und seine Frau Kim Keon-hee besichtigen die Stadt IrpinBild: South Korean Presidential Office/AFP

Präsident Yoon stattete gemeinsam mit seiner Frau zunächst den Kleinstädten Butscha und Irpin nordwestlich von Kiew einen Besuch ab. In Butscha sollen russische Soldaten im vergangenen Jahr ein Massaker an Zivilisten angerichtet haben. Auch aus Irpin gingen erschütternde Bilder um die Welt, die Stadt wurde von russischen Raketenangriffen auf Wohngebiete schwer getroffen.

Selenskyj dämpft Erwartungen an Offensive

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Erwartungen an die laufende Offensive gedämpft. "Wir müssen ganz klar - so klar wie möglich - begreifen, dass die russischen Streitkräfte in unseren südlichen und östlichen Gebieten alles ihnen Mögliche tun werden, um unsere Soldaten aufzuhalten", sagte er in einer Videoansprache. Daher müsse man für jeden Kilometer, den die eigenen Truppen vorwärtskämen, und für jeden Erfolg im Kampf dankbar sein, betonte Selenskyj.

Richtet täglich Videobotschaften an sein Volk und die Welt: Wolodymyr SelenskyjBild: The Presidential Office of Ukraine

Die Aussage des Staatschefs ist ein Indiz für die Schwierigkeiten, mit denen das ukrainische Militär bei seiner Offensive konfrontiert ist. Ziel ist die Rückeroberung von Gebieten, die Russland zu Beginn seines mittlerweile mehr als 16 Monate dauernden Angriffskriegs besetzt hatte. Bislang sind die Geländegewinne der Ukrainer gering. Beide Seiten berichten von schweren Kämpfen.

Ukrainisches Militär bestätigt Schläge gegen Russland

Der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj hat nach einem Bericht der US-Zeitung "Washington Post" Angriffe seines Landes auf russisches Staatsgebiet zugegeben. Demnach sagte er, dass er im Land produzierte eigene Waffen für diese Schläge nutze. "Es ist unser Problem, und wir müssen entscheiden, wie wir den Feind töten. Es ist möglich und nötig, ihn auf seinem Gebiet im Krieg zu töten", sagte Saluschnyj dem Blatt. Besonders russische Grenzregionen erleben immer wieder massiven Artillerie- und Drohnenbeschuss von ukrainischer Seite.

Der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj: "Wir müssen entscheiden, wie wir den Feind töten" (Archivbild)Bild: Ukrainian Presidential Press Service/REUTERS

"Wenn unsere Partner Angst haben, ihre Waffen zu nutzen, dann töten wir mit unseren eigenen", sagte Saluschnyj weiter mit Blick auf Auflagen der westlichen Verbündeten, mit den gelieferten Waffen nicht russisches Staatsgebiet anzugreifen. "Um meine Leute zu schützen - warum sollte ich jemanden um Erlaubnis fragen müssen, was ich auf feindlichem Gebiet tue?" Im Mai hatte der ukrainische Präsident Selenskyj in Berlin Befürchtungen widersprochen, seine Streitkräfte könnten mit moderneren westlichen Waffen auch russisches Staatsgebiet angreifen. Saluschnyj machte dem "Washington Post"-Bericht zufolge auch deutlich, dass er die von Russland schon 2014 annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim ebenfalls zurückholen will.

Kiew: Russische Raketen enthalten Bauteile aus dem Westen

Russische Raketen und Marschflugkörper enthalten laut dem Sanktionsbeauftragten des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj offensichtlich auch häufig Komponenten aus westlichen Ländern. "Bei uns werden jeden Tag Menschen von Geschossen getötet", sagte Wladyslaw Wlasjuk der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS). "Und sehr viele enthalten Bauteile aus westlichen Ländern." Aus Sicht der Ukraine ist das nur möglich, weil Sanktionen gegen Russland über Drittländer umgangen werden.

Laut dem Bericht hat Wlasjuk am 13. Juni zusammen mit Außenminister Dmytro Kuleba und Wirtschaftsministerin Julija Swyrydenko westlichen Botschaftern in Kiew über diese Erkenntnisse berichtet. In dem schriftlichen Briefing an die Botschafter werde aufgelistet, dass der Großteil, also 81 Prozent der geschmuggelten Geschossteile aus den USA stammten. Es folge die Schweiz mit acht Prozent. Deutschland und Japan stünden auf der Liste mit je 3,5 Prozent auf Platz drei.

Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin hieß es dazu laut FAS, man nehme Berichte "unserer ukrainischen Kolleginnen und Kollegen über die Verwendung sanktionierter Bauteile in russischen Geschossen sehr ernst" und prüfe diese Informationen "sehr genau". Es sei allerdings "möglich, dass diese Komponenten schon vor dem Krieg und vor dem Wirksamwerden unserer Sanktionen geliefert wurden". Sanktionswidrige Lieferungen wären indes "ein Fall für den Staatsanwalt".

Putin spricht mit Südafrikas Präsident über Getreideabkommen

Der russische Präsident Wladimir Putin hat Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa bei einem Telefonat auf fehlende Grundlagen für eine Verlängerung des Abkommens zur Verschiffung von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer hingewiesen. Moskaus Forderungen nach einem Ende der Exportbeschränkungen für russische Lebensmittel und Dünger blieben weiter unerfüllt, teilte der Kreml nach dem Gespräch mit. Bei dem Gespräch auf Initiative Ramaphosas habe Putin auch erklärt, das Hauptziel des Abkommens, bedürftige Länder etwa auf dem afrikanischen Kontinent zu versorgen, sei nicht umgesetzt, teilte der Kreml weiter mit.

Wird in viele Länder exportiert: Getreide aus der Ukraine (Archivbild)Bild: Ukrinform/dpa/picture alliance

Das Getreideabkommen war im Juli 2022 unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei unterzeichnet worden, um die sichere Ausfuhr von ukrainischem Getreide durch einen Schutzkorridor im Schwarzen Meer zu ermöglichen. Seither wurde das Abkommen mehrmals verlängert. Das Abkommen läuft am kommenden Montag aus. Es trug dazu bei, die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die globale Nahrungsmittelversorgung abzumildern. Die Ukraine ist einer der größten Getreideproduzenten der Welt.

Russland moniert allerdings, dass eine ebenfalls getroffene Vereinbarung, wonach es trotz Sanktionen Dünger und Lebensmittel exportieren darf, nicht eingehalten werde. Putin sagte am Donnerstag, "nicht eine" der von Russland aufgestellten Bedingungen für das Getreideabkommen sei erfüllt worden.

Estland überstellt Russen an die Vereinigten Staaten

Estland hat einen russischen Staatsbürger mit mutmaßlichen Verbindungen zu Russlands Inlandsgeheimdienst FSB an die USA ausgeliefert. Wadim K. soll dem FSB geholfen haben, sowohl militärische als auch zivil nutzbare Technologien sowie große Mengen an Munition von US-Firmen nach Russland zu schmuggeln, um die "russische Kriegsmaschinerie" zu unterstützen. Damit habe er gegen Ausfuhrkontrollen und Wirtschaftssanktionen verstoßen, teilte die US-Justiz mit. Um seine kriminellen Aktivitäten zu verschleiern, habe der 48-Jährige Tarnfirmen genutzt. Im Falle einer Verurteilung drohen K. bis zu 30 Jahre Haft. Er war im Oktober 2022 ist Estland festgenommen worden.

Die Auslieferung von K. ist auch mit Blick auf Versuche der US-Regierung bedeutsam, in Russland inhaftierte US-Amerikaner freizubekommen. Im Fokus stehen derzeit der Journalist Evan Gershkovich und der wegen angeblicher Spionage festgehaltene Ex-Soldat Paul Whelan.

Klitschko: Man gewöhnt sich an den Tod

Der frühere ukrainische Box-Weltmeister Wladimir Klitschko hat auf einem Gesprächsforum zum Ukraine-Krieg in Chemnitz seine Gefühle im Angesicht des Krieges geschildert. "Jeden Tag, jede Nacht sterben Ukrainer, nicht nur Militärs, sondern auch Zivilisten, Frauen, Kinder. Man gewöhnt sich an die Bilder (...) Man gewöhnt sich daran, den Tod zu sehen, und lebt weiter", sagte der jüngere Bruder des Kiewer Bürgermeisters Vitali Klitschko auf der Veranstaltung der Zeitung "Freie Presse". Man gewöhne sich auch an Explosionen. Der 24. Februar 2022 habe das Leben der Menschen in der Ukraine komplett verändert.

Auf einer Bühne in Chemnitz: Wladimir Klitschko und Annalena BaerbockBild: Hendrik Schmidt/dpa/picture alliance

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock verteidigte auf dem Forum die militärische Unterstützung der Ukraine durch den Westen. Viele hätten Zweifel gehabt, ob diese Hilfe richtig sei. Ohne Panzer und Flugabwehr hätte es aber noch mehr Opfer gegeben, betonte die Grünen-Politikerin. Es brauche weitere militärische Unterstützung. Man könne sie erst einstellen, wenn der russische Präsident aufhöre, die Ukraine zu bombardieren und Menschen zu verschleppen und zu vergewaltigen. Das passiere tagtäglich in den Gebieten, die noch nicht befreit werden konnten.

Metropolit Pawlo muss in Untersuchungshaft

Der Abt des weltberühmten Kiewer Höhlenklosters, Pawlo, ist von einem Gericht der ukrainischen Hauptstadt in Untersuchungshaft genommen worden. Dem Metropoliten der ukrainisch-orthodoxen Kirche würden die Rechtfertigung des russischen Angriffskriegs und Hetze vorgeworfen, meldete der Rundfunk. Zuletzt stand der Klostervorsteher, der die Vorwürfe bestreitet, schon unter Hausarrest.

qu/kle/sti/jj/wa/mak (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus Kriegsgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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