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Italien macht das Rennen!

19. Februar 2012

Die internationalen Kritiker haben ihn wohlwollend bewertet - aber mit dem Goldenen Bären für "Cesare deve morire" hatte niemand gerechnet. Und es gab weitere Überraschungen bei der Vergabe der Bären.

Berlinale 2012 Berlinale-Bären der 62. Internationalen Filmfestspiele Berlin (Foto: dapd)
Berlinale 2012 Berlinale-Bären der 62. Internationalen Filmfestspiele BerlinBild: dapd

Der Goldene Bär geht nach Italien! Die Überraschung war groß, als Mike Leigh, Präsident der Internationalen Jury, den diesjährigen Träger des Hauptpreises der Berlinale verkündete. Und zwei Alt-Meister des europäischen Kinos jubelten, die Brüder Taviani, 80 und 82 Jahre alt. Das Rennen gemacht haben sie mit einem überwiegend in schwarz-weiß gedrehten Film über römische Strafgefangene. Ihr Werk "Cesare deve morire / Cäsar muss sterben“ zeigt mit karger Bildsprache, wie die Gefangenen Shakespeares "Julius Caesar“ proben, schließlich zur Aufführung bringen und sich infolge der Beschäftigung selbst in einem anderen Licht sehen. Dabei verwischen die Grenzen zwischen Spielfilm und Dokumentation. Natürlich seien die Häftlinge Schuldige, sagte Paolo Taviani während der Preisverleihung im Berlinale-Palast, aber man müsse sehen, "dass auch ein Häftling, auf dem eine große Strafe lastet - lebenslänglich zum Beispiel -, dass der auch ein Mensch ist und bleibt“.

Alles etwas anders

Mit dieser Verbeugung vor den beiden großen alten Filmemachern hat die Jury dieser Berlinale den talentierten Nachwuchs in die zweite Reihe verwiesen. Dass alles etwas anders kommen könnte, als es sich Publikum und Kritik vorgestellt hatten, deutete sich gleich zu Beginn der Preisverleihung an. Da erzählte Mike Leigh nämlich, dass es viele Filme, aber nur wenige zu vergebende Bären gäbe. Deshalb komme manch ein Film zu kurz. Und deshalb habe sich die Jury darauf verständigt, zusätzlich eine "lobende Erwähnung" zu vergeben. Die ging dann an die Schweizerin Ursula Meier. Ihr Film "L'Enfant D'en Haut/Sister" erzählt am Beispiel eines Jungen, der in einer Touristenhochburg in den Alpen aufwächst, von den Abgründen in einer scheinbar wohlhabenden Welt. Er erzählt von einer verlorenen Kindheit, vom Oben und vom Unten und von einem ungestillten Bedürfnis nach Nähe. Als einer der ganz heißen Anwärter auf den Goldenen Bären galt dieser Film - und bekam dann die lobende Erwähnung und einen Überraschungs-Bären in Silber.

Christian Petzold erhielt für seinen von Publikum und Kritik gefeierten Film "Barbara“ immerhin einen Silbernen Bären für die beste Regie. Nina Hoss spielt darin die Hauptrolle, Barbara, eine Ärztin, die im Sommer 1980 in der DDR einen Ausreiseantrag gestellt hat und daraufhin zur Strafe in die Provinz versetzt wird. Der dritte große Favorit dieser 62. Filmfestspiele kam aus Ungarn, "Csak a szél / Nur der Wind". Darin erzählt Regisseur Bence Fliegauf von der ungeheuerlichen Gewalt gegen Roma in seinem Heimatland. In diesem aufwühlenden Film sitzt die Kamera den geduckten, sich vorsichtig bewegenden Menschen fest im Nacken und vergegenständlicht die Angst, die an ihnen frisst. Dafür erhielt Bence Fliegauf den Großen Preis der Jury. Für die beste Kamera wurde der Deutsche Lutz Reitemeier ausgezeichnet, der mit dem chinesischen Regisseur Wang Quan’an das Historienepos "Bai lu yuan / White deer Plain“ drehte.

Jury-Mitglied Asghar Farhadi (l.) überreicht den "Großen Preis der Jury - Silberner Bär" an Regisseur Bence FliegaufBild: dapd

Politik und Geschichte

Die kongolesische Laiendarstellerin Rachel Mwanza, gerade einmal 15 Jahre alt, wird diese Berlinale wohl nie vergessen. Nicht nur, dass sie zum ersten Mal Schnee gesehen hat, sie ist für ihre Leistung in "Rebelle“, einem Film über Kindersoldaten in Afrika, auch als beste Darstellerin ausgezeichnet worden. Als bester Schauspieler wurde der Däne Mikkel Boe Følsgaard geehrt. Er stellt in dem Film "Die Königin und der Leibarzt“, einem historischem Politthriller und Liebesfilm, den schizophrenen König Christian VII. dar. Dieser Film erhielt außerdem den Silbernen Bären für das beste Drehbuch.

Rachel Mwanza , ausgezeichnet als "Beste Schauspielerin"Bild: dapd

So haben also viele etwas abbekommen, auch wenn es nicht immer der Goldene Bär war. Ein Preisträger aber war hörbar erstaunt. Der Portugiese Miguel Gomes erhielt für seinen Schwarz-Weiß-Film "Tabu" den Alfred-Bauer-Preis der 62. Berlinale. Dieser Preis ist nach dem ersten Festivaldirektor benannt und wird an Werke vergeben, die der Filmkunst neue Perspektiven eröffnen. Eigentlich hatte er nur einen altmodischen Film drehen wollen, sagte Gomes. Deshalb sei er wirklich überrascht, dass der mit einem Innovationspreis ausgezeichnet wurde.

Insgesamt 18 Filme hatten im Wettbewerb dieser 62. Internationalen Filmfestspiele um den Goldenen Bären und die Silbernen Bären konkurriert. Bereits am Mittwochabend war die US-Schauspielerin Meryl Streep mit dem Goldenen Ehrenbären für ihr Lebenswerk geehrt worden.

Autorin: Silke Bartlick
Redaktion: Julia Mahncke

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