Bayern ist nicht Hollywood, aber für manche Liebhaber des deutschen Films schlägt das Herz des Kinos in München. Anlässlich des Münchner Filmfests blicken wir auf Bayern und stellen Ihnen zehn filmische Pfundskerle vor.
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10 bayrische Kinopfundskerle
Für viele Film-Liebhaber ist München die heimliche Filmhauptstadt Deutschlands. Die Preußen sehen das zwar anders. Aber Bayern hat tatsächlich einige Größen des deutschen Films hervorgebracht. Unsere Bayern Top-Ten.
Bild: picture-alliance/dpa
Werner Herzog
Herzog hat's sogar nach Hollywood geschafft und dreht mit Weltstars wie Nicole Kidman. 1942 in München geboren, ist der Regisseur heute in Hollywood der bekannteste Bayer. Seit der Doku "Mein liebster Feind" (1999) über seinen Lieblingsschauspieler Klaus Kinski arbeitet Herzog vornehmlich in den USA, inszeniert Spiel- und Dokumentarfilme und betört die Amerikaner mit seiner bayrischen Aussprache.
Bild: Reuters/H. Hanschke
Rainer Werner Fassbinder
Mit Herzog hob Fassbinder einst den "Neuen Deutschen Film" aus der Taufe und sorgte ab Mitte der 60er Jahre dafür, dass Deutschland wieder auf der Kinoweltkarte präsent war. Der 1945 im bayrischen Bad Wörishofen geborene Regisseur stand wie kein anderer deutscher Filmemacher für den Experimentierwillen des damaligen Filmaufbruchs. Später drehte Fassbinder oft außerhalb der bayrischen Grenzen.
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Herbert Achternbusch
Der Herr rechts im Bild, der in seinen Filmen auch meist als Schauspieler auftrat, hätte wohl kaum fern der Heimat drehen können. Herbert Achternbusch war und ist ein bayrisches Original. In Filmen wie "Bierkampf" zelebrierte er seine Hassliebe zu seiner Heimat, spießte die Eigenarten seiner Landsleute auf unnachahmliche Art und Weise auf, schrieb auch Prosa, Theaterstücke und Hörspiele.
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Karl Valentin
Ein bayrisches Original war auch Karl Valentin. Der Sänger, Schauspieler und Autor drehte in der Frühzeit des Kinos zahlreiche Kurzfilme, später auch einige wenige längere Werke. 1882 in München geboren, verkörperte Valentin mit seiner Bühnen- und Filmpartnerin Liesl Karlstadt ein kongeniales Duo, das weit über Bayern hinaus bekannt war. Sein Humor beeinflusste nachfolgende Komikergenerationen.
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Helmut Dietl
Spuren des Humors von Karl Valentin kann man auch in den Fernseh- und Kinoarbeiten Helmut Dietls entdecken. 1944 im oberbayerischen Bad Wiessee geboren, hatte Dietl zunächst mit seinen TV-Serien "Monaco Franze" und "Kir Royal" großen Erfolg. In seinem besten Kinofilm "Rossini - oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief" spießte er das eitle Gehabe der Münchner Schickeria auf.
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Dominik Graf
Ginge es gerecht zu, müsste der 1952 in München geborene Dominik Graf zu den Großen des heimischen Films gezählt werden. Mit seinen Kinofilmen hatte er weniger Glück und so konzentrierte Graf sich aufs Fernsehen. Seine Filme gehören zum Besten, was auf großer und kleiner Leinwand hierzulande zu sehen ist. Seiner Geburtsstadt setzte er mit dem Film "München - Geheimnisse einer Stadt" ein Denkmal.
Bild: imago/Seeliger
Michael Haneke
Haneke dagegen konnte dauerhaft im Kino Fuß fassen, auch er hatte beim Fernsehen begonnen. Natürlich kennt ihn die Welt des Kinos als Österreicher, zu Recht, denn der 1942 geborene Haneke besitzt die Staatsbürgerschaft des bayrischen Nachbarlandes. Doch geboren wurde er in München. Und so strahlt das vielfach ausgezeichnete filmische Oeuvre Michael Hanekes auch ein wenig ab in seine Geburtsstadt.
Bild: Getty Images
Josef Bierbichler
Unverkennbar ein bayrisches Original ist auch der Schauspieler Josef Bierbichler - hier zu sehen als Architekt in dem gleichnamigen Spielfilm von Ina Weisse. Bierbichler, geboren 1948 in Ambach, debütierte in Filmen von Werner Herzog und Herbert Achternbusch. Der ebenfalls auf Theaterbühnen erfolgreiche Mime schreibt auch Romane und setzt sich zudem seit kurzem gern selbst auf den Regiestuhl.
Bild: picture-alliance/dpa/Reverse Angle Pictures
Hans-Christian Schmid
Der Regisseur Hans-Christian Schmid ist einer der Stillen im Land, gleichwohl einer der versiertesten Filmregisseure, die Deutschland derzeit vorzuweisen hat. 1965 im oberbayerischen Altötting geboren, wurde Schmid 1995 mit "Nach Fünf im Urwald" bekannt. Seine Filme spielen nicht nur in Bayern, doch wenn sie dort angesiedelt sind, wie zuletzt die TV-Serie "Das Verschwinden", sind sie bärenstark.
Bild: picture-alliance/Everett Collection
Michael "Bully" Herbig
Der jüngste in unserer bayrischen Top-Ten-Auswahl ist der Komiker Michael "Bully" Herbig". Der 1968 in München geborene Unterhaltungskünstler wurde mit Auftritten auf der Bühne bekannt, hatte zunächst beim Privatfernsehen Erfolg und wagte sich dann auf die große Leinwand. Kinofilme wie "Der Schuh des Manitu" und "(T)Raumschiff Surprise" verliehen der großen Welt des Films eine bayerische Färbung.
Bild: picture-alliance/dpa/W. Langenstrassen
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Zunächst eine Entschuldigung. 10 Filmgrößen - und keine Frau dabei? Und das in Zeiten, in denen zu Recht ganz besonders auf die Benachteiligung von Frauen im Filmgeschäft geschaut wird? Wie kann das angehen?
Wir haben uns in unserer Rückschau auf Regisseure beschränkt, nicht auf Schauspieler. Regisseurinnen wären also willkommen gewesen. Und unsere Filmgrößen sollten tatsächlich aus Bayern stammen. Die allermeisten Filmregisseurinnen, die man gemeinhin mit Bayern in Zusammenhang bringt, Doris Dörrie oder Caroline Link zum Beispiel, Leni Riefenstahl aus früheren Zeiten, sind "nur" Hinzugezogene.
Zehn bayerische Pfundskerle also, alle männlich - vielleicht sagt das aber auch etwas darüber aus, wie die bayerische Gesellschaft tickt. Man sollte einmal drüber nachdenken. Gerade in diesen Tagen, in der Politik in München vor allem von männlichen Alphatieren gemacht wird!
Dass in Bayern auch ein Herz des deutschen Films schlägt, ist keine Frage. Schon zu Stummfilmzeiten wurde in München produziert und gedreht, Karl Valentin war einer der ersten. Fast ebenso früh wurden in der bayerischen Landeshauptstadt Studios errichtet, die großen Bavaria-Studios im Süden der Stadt zeugen bis heute davon. Auch sie sind Bestandteil bayerischer und deutscher Filmhistorie.
Eine der besten deutschen Filmhochschulen ist in München beheimatet, dort sind einige tolle Filmfestivals angesiedelt wie überhaupt die Kinoszene der bayerischen Landeshauptstadt eine der vitalsten der Republik ist.
Bayern, und nicht nur München, hat aber auch als Filmkulisse eine ruhmreiche Geschichte. Dass viele deutsche Regisseure, unsere zehn Genannten sowieso, die Landeshauptstadt aufsuchten um dort ihre Filme zu drehen, ist logisch. Bayern hat viel zu bieten. Das sprach sich auch im Rest der Filmrepublik rum. Auch Edgar Reitz, gebürtiger Rheinland-Pfälzer, erkor München irgendwann zu seiner Heimatstadt. Sein legendäres "Heimat"-Epos spielte im Hunsrück, seine wunderbare Fortsetzung "Die zweite Heimat - Chronik einer Jugend" spielte in München - und gehört zu den schönsten München-Filmen überhaupt.
Auch ausländische Regisseure von Weltruf sind nach München und Bayern gekommen um dort zu drehen, oft in den Bavaria-Studios. Stanley Kubrick und Ingmar Bergman, Luchino Visconti und Orson Welles sind nur die bekanntesten.
Natürlich darf man das Bayern-Bild, das in vielen Heimatfilmen früherer Jahrzehnte von Land und Leuten gezeichnet wurde, auch kritisch sehen. In den 1950er Jahren waren die Regisseure des vielgescholtenen deutschen Heimatfilms selbst dran Schuld, dass Klischees von Heimat und Bayern in die Welt hinausposaunt wurden. Auch auf die sogenannten "Lederhosenfilme" der frühen 70er Jahre, als die Sexfilmindustrie in der Bundesrepublik blühte und ihr Herz in Bayern schlug, dürften die meisten heute verschämt zurückblicken. Die Regisseure jüngerer Generationen rückten dieses einseitige Bayern-Bild dann im sogenannten "Neuen Heimatfilm" später mehrfach wieder zurecht.
Die 10 schönsten München-Filme
Für viele Kino-Fans ist München heimliche Filmhauptstadt Deutschlands. Anlässlich des 37. Filmfests München blicken wir zurück auf 100 Jahre Kinogeschichte: Die Auswahl der 10 schönsten München-Filme der Kinogeschichte.
Bild: Deutsche Kinemathek/Schamoni Film & Medien
Platz 10: Zur Sache Schätzchen
Der Komödienerfolg des "Neuen Deutschen Films". May Spils humoristischer Geniestreich aus den 1960er Jahren: Uschi Glas und Werner Enke als charmant-verspieltes Paar, das auch die gesellschaftlichen Gegensätze der Stadt auf den Punkt brachte. "Zur Sache Schätzchen" ist Pop-Kino mit einem Hauch Revolte, ein anarchistischer Spaß mit viel München-Kolorit.
Bild: picture-alliance/dpa
Platz 9: Bierkampf
Herbert Achterbusch ohne München - das ist eigentlich undenkbar. Kaum ein deutscher Filmregisseur ist so eng an eine Stadt gebunden wie er. Und wofür steht für viele Auswärtige die Stadt? Das Oktoberfest! 1977 drehte Achternbusch seinen Film "Bierkampf" auf der Wies'n. Der Regisseur als sein eigener Hauptdarsteller in einer Polizeiuniform - ein herrlich absurder Spaß!
Bild: picture-alliance/dpa
Platz 8: Der Sonderling
Der erste abendfüllende Spielfilm mit dem Münchner Original Karl Valentin und seiner Partnerin Liesl Karlstadt. Die Dreharbeiten fanden in Geiselgasteig statt. Valentin ohne München ist genauso unvorstellbar wie Achternbusch ohne München. In "Der Sonderling" versucht sich Valentin ständig umzubringen - ohne Erfolg. Schwarzer Humor à la Valentin in der bayrischen Hauptstadt - urkomisch!
Bild: picture-alliance/dpa
Platz 7: Angst essen Seele auf
Rainer Werner Fassbinder drehte im Herbst 1973 einen seiner schönsten, traurigsten und emotionalsten Filme. Die Liebesbeziehung zwischen der älteren Emma (Brigitte Mira) und ihrem jungen Freund Ali (El Hedi Ben Salem) spielt in München. Auch wenn die Stadt hier nicht mit Postkartenansichten daherkommt, so ist "Angst essen Seele auf" auch heute noch ein sehenswerter, zudem aktueller München-Film.
Bild: Imago/United Archives
Platz 6: Rossini
Zeigt Fassbinder das München der Hinterhöfe, so fiel der Blick des Filmregisseurs Helmut Dietl eher auf die Schicki-Micki-Szenerie der Stadt. Am schönsten wohl in dem 1997 gedrehten Film "Rossini - oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief". Hier wird ein berühmtes Szene-Lokal zum Hauptdarsteller - und München leuchtet in abendlichen Farben.
Bild: picture-alliance/KPA
Platz 5: Mr. Arkadin
Auch der große Orson Welles nutze Schauplätze der Stadt für einen seiner wenigen fertiggestellten Filme. "Mr. Arkadin" (dt. Titel": "Herr Satan persönlich") zeigt den Meister (hier rechts neben Robert Arden) in einer seiner Lieblingsrollen: als geheimnisumwitterte, mystische Gestalt. Die Dreharbeiten fanden im Dezember 1954 in München statt, im Herzen der Stadt am Jacobsplatz.
Bild: Imago/United Archives
Platz 4: Lola Montez
Ein paar Monate nach Welles drehte der deutsch-französische Regisseur Max Ophüls in der bayrischen Metropole seinen wunderschönen Historienfilm "Lola Montez". Die Geschichte der Tänzerin Lola Montez, Mätresse des bayrischen Königs Ludwig I, wurde farbenprächtig u.a. im Englischen Garten und im Zelt von Zirkus Krone gedreht. Die Hauptrolle spielte der damalige europäische Superstar Martine Carol.
Bild: picture-alliance/KPA Copyright
Platz 3: Letztes Jahr in Marienbad
"Letztes Jahr in Marienbad" von Alain Resnais wurde zu Beginn der 60er Jahre nicht im tschechischen Marienbad gedreht, sondern in München. Der Franzose Resnais und sein Kameramann Sacha Vierny nahmen die wunderbaren Schloss- und Parkansichten in Nymphenburg und Schleißheim auf. Einer der ästhetisch eindrucksvollsten Filme der Kinogeschichte ist so ein verkappter München-Film.
Bild: Imago/United Archives
Platz 2: München - Geheimnisse einer Stadt
Einen der schönsten München-Filme kann man weder als Spiel- noch als Dokumentarfilm einordnen. Der im Jahr 2000 vom Regisseur Dominik Graf und dem Kritiker Michael Althen gedrehte "München - Geheimnisse einer Stadt" ist ein poetisch-verspielter Filmessay mit dokumentarischen und inszenierten Passagen. Will man ins Herz dieser Stadt vordringen - dieser Film verrät ein paar Geheimnisse.
Bild: absolut medien
Platz 1: Die zweite Heimat
Ins München der 1960er Jahre entführte uns der Filmregisseur Edgar Reitz 1992 mit seiner zweiten "Heimat". Reitz' Saga begann im Hunsrück und wurde in München fortgesetzt. Da entfaltet sie eine bezaubernde Mischung aus Nostalgie und Avantgarde, aus Spielfreude und Melancholie. Nur selten war München sympathischer und freundlicher, offener und schöner als in Edgar Reitz "Die zweite Heimat".
Bild: picture-alliance/kpa
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Viele Bayern sehen sich noch heute umgrenzt von Feinden, viele Filme haben das widergespiegelt. Diana Kainz schreibt im "Historischen Lexikon Bayerns": "Das Ausland wird aus bayerischer Perspektive über die Jahrzehnte hinweg stets als potentielle Bedrohung wahrgenommen. Was aus der Fremde kommt (und dazu zählt neben dem faktischen topographischen Ausland auch das nicht-bayerische Deutschland) wird in der Regel mit expliziter Ablehnung oder wenigstens skeptisch betrachtet. Bedrohung des Eigenen durch Fremdes findet sich in allen Genres als zentraler Anlass für Konflikte." In diesen Sätzen steckt auch viel von dem was zur Zeit in der politischen Debatte zu hören ist.
Bayern hat also viele Befürworter, aber mindestens ebenso auch viele Menschen, die sich an Bayern und Bayernbildern reiben. Film und Fernsehen zeigen dieses lebendige Bild des Bundeslands Bayern und der Landes-Hauptstadt München.