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10 Jahre AfD: Die Rechtsaußen-Dagegen-Partei

4. Februar 2023

AfD – rechts, radikal, erfolgreich. Aus der Euro-Protestpartei wurde ein rechtsextremistischer Verdachtsfall. Nun strebt die Partei nach Regierungsbeteiligung.

AfD-Logo am Eingang zur Parteizentrale in Nordrhein-Westfalen
AfD-Logo am Eingang zur Parteizentrale in Nordrhein-WestfalenBild: Rolf Vennenbernd/dpa/picture alliance

Aus Sicht der Alternative für Deutschland (AfD) gibt es zum runden Jubiläum viel zu feiern: Die Partei sitzt seit 2017 im Bundestag und mittlerweile in 15 von 16 Länderparlamenten. Laut Umfragen kommt die AfD derzeit auf 13 Prozent Wählerzuspruch; in manchen ostdeutschen Bundesländern liegt sie weit darüber.

"Die AfD ist eine feste Größe im deutschen Parteiensystem geworden, in dem eine dezidiert freiheitlich-konservative Kraft zuvor schmerzlich gefehlt hatte", schreibt die AfD-Co-Vorsitzende Alice Weidel auf DW-Anfrage.

"Extremistisch, antisemitisch und rassistisch angehaucht"

Am 6. Februar 2013 wurde die Partei offiziell aus der Taufe gehoben. Die AfD wurde zu einem Sammelbecken für Menschen mit rechten Einstellungen, denen die rechten Splitterparteien zu extrem waren, und die sich von den Christdemokraten abgewandt hatten. Die AfD habe sich seitdem von einer "Quasi-Professoren-Partei" zu einer "insgesamt rechtsextremen Partei" entwickelt, die heute "extremistisch, antisemitisch und rassistisch angehaucht" sei, sagt die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch im Interview mit der DW.

Die Gründer der AfD (von links): Konrad Adam, Bernd Lucke, Alexander GaulandBild: Marc Tirl/dpa/picture alliance

In ihren Anfängen war die AfD eine eurokritische Partei, die die damalige Euro-Rettungspolitik von Bundeskanzlerin Merkel heftig kritisierte. Im September 2012 gründete sich – als Vorläufer der AfD – die "Wahlalternative 2013". Der Ökonomieprofessor Bernd Lucke, der Journalist Konrad Adam und das ehemalige CDU-Mitglied Alexander Gauland formten daraus die Alternative für Deutschland (AfD).

Radikalisierung ab 2015

Drei Strömungen hatte die AfD von Anfang an: wirtschaftsliberal, nationalkonservativ und rechtspopulistisch. Zwei der drei Gründungsmitglieder haben der Partei längst den Rücken gekehrt. Auch das ist eine Konstante bei der AfD: der häufige Führungswechsel. Sie sei eine "überwiegend zerstrittene Partei, die immer wieder Kämpfe zwischen Führung und Basis ausfechten muss", sagt Politikwissenschaftlerin Münch der DW.

Ursula Münch ist Professorin für Politikwissenschaft an der Universität der Bundeswehr in MünchenBild: Eventpress Stauffenberg/ Eventpress/picture alliance

Die AfD war zunächst mit einem marktliberalen Wirtschaftsprogramm angetreten. Die Radikalisierung der Partei setzte ein, als ab 2015 hunderttausende Menschen nach Deutschland flüchteten, weil sie Schutz vor dem Krieg in Syrien suchten. Gründungsmitglied Alexander Gauland nannte diese Zeit einmal ein "Geschenk" für die Partei. Der Ton gegen die Regierung von Angela Merkel wurde immer schärfer. So sprach sich die damalige Parteichefin Frauke Petry dafür aus, Flüchtlinge notfalls mit Waffengewalt am Grenzübertritt zu hindern. Petry hat die Partei ebenfalls schon vor Jahren verlassen.

Von wirtschafsliberal über rechts nach rechts außen

Anfang Juni 2018 relativierte der damalige Fraktionsvorsitzende der Partei, Alexander Gauland, die Zeit des Nationalsozialismus, die sechs Millionen Juden das Leben kostete. Bei einer Parteiveranstaltung sagte er: "Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte." Politikwissenschaftlerin Münch glaubt, das der Erfolg der AfD auch daher kommt, dass "solche radikalen Äußerungen in Teilen der Bevölkerung recht gut ankommen. Nach dem Motto: Das wird man wohl noch sagen dürfen!"

Hat auch die AfD im Blick: der VerfassungsschutzBild: picture-alliance/Geisler/C. Hardt

Solche und ähnliche Äußerungen riefen die deutschen Sicherheitsbehörden auf den Plan. Das Bundesamt für Verfassungsschutz – also der Inlandsgeheimdienst - stufte die Gesamtpartei im März 2021 als "rechtsextremen Verdachtsfall" ein. Eine völkisch-nationalistische Untergruppe der AfD, genannt "Der Flügel", gilt laut Verfassungsschutz sogar als erwiesen rechtsextremistisch. Seitdem dürfen seine Vertreter nachrichtendienstlich beobachtet werden. Das heißt, auch verdeckte Ermittler und das Abhören von Telefongesprächen sind grundsätzlich möglich. Das sei "eine offenkundige parteipolitische Instrumentalisierung des Inlandsgeheimdienstes", wettert die Parteivorsitzende Weidel gegenüber der DW. Die AfD, sagt Politikwissenschaftlerin Ursula Münch hingegen, sei "im großen und ganzen zu einer rechtsextremen Partei geworden".

Das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap hat zum Jubiläum der AfD bei den Deutschen nachgefragt, wie sie es sehen. Drei von vier der Befragten sind der Meinung, dass sich die AfD nicht ausreichend von rechtsextremen Positionen distanziert.

Die AfD – eine Männerpartei

Die AfD hat knapp 80.000 Mitglieder. Die SPD als mitgliederstärkste Partei des Lands liegt bei rund 380.000. Mehr als 80 Prozent der AfD-Mitglieder sind Männer. Eine repräsentative Online-Befragung der Bertelsmann-Stiftung aus dem Sommer 2020 hatte ergeben, dass 29 Prozent der AfD-Wähler rechtsextreme Einstellungen vertreten. Unter den AfD-Wählern sind Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus und ein Hang zu autoritären Regimen demnach deutlich stärker verbreitet als unter den Anhängern anderer Parteien.

Beispiel Russland, das gegen die Ukraine seit einem Jahr einen brutalen Angriffskrieg führt. Die Co-Vorsitzende Alice Weidel ist dagegen, Wladimir Putin vor ein Kriegsverbrechertribunal zu stellen oder Russland mit Sanktionen zu belegen. Gegen Waffenlieferungen an die Ukraine hatte sich die Partei von Anfang an ausgesprochen. "Kriegstreiberei" sei das. Dass Deutschland nun Leopard-Panzer an die Ukraine liefern wird, kritisierte die Parteivorsitzende Weidel als eine "verhängnisvolle Entscheidung".

Laut Alice Weidel tanzen die "etablierten" Parteien "nach der Pfeife der grünen Ideologie"Bild: Political-Moments/IMAGO

Die Haltung der AfD zum Ukraine-Krieg hat auch die Meinungsforscher von Infratest dimap interessiert. Das Ergebnis zeigt, dass gerade in dieser Frage die Ansichten in Ost- und Westdeutschland auseinandergehen. Nur 13 Prozent der Westdeutschen finden es gut, dass die AfD Verständnis für russische Positionen im Ukraine-Krieg zeigt. Im Osten sind es fast doppelt so viele; nämlich 25 Prozent.

AfD etabliert sich im Osten Deutschlands

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Ziel: Raus aus der Opposition - rein in eine Landesregierung

Die AfD strebt nach der Macht. An einer Regierung beteiligt war sie aber noch nicht. Nun will sie endlich raus der Rolle der Opposition in den Parlamenten. Im Bund wird das wohl nicht gelingen. Aber die AfD rechnet sich in den ostdeutschen Bundesländern Chancen aus. Dort erzielt sie regelmäßig Wahlergebnisse über 20 Prozent. Vor allem in ländlich-abgehängten Regionen. In den ostdeutschen Bundesländern Sachsen und Thüringen ist sie laut Umfragen sogar stärkste Partei. Dort – und auch in Brandenburg – wird im kommenden Jahr gewählt. Co-Parteichefin Weidel wittert ihre Chance. "Die Beteiligung an Regierungsbildungen wird der nächste konsequente Schritt sein", erklärt sie gegenüber der DW. Koalitionspartner könnte dann die CDU werden. Die Konservativen haben solche Koalitionen jedoch für ausgeschlossen erklärt. Sogar per Parteitagsbeschluss.

Das sei das eine, sagt Politikwissenschaftlerin Münch. Doch in einigen CDU-Landesverbänden frage man sich schon "laut und leise", was an der AfD eigentlich "so schlimm sei". Sollte es tatsächlich einmal zu einem AfD-CDU-Bündnis kommen, "wird das ein ganz großer Konflikt für die CDU werden", so Münch im DW-Interview.

​​​​Wie bei dieser Demonstration gegen einen AfD-Parteitag 2017 wollen auch am 6.2.23 wieder Menschen gegen die AfD auf die Straße gehenBild: Getty Images/AFP/O. Andersen

Am 6. Februar will die AfD ihr zehnjähriges Bestehen feiern; im Haus der Begegnung in Königstein bei Frankfurt am Main. Gegen die Jubiläumsveranstaltung will ein breites gesellschaftliches Bündnis protestieren. Die AfD sei "eine große Bedrohung für die Demokratie", schreiben die Organisatoren.

Politikwissenschaftlerin Ursula Münch hat einen anderen Blick auf den Geburtstag der Rechtspopulisten. Der zeige die Stabilität der deutschen Demokratie. Unser parlamentarisches System, sagt sie, sei eben genau das nicht, was die AfD und andere Extremisten unterstellen würden; "nämlich ein abgeschottetes Elitesystem". Zehn Jahre AfD stehe auch für die "Wandlungsfähigkeit unseres Parteiensystems".

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