Mit einer Festwoche im Ostseebad Ahrenshoop begannen am 25. März die bis in den Oktober 2017 dauernden Feierlichkeiten zum 125-jährigen Bestehen der Künstlerkolonie.
Bild: picture-alliance/dpa/D. Bockwoldt
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680 Einwohner, zwei Kunsthäuser, sechs Galerien. Diese Aufzählung macht klar, wo der Schwerpunkt des Ostseebads Ahrenshoop auf der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst liegt: in der Kunst. Und das seit 125 Jahren. 1892 baute sich Paul Müller-Kaempff (1861-1941) in dem damals noch einsamen Fischerdorf ein Haus und legte den Grundstein für die Künstlerkolonie, deren Jubiläum vom 25. März an bis in den Oktober hinein gefeiert wird. Dutzende Künstler fanden dort die Muße, die Umgebung und das passende Licht für ihr Wirken. Zur Gründergeneration gehörten etwa Anna Gerresheim (1852-1921), Elisabeth von Eicken (1862-1940) und Carl Malchin (1838-1923) - klingende Namen für Kunstinteressierte.
Das Dornenhaus aus dem Jahr 1660 ist eines der ältesten Rohrdachhäuser in AhrenshoopBild: picture alliance/dpa/ZB/J. Büttner
"Licht, Luft, Freiheit"
Ein Kunstpfad soll die Besucher zu den Orten führen, von deren Warte aus die Künstler ihre Gemälde fertigten, sagt Kurdirektor Roland Völcker. Zwei prägnante Wegmarken sollen auf das Jubiläum aufmerksam machen. Dazu hat Moritz Götze, einer der renommiertesten Vertreter der deutschen Popart, zwei Holzskulpturen gefertigt. Eine fünf Meter hohe Abbildung von Müller-Kaempff steht auf dem 18 Meter hohen Bakelberg. Gegenüber auf dem Schifferberg wird die Interpretation eines "Malweibes" errichtet. Beide Werke sind nicht für die Ewigkeit, sie werden verrotten, sagt Völcker.
Kunstmuseum in AhrenshoopBild: picture-alliance/dpa
Das Jubiläum ist Anlass für ein Festjahr unter dem Motto "Traditionen bewahren - im Zeitgeist leben". Dessen Herzstück ist die Ausstellung "Licht, Luft, Freiheit" in dem 2013 eröffneten Kunstmuseum. Dort werden rund 90 Gemälde der Hauptvertreter der Gründergeneration gezeigt. "Viele erstmals", betont Marion Schael vom Museum.
"Winterliches Gehöft an der Ostsee" Gemälde von Elisabeth von Eicken Bild: picture-alliance/dpa
Dorf, Kunst, Natur
"Es ist ein Dreiklang, der Ahrenshoop für jeden Künstler interessant macht", sagt der ehrenamtliche Bürgermeister Hans Götze, selbst Maler und Grafiker. Einen Teil bilde die über Jahrzehnte gewachsene und noch vorhandene dörfliche Struktur. "Zudem ist Ahrenshoop mit einer intakten Natur gesegnet."
Naturerlebnisweg im Nationalpark Vorpommersche BoddenlandschaftBild: picture alliance/dpa/B. Schleep
Dazu gehören der Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft, die Ostsee und der Bodden quasi vor der Haustür. "Wir bemühen uns, die Natur in dieser Form zu erhalten", sagt Götze. Den Dreiklang machen die Kunst und das entsprechende künstlerische Klima komplett, ist Götze überzeugt. Äußeres Zeichen davon sind die vielen reetgedeckten Häuser und das kulturelle Angebot, dass nicht nur zur Hauptsaison geboten wird. Die Gäste kommen, nicht nur um die Kunst zu bestaunen, sondern nehmen auch an einem der Kunstkurse teil.
Der Kunstkaten Ahrenshoop ist das Wahrzeichen der KünslerkolonieBild: picture alliance/dpa/ZB/B. Wüstneck
Der kleine Ort kann aber auch ohne Kunst nicht über mangelnden Zuspruch klagen: Rund 380.000 Übernachtungen wurden 2016 gezählt. Zum prägenden Kern Ahrenshoops gehören auch die Stipendiaten, sagt Gerlinde Creutzburg. Sie ist Direktorin des Künstlerhauses Lukas in dem von Kaempff gebauten Haus. "Ich bin in Ahrenshoop für die Zukunft zuständig." Monatlich kommen etwa sechs junge Künstler ins Dorf aus allen Kunstbereichen, neben der bildenden Kunst auch noch Literatur, Komposition und Performance. 150.000 Euro werden investiert, ein Großteil vom Land Mecklenburg-Vorpmmern. Ahrenshoop brauche keinen Vergleich mit der Künstlerkolonie Worpswede bei Bremen zu scheuen, sagt Creutzburg. "Worpswede ist das westdeutsche Ahrenshoop, Ahrenshoop ist das ostdeutsche Worpswede." Die Ostseegemeinde sei stets, auch in den Kriegs- und Nachkriegsjahren, ein Rückzugsort namhafter Künstler gewesen. "Sie haben sich dorthin begeben, um Licht, Luft und Freiheit zu genießen und sich daraus inspirieren zu lassen», berichtet Schael.
Weststrand auf der Ostsee-Halbinsel Fischland-Darß-ZingstBild: picture alliance/dpa/J. Büttner
Joachim Mangler/is/ks (dpa)
Nicht nur Ahrenshoop hat Künstler zu Werken angeregt: auch die Landschaft von Worpswede, die Kreidefelsen-Steilküste Rügens, das romantische Rheintal, die Sächsische Schweiz sowie das Alpenpanorama in Deutschlands Süden.
Inspirierende Landschaften
Immer wieder haben deutsche Landschaften Künstler zu Werken angeregt: von der Kreidefelsen-Steilküste Rügens bis zum farbenfrohen Alpenglühen im Süden.
Bild: picture-alliance/presse-bild-poss/O. Poss
Künstlerkolonie Worpswede
Einen repräsentativen Querschnitt der schönsten Werke der Worpsweder Maler wird heute im Barkenhoff gezeigt. Damals war der Hof der zentrale Treffpunkt der Künstlergemeinschaft. Sie wagte nicht nur künstlerische Expermente, sondern erprobte auch freiere, alternative Lebensformen. Zu den Künstlern gehörten u.a. Paula Modersohn-Becker, Fritz Overbeck oder Carl Vinnen.
Bild: VG BILD-KUNST/Bonn 2014
Das Teufelsmoor
Worpswede liegt inmitten des Teufelsmoors, eine spröde Landschaft mit eigenwilliger Schönheit unweit von Bremen. Bekannt wurde der Ort durch die Künstlerkolonie, die hier 1889 gegründet wurde. Die Sehnsucht nach ländlichen Motiven und nach schlichtem bäuerlichen Leben einte die Vertreter des Jugendstils, des Impressionismus und Expressionismus, die in Worpswede eine künstlerische Heimat fanden.
Bild: Rüdiger Lubricht/Worpsweder Museumsverbund
Elbsandsteingebirge
Die Maler des 18. Jahrhunderts entdeckten als erste das Mittelgebirge südöstlich von Dresden. Sie hielten die bizarren Felsen und tiefe Schluchten, die weiten Ebenen mit ihren gewaltigen Tafelbergen in ihren Werken fest. Ihnen folgte die künstlerische Avantgarde Europas und machte die Sächsische Schweiz endgültig zum Sehnsuchtsort der Romantiker.
Bild: picture-alliance/D. Kalker
Romantische Verklärung
1786 verewigt der Schweizer Adrian Zingg in diesem Bild ein markantes Felsentor im Elbsandsteingebirge. Der Maler war ein Wegbereiter der Dresdner Romantik. In seinen Landschaftsdarstellungen treffen große Detailfreudigkeit und romantische Verklärung aufeinander. Der Ort im Bild heißt Kuhstall und ist heute Teil des Malerwegs, der die Landschaft touristisch erschließt.
Rügen
An der Ostseeküste wuchs einer der bedeutendsten Maler und Zeichner der deutschen Früh-Romantik auf: Caspar David Friedrich. Schon als junger Mann begeisterte er sich für die Landschaft seiner Heimat. Immer wieder zog es den Künstler auf die Insel Rügen mit ihren strahlen weißen Kreidefelsen. Rügen ist die größte deutsche Insel, Teile der Landschaft gehören zum UNESCO-Welterbe.
Bild: picture-alliance/Arco
Idealisierte Natur
Die Steilküste inspiriert Caspar David Friedrich 1818 zu diesem Gemälde. Es zählt heute zu den wichtigsten Werken der deutschen Romantik. Wie viele seiner Zeitgenossen findet Friedrich in der Natur einen Rückzugsort, den er in seinen Bildern idealisiert. Noch immer wird gerätselt, wo genau Friedrich dieses Motive gemalt hat, denn die Erosion verändert die Kreidefelsen permanent.
Bild: gemeinfrei
Das Blaue Land
Berge, Moorlandschaften und Seen - das ist die Region rund um Murnau, die auch das Blaue Land genannt wird. 1908 entdecken Wassily Kandinsky und seine Lebensgefährtin Gabriele Münter diese idyllische Landschaft für sich. Hier gründet Kandinsky die Künstlergruppe "Der Blaue Reiter".
Bild: cc by sa Michael Reuter
Der Blaue Reiter
Mit kräftigen Farben wie in diesem Gemälde von 1909 setzt Kandinsky der bayerischen Landschaft ein Denkmal. In Murnau, das er als "glücklichen Schlupfwinkel" bezeichnet, findet er zu seiner expressionistischen Malweise und beginnt den Weg in die Abstraktion.
Bild: picture-alliance/Heritage Images
Ein Garten am Wannsee
In seinem Sommerhaus am Ufer des Wannsees in Berlin entfloh der Maler Max Liebermann der Hektik der Großstadt. Seinen Garten, der nach seinen Ideen gestaltet wurde, liebte er über alles. Im Obergeschoss der Villa befand sich Liebermanns Atelier. Garten und Villa sind Motive in vielen seiner impressionistischen Werke.
Bild: picture-alliance/dpa/S. Stache
Meister des Lichts
Liebermann gehörte zu den bedeutendsten Vertretern des deutschen Impressionismus. Über 200 Werke sind hier am Wannsee entstanden. Etwa 40 seiner Gemälde werden heute in der Liebermann-Villa gezeigt. Im Mittelpunkt der Ausstellung steht sein Garten im Wechselspiel des Lichts. Seit 2006 ist die Villa der Öffentlichkeit als Museum zugänglich.
Bild: picture-alliance/dpa/akg-images
Norddeutsche Weite
In dem kleinen Ort Seebüll nahe der Grenze zu Dänemark schufen sich Emil Nolde und seine Frau ein privates Refugium mit Wohnhaus, Atelier und großem Garten. Der Garten war Gegenstand und Inspiration für viele von Noldes farbintensiven Aquarellen. Emil Nolde war einer der führenden Maler des Expressionismus.
Bild: picture-alliance/blickwinkel/G. Franz
Expressionistisches Leuchten
Die Bauerngärten mit ihren üppigen Blumenbeeten faszinierten Nolde ebenso wie die Lichtstimmungen über der Marschlandschaft des Nordens. In seinen Aquarellen bringt er das Wesen der Landschaft zum Leuchten. Beim Betrachten glaubt man sich eher in den sonnigen Süden versetzt als in den doch so oft recht grauen Norden.