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15 Jahre nach der NVA

Jörg Taszmann3. Oktober 2005

Am 3. Oktober jährt sich auch die Vereinigung der Armeen der DDR und der BRD. Gegen das Vergessen wollte "Sonnenallee"-Regisseur Leander Haußmann einen lustigen Militärfilm über seine NVA-Zeit drehen. Aufgepasst!

Hauptdarsteller Oliver Bröcker als Genosse Krüger und Kim Frank als Henrik (strammstehend)Bild: dpa

Der einstige Theater-Regie-Star Leander Haußmann versucht sich ein drittes Mal am Kino - nach den beiden Erfolgsstreifen "Sonnenallee" und "Herr Lehmann". Diesmal geht es ihm um die "unattraktivste Armee aller Zeiten", die Nationale Volksarmee der DDR (NVA), bei der Haussmann selber eineinhalb Jahre Lebenszeit verbrachte - oder, wie er selber meint: verschwendete.

Mensch als Musikbox

Irgendwo in der DDR Ende der 1980er-Jahre in der "Fidel Castro Kaserne": Der junge Träumer Henrik Heidler muss zur Nationalen Volksarmee der DDR, der NVA. Sein schicker Hut muss weg und auch sonst stehen dem Softie harte Zeiten bevor. Zunächst muss er einem anderen Rekruten die Lockenmähne abschneiden, denn die Vorgesetzten heißen Oberst Kalt, Hauptmann Stummel oder Futterknecht und sind dumm und brutal. Aber auch unter den Soldaten herrschen raue Sitten und eine knallharte Hierarchie. Da gibt es beispielsweise die berüchtigte Musikbox. Dafür wird ein Soldat in einen Schrank gesperrt und muss singen.

Original - kein Kinofilm: Die Besatzung eines Schwimmpanzers bei der Aufklärung des Geländes, aufgenommen im März 1980.Bild: dpa

Um dem harten Kasernenalltag und der totalen Männergesellschaft zu entfliehen, flüchten sich die Männer in mehr oder weniger erotische Träumereien, denn Urlaub bekommt man so schnell nicht. Hendrik hat für diesen Fall seine Eva und er schreibt ihr sehnsüchtig Liebesbriefe. "Liebe, liebste Eva. Es ist jetzt gleich 22 Uhr und ich betrachte dein Foto … Willst du Salami? Bier? Und zähle die Tage bis wir uns wiedersehen. Sicherlich werden wir bald Urlaub haben, aber auf jeden Fall ist in vier Wochen Vereidigung und dann kannst du mich hier besuchen. Bis dahin kann ich dir nur schreiben, wie lieb ich dich hab und hoffe auf einen Brief von dir, indem du mir schreibst, wie lieb du mich hast. Dein Henrik, der dich sehr lieb hat."

Welche Musik außer Ufftataa?

Mit einer gewöhnungsbedürftigen Mischung aus großer Naivität und derber Klamotte versucht sich Leander Haußmann einmal mehr nach "Sonnenallee" an einem filmischen Porträt der DDR. Geholfen hat ihm beim Drehbuch Thomas Brussig, und beide lassen kaum ein Klischee aus. Ein regimetreue Streber steht dem kritischen Theologen gegenüber, ein Dicker darf gutmütig aber ein bißchen dumm sein und alle Offiziere sind verblendete Idioten.

Nur die Musik im Film ist stramm amerikanisch. Leander Haußmann weiß warum: "Noch nie habe ich es so schwer gehabt mit Musik in einem Film. Da bietet sich natürlich Militärmusik an, was den Film sofort langweilig gemacht hätte. Man kennt ja die Märsche und gerade wenn es um eine Militärpersiflage geht, benutzt man gern dieses Ufftataa, Ufftataa, Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten, Gert Fröbe und Ufftataa, Ufftataa, das müssen wir Deutsche ja nicht sehen, das wissen wir ja."

Regisseur Leander Haußmann, aufgenommen am 23.9.2005Bild: dpa

Leider macht es sich Regisseur Leander Haußmann zu leicht. Sein DDR-Bild bleibt irgendwo hinter spaßiger Ostalgie und tumber Harmlosigkeit stecken. Er suggeriert, dass niemand wirklich an diesen Staat und seine Armee geglaubt hat und kann sich nur nicht entscheiden, ob er nur harmlos unterhalten oder hier und da auch ein wenig weh tun mag. Was aber wollte er wirklich? "Es ist eine romantische Komödie, im Set eines Militärfilms. Aber ich würde es eher als romantische Komödie bezeichnen", sagt Haußmann.

Dorfdisko-Niveau?

So reihen sich die Abenteuer des braven Soldaten Henrik Heidler nett aneinander. Es gibt stupide Manöver und langweilige Weihnachten mit hundertprozentigen, phrasendreschenden Genossen und folgendem Kampfsaufen. Und da ist noch Krüger, ein Aufsässiger, der Erfolg bei den Frauen hat, sich absetzt und in der Dorfdisko Spaß hat. Aber Krüger wird erwischt. An ihm wollen die Parteibonzen ein Exempel statuieren. Er kommt in die Strafkolonie nach Schwedt und als er zurückkehrt, scheint er gebrochen. Aber auch hier kneift der Regisseur und lässt das, was Krüger wirklich widerfahren ist, im Dunkeln. Nichts soll wirklich das Happyend trüben mit Mauerfall, Massendesertation, Wendehälsen und einem genesenen Krüger.

Und so verspricht "NVA" von Leander Haußmann laufend mehr, als der Film einlösen kann, auch wenn es hier und da hübsch inszenierte Momente gibt. Vor allem wenn Haußmann Liebesgeschichten erzählt, hat er ein gutes Händchen und Jasmin Schwiers als die neue Flamme von Hendrik spielt charmant. Auch die Nebenrollen sind mit Haußmann-Stars wie Detlev Buck, Katharina Thalbach oder Ignaz Kirchner gut besetzt. Nur Kim Frank, der Ex-Sänger der Band "Echt", kann leider gar nicht überzeugen. Auch deshalb bleibt von "NVA" nicht mehr als nur Stückwerk. Und das ist für einen deutschen Autorenfilm, der Anspruch und Unterhaltung vereinen möchte, einfach zu wenig.

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