Obwohl er dem Leben auf dem Land den Rücken kehrte, waren es Landschaftsbilder, die Emil Nolde weltberühmt machten. Der Expressionist, geboren am 7. August 1867, sah die Welt in radikalen Farben. Zu modern für die Nazis.
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Das magische Kaleidoskop des Emil Nolde
Vor 150 Jahren geboren, wurde der Maler durch seinen rigorosen Einsatz von Farben berühmt. Die Nazis verbannten die Arbeiten des deutschen Expressionisten. Die Bedeutung seines Vermächtnisses konnte das nicht schmälern
Bild: Nolde Stiftung Seebüll
Der missverstandene Künstler
Der deutsche Maler Emil Nolde (1867-1956) gilt als eine der zentralen Figuren der europäischen Avantgarde. Sein expressiver Stil und seine gewagte Verwendung von Farben mit Einflüssen des Impressionismus, wie hier zu sehen im Gemälde "Hohe See" von 1948, verstand die Kunstwelt nicht sofort. Die Akademie der Bildenden Künste in München lehnte Noldes Bewerbung 1898 sogar ab.
Bild: Nolde Stiftung Seebüll
Die Kluft überbrücken
Kurz darauf ist Noldes Talent wahrgenommen worden: 1906 lud ihn eine Gruppe junger Expressionisten ein, ihr beizutreten. "Die Brücke" hatte sich ein Jahr zuvor in Dresden gegründet. Nolde nahm an zwei Wanderausstellungen der Gruppe teil, zog sich aber bald darauf zurück und verließ das Kollektiv im darauf folgenden Jahr. Hier zu sehen ist das Ölgemälde "Brücke" von 1910.
Bild: Nolde Stiftung Seebüll
Das Auge muss wandern
Nolde war ein Einzelgänger und reiste leidenschaftlich. Viele seiner bekannten Bilder tragen Einflüsse seiner Ausflüge in die Natur. Seine pittoresken Berglandschaften stammen von zahlreichen Wanderungen durch Europa, während einige seiner Aquarelle von Reisen nach Afrika, in den Südpazifik, Russland und China geprägt sind. Dieses Stillleben mit einer gestreiften Ziege stammt von 1920.
Bild: Nolde Stiftung Seebüll
Der deutsche van Gogh
Kunst entsteht nicht in einem Vakuum, und selbst Nolde suchte bei anderen Künstlern nach Inspiration. Besonders interessiert war er am Werk des niederländischen Malers Vincent van Gogh (1853-1890) und dessen Blumenbildern. Da Bilder mit Blumen einen großen Anteil am Gesamtwerk Noldes einnehmen, so wie der "Große Mohn", stellen sie seine spannenderen Werke und Porträts häufig in den Schatten.
Bild: Nolde Stiftung Seebüll
Die wertvollen Blumen
Nolde hinterließ der Kunstwelt ein reiches Vermächtnis. Sein Portfolio umfasst mehr als 500 Arbeiten, die heute einen außergewöhnlichen Wert haben. 2012 verkaufte das Londoner Auktionshaus Sotheby’s das Gemälde "Blumengarten" von 1908 für mehr als drei Millionen US-Dollar.
Bild: Wikipedia/Gemeinfrei
Der Meister der Farben
Sein beeindruckender Einsatz von Farben machte Nolde zu Lebzeiten berühmt. "Es gibt Silberblau, Himmelblau und Donnerblau. Jede Farbe beherbergt ihre Seele, die mich glücklich macht oder abstößt - und die als Anreiz wirkt", sagte Nolde einmal. Hier zu sehen ist seine "Gesellschaft" von 1911.
Bild: Nolde Stiftung Seebüll
Die verfemte Kunst
Im Nazionalsozialismus wurden Noldes Werke beschlagnahmt und als "entartet" gebrandmarkt - obwohl Nolde ein Unterstützer des Regimes war. Die Nazis verbannten Kunst, die als zu modern oder experimentell galt. Einige Arbeiten, wie diese "Kerzentänzerinnen" von 1912, wurden zudem als zu erotisch gesehen. Während des Kriegs malte Nolde privat Aquarelle, die er als "ungemalte Bilder" bezeichnete.
Bild: Nolde Stiftung Seebüll
Die weltweite Anerkennung
Nolde erhielt in den 1950er Jahren zahlreiche Auszeichnungen in der Bundesrepublik. Heute können Werke wie "Schwüler Abend" (1930) im Museum der Nolde-Stiftung in Seebüll bewundert werden, wo der Künstler starb. Zahlreiche seiner Bilder sind aber auch in Galerien und Museen rund um die Welt zu sehen, darunter in Ausstellungen im MoMa in New York, dem Kunstmuseum Basel oder der Albertina in Wien.
Bild: Nolde Stiftung Seebüll
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"Jede Farbe hat ihre eigene Seele", sagte Emil Nolde, einer der berühmtesten deutschen Expressionisten überhaupt. Diese Vorstellung lebt auch in seinen Werken.
Seine Farben beeindrucken bis heute. Ob er nun blutrote Blumen und Himmel malte, Seen und Berge in himmelblau, oder knallorangene Felder vor einem magentafarbenen Hintergrund - sein Werk liest sich als eine intensive Erkundung von Farbnuancen und Stimmungen.
Sein Leben war zweifellos mindestens genauso farbenreich. 1867 wurde er als Emil Hansen in einer Bauernfamilie in Nolde geboren. Was heute Buhrkall in Dänemark ist, gehörte damals noch zu Preußen. An einem Leben als Landwirt war er nicht interessiert - auch wenn er im hohen Alter eher zurückgezogen lebte und seine Werke zum großen Teil ländliche Themen zeigten.
Nach seiner Schreiner- und Holzschnitzerlehre arbeitete Emil Nolde unter anderem in Möbelfabriken. Nach ein paar Jahren wollte er dann Kunst in München studieren. Die dortige Akademie lehnte ihn allerdings ab. In Dachau und Paris hatte er anschließend mehr Erfolg - dort wurde sein Talent anerkannt.
1906 trat er der deutschen Künstler-Gruppe "Die Brücke" bei. Das expressionistische Kollektiv wurde 1905 von den Architekturstudenten Fritz Bleyl, Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner und Karl Schmidt-Rottluff in Dresden gegründet. Es setzte auf rohe Zeichnungen, radikale Farben und komplette Abstraktion.
Nur ein Jahr später verließ Nolde die Gruppe- als Kunstschaffender brauchte er Isolation.
Als Hitler-Sympathisant vom Naziregime verstoßen
Obwohl Nolde der Meinung war, dass Kunst über Religion und Rasse steht, war er ein glühender Sympathisant Hitlers und des nationalsozialistischen Gedankenguts.
Auch wenn prominente Nazis wie Joseph Goebbels oder Fritz Hippler Noldes Kunstwerke schätzten, half ihm das letztendlich nicht. Die Nationalsozialisten klassifizierten seine Kunst als "entartet" ein. Über eintausend Werke Noldes wurden beschlagnahmt und 48 davon in der Feme-Ausstellung "Entartete Kunst" in München gezeigt. Außerdem wurde ihm bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs untersagt, seinen Beruf weiter auszuüben. So erging es auch vielen anderen Expressionisten - ihre Werke waren einfach zu modern für die monumental-klassizistische Staatskunst der Nazis.
Vor seinem Tod im Jahr 1956 wurde Nolde rehabilitiert und 1952 mit dem deutschen Orden "Pour le Mérite" ausgezeichnet.