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Politik

16 Festnahmen in Beirut

7. August 2020

Nach der verheerenden Explosion im Hafen der libanesischen Hauptstadt ist der Druck auf die Regierung groß. Diese verspricht schnelle Antworten. 16 Hafenmitarbeiter wurden schon einmal festgenommen.

Ein vollkommen zerstörtes Hochhaus und ein Frachter im Hafen von Beirut
Das Hochhaus nahe dem Hafen wurde vollkommen zerstört Bild: picture-alliance/Xinhua/B. Jawich

Zwei Tage nach der Explosionskatastrophe von Beirut sind 16 Mitarbeiter des Hafens der Mittelmeer-Metropole festgenommen worden. Wie Militärstaatsanwalt Fadi Akiki weiter bekannt gab, handelt es sich bei ihnen vor allem um Beschäftigte der Hafenverwaltung und der Zollbehörde. In Gewahrsam genommen wurden nach seinen Worten auch Verantwortliche für Wartungsarbeiten sowie Männer, die an Bauarbeiten am explodierten Hangar Nr. 12 beteiligt waren.

Der Ort der Explosion - ein Industriegebiet am Hafen im Norden der libanesischen Hauptstadt - bleibt laut Akiki bis zum Abschluss der Ermittlungen geschlossen. Zuvor waren bereits mehrere Verantwortliche des Hafens unter Hausarrest gestellt worden. Sie sollen in den vergangenen Jahren für die Lagerung und Bewachung der 2750 Tonnen Ammoniumnitrat zuständig gewesen sein, die nach Regierungsangaben am Dienstag detoniert waren.

Rettungshelfer machen eine kurze Pause Bild: picture-alliance/dpa/M. Grigoryev

Die libanesische Regierung steht schwer unter Erfolgsdruck und versprach eine rasche Klärung der Hintergründe der Katastrophe. Eine eingesetzte Untersuchungskommission habe "maximal vier Tage Zeit, einen detaillierten Bericht zu den Veranwortlichkeiten vorzulegen", hieß es.

Viele Libanesen haben das Vertrauen in die herrschende politische Klasse verloren und fordern internationale Ermittlungen. Dem schlossen sich etwa der frühere Regierungschef Saad Hariri, drei andere ehemalige Ministerpräsidenten und der führende drusische Politiker Walid Dschumblatt an. Nach ihrer Auffassung müssten die Vereinten Nationen oder die Arabische Liga einen Ermittlungsausschuss aus unabhängigen Experten bilden. Das hatten auch Menschenrechtsorganisationen gefordert.

Eine Anwohnerin vor den Trümmern ihres Hauses im Stadtviertel Achrafieh Bild: picture-alliance/dpa/M. Naamani

Maas befürchtet weitere Destabilisierung 

Der deutsche Außenminister Heiko Maas warnte angesichts der derzeitigen Lage vor einer weiteren Destabilisierung des Libanon. Es gebe in dem Land bereits nichtstaatliche, aus dem Ausland finanzierte Akteure wie die schiitische Hisbollah, die ein entstehendes Vakuum nutzen könnten, sagte Maas der "Saarbrücker Zeitung". Erste Überlegungen für eine zeitnahe internationale Geberkonferenz seien daher sinnvoll.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verlangte bei einem Besuch in Beirut mit deutlichen Worten Maßnahmen gegen die ausufernde Korruption im Land. Die "politische, moralische, wirtschaftliche und finanzielle Krise" müsse mit "extrem schnellen Reaktionen" bewältigt werden. Der Libanon war früher Teil des französischen Mandatsgebiets im Nahen Osten, die beiden Länder sind immer noch eng verbunden.

Neun Millionen Dollar UN-Soforthilfe

Um die unmittelbare Not in Beirut zu mindern, stellen die Vereinten Nationen (UN) mindestens neun Millionen Dollar (7,6 Millionen Euro) an Soforthilfe bereit. Unter anderem sollten Krankenhäuser bei der Ausstattung für Intensivstationen und bei Medikamenten finanziell unterstützt werden, erläuterte ein Sprecher in New York. Die UN planen zudem einen Sonderaufruf zur Finanzierung weiterer Hilfe. Die Weltgesundheitsorganisation brachte 20 Tonnen Hilfsgüter ins Land, um Hunderte Menschen mit Brand- und anderen Verletzungen zu versorgen. Die internationale Solidarität ist groß. Aus zahlreichen Ländern trafen Helfer, medizinische Ausrüstung und logistisches Gerät in Beirut ein. Die Bundeswehr begann einen größer angelegten Hilfseinsatz.

Anwohner verladen ihre aus Trümmern geretteten Habseligkeiten auf einen Lastwagen Bild: picture-alliance/dpa/M. Naamani

In den Trümmern suchen Armeesoldaten, Mitarbeiter des Roten Kreuzes und Freiwillige weiter nach Überlebenden. Noch immer werden laut dem Roten Kreuz etwa 100 Menschen vermisst. Die Zahl der Toten stieg nach Angaben des Gesundheitsministeriums auf 149. Etwa 5000 Menschen wurden verletzt. 

"Hängt sie an den Galgen"

In der Nacht kam es zu Konfrontationen zwischen Sicherheitskräften und über die Explosionskatastrophe aufgebrachten Demonstranten. In einer durch die Detonationen verwüsteten Straße nahe des libanesischen Parlaments setzten die Sicherheitskräfte Tränengas gegen Demonstranten ein. Diese hätten Steine auf die Einsatzkräfte geworfen und Geschäfte beschädigt, meldete die staatliche Nachrichtenagentur NNA. Einige Demonstranten seien bei dem Einsatz der Sicherheitskräfte verletzt worden.

Laut einem Bericht der Zeitung "Naharnet" riefen Aktivisten für Samstag zu einer Großdemonstration gegen die Regierung unter dem Titel "Hängt sie an den Galgen" auf. 

se/al (afp, dpa, rtr, ap. kna)

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