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1994: Siegermächte des Zweiten Weltkriegs verlassen Berlin

7. September 2024

Vor 30 Jahren endete die Präsenz der Soldaten aus den USA, Großbritannien, Frankreich und der Sowjetunion. Sie haben im Stadtbild viele Spuren hinterlassen.

Militär-Parade zum Abzug der alliierten Truppen aus Berlin: Soldaten aus den USA, Großbritannien und Frankreich marschieren im Gleichschritt an tausenden Schaulustigen vorbei und passieren dabei auch die Fahnenmasten mit den Flaggen ihrer Länder.
Mit einer gemeinsamen Militär-Parade verabschiedeten sich die West-Alliierten USA, Großbritannien und Frankreich aus BerlinBild: Wolfgang Kumm/dpa/picture-alliance

Fast 50 Jahre waren die Truppen der Anti-Hitler-Koalition in Deutschland stationiert. Alles beginnt am 8. Mai 1945: Das Deutsche Reich kapituliert bedingungslos. Damit endet nach sechs Jahren der von den Nationalsozialisten ausgelöste Zweite Weltkrieg, dem mindestens 60 Millionen Menschen zum Opfer fallen. Deutschland wird von den Siegermächten in vier Besatzungszonen aufgeteilt.

Die USA, Großbritannien und Frankreich übernehmen je eine Besatzungszone im Westen, die Sowjetunion den Osten. Daraus entstehen 1949 die Bundesrepublik Deutschland (BRD) und die Deutsche Demokratische Republik (DDR), die ihrem Namen zum Trotz eine kommunistische Diktatur ist.

Berlin wird in vier Sektoren aufgeteilt

Was im Großen für das ganze Land gilt, spiegelt sich im Kleinen in der einstigen Reichshauptstadt Berlin wider: Auch hier teilen sich die Alliierten das Gebiet in vier sogenannte Sektoren auf. Schon zu diesem Zeitpunkt wachsen allerdings die Spannungen zwischen den Siegermächten.

Aus dem militärischen Zweckbündnis entwickeln sich zwei feindliche Lager: die demokratischen West-Alliierten auf der einen Seite, die kommunistische Sowjetunion auf der anderen. Berlin bekommt die Spannungen besonders zu spüren. Im Juni 1948 beginnt die Blockade der westlichen Sektoren durch die Sowjets. Sie wollen damit die ganze Stadt unter ihre Kontrolle bringen.

Eine Luftbrücke zur Rettung West-Berlins

Die USA, Großbritannien und Frankreich antworten mit der legendären Luftbrücke. Damit die 2,2 Millionen Menschen in ihren Sektoren überleben können, starten und landen bis zum Ende der Blockade im Mai 1949 rund um die Uhr Flugzeuge mit allen notwendigen Hilfsgütern: Lebensmitteln, Medikamenten, Benzin, Kohle.

Bei Flugzeug-Abstürzen und anderen Unfällen sterben rund 100 Menschen. An die Opfer erinnert heute das Luftbrücken-Denkmal am Flughafen Tempelhof, wo während der Blockade im Minutentakt ankommende Maschinen entladen werden. Die Geschichte dieser logistischen Meisterleistung ist als Teil der Dauerausstellung im Alliierten-Museum im ehemaligen Amerikanischen Sektor zu sehen.

Das Luftbrücken-Denkmal vor dem stillgelegten Flughafen Tempelhof erinnert an die Opfer der sowjetischen Blockade West-Berlins Bild: Georg Wenzel/dpa/picture alliance

Ein Soldatenkino wird zum Alliierten-Museum

Auch der Ort selbst ist historisch und erinnert an die jahrzehntelange Präsenz der Alliierten: Hier befand sich unter anderem das US-Soldatenkino "Outpost". Und die Straße, an der das Museum liegt, ist nach dem Organisator der Luftbrücke benannt: US-General Lucius D. Clay.

Weltberühmt ist der frühere innerstädtische Grenzübergang Checkpoint Charlie, der nach dem Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 errichtet wird. Hier können damals Militärangehörige der Alliierten und Diplomaten unkontrolliert von West nach Ost fahren oder umgekehrt.

Touristen-Magnet: die Kontrollbaracke am Checkpoint Charlie

Schon wenige Monate nach der endgültigen Teilung Berlins durch den Mauerbau kommt es an diesem Ort zu einer spektakulären Konfrontation amerikanischer und sowjetischer Panzer. Heute ist der Checkpoint Charlie für Touristen aus aller Welt eine beliebte Sehenswürdigkeit. Viele lassen sich vor dem Nachbau der einstigen Kontrollbaracke fotografieren. Das Original steht im Alliierten-Museum.

Die nachgebaute Kontrollbaracke am Checkpoint Charlie im früheren Amerikanischen Sektor Berlins Bild: Marc Vormerk/picture alliance / SULUPRESS.DE

Apropos Panzer: Davon gibt es noch einige in Berlin. Unter anderem vor dem Museum Berlin-Karlshorst im einstigen Sowjetischen Sektor. Im Mittelpunkt der Dauerausstellung steht der sogenannte Kapitulationssaal, in dem am 8. Mai 1945 das Ende des Zweiten Weltkriegs besiegelt wurde.

Panzer und Gräber neben dem Brandenburger Tor

Auch das Sowjetische Ehrenmal neben dem Brandenburger Tor ist von Panzern flankiert. Der Gedenkort ist zugleich die letzte Ruhestätte für mindestens 2000 gefallene Soldaten der Roten Armee, die in der Schlacht um Berlin 1945 ums Leben gekommen sind.

Zwei Panzer aus der Schlacht um Berlin 1945 stehen vor dem Sowjetischen Ehrenmal in Sichtweite des Brandenburger Tors Bild: Carsten Koall/dpa/picture alliance

An die jahrzehntelange Präsenz der Alliierten erinnert auch der Flugplatz Gatow im ehemaligen Britischen Sektor. Bis zum endgültigen Abzug am 8. September 1994 war hier die Royal Air Force stationiert. Heute befindet sich an dem denkmalgeschützten Standort das Militärhistorische Museum der Bundeswehr.

In Tempelhof und Tegel landen keine Flugzeuge mehr

Der Flugbetrieb ist in Gatow schon lange stillgelegt. Das gilt ebenso für die früher sowohl militärisch als auch zivil genutzten Flughäfen im Amerikanischen und Französischen Sektor: Tempelhof und Tegel. An beiden Standorten kann man sich aber über die wechselvolle Geschichte der Alliierten informieren.

Ein Hauch Paris in Berlin: die Nachbildung des Eiffelturms vor dem Centre Français im ehemaligen Französischen SektorBild: Soeren Stache/dpa/picture-alliance

Ein ganz besonderer Hingucker soll im November wieder zu sehen sein: der aus Holz gebaute Miniatur-Eiffelturm vor dem Centre Français de Berlin im Ortsteil Wedding. Die 13 Meter hohe Nachbildung des berühmten Pariser Wahrzeichens war einsturzgefährdet. In dem 1961 eröffneten Kulturzentrum dreht sich auch nach dem Abzug der Alliierten alles um die deutsch-französische Freundschaft.

Straßennamen erinnern an die Vergangenheit

30 Jahre sind vergangen, seit die letzten Soldaten der Siegermächte des Zweiten Weltkriegs Berlin verlassen haben. Ihre Kasernen werden heute teilweise von der Bundeswehr genutzt. Sichtbar ist das Erbe der Alliierten vor allem an den historischen Hotspots. Man kann aber auch andere, vor allem für Ortsunkundige überraschende Spuren finden. Dazu gehört die Cité Foch im Bezirk Reinickendorf. Hier lebt die Vergangenheit sogar in den Straßennamen weiter: Avenue Charles de Gaulle, Place Molière, Rue Montesquieu.      

Marcel Fürstenau Autor und Reporter für Politik & Zeitgeschichte - Schwerpunkt: Deutschland