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20 Jahre im Dienst der Arktis

Interview: Irene Quaile-Kersken / bo19. September 2016

Der Arktische Rat feiert seinen 20. Geburtstag. Zeit, herauszufinden, was sich in den zwei Jahrzehnten getan hat - und ob die Zusammenarbeit immer reibungslos läuft. Wir fragen Julia Gourley vom Arktischen Rat.

Arctic Council Delegation formt eine große 20 Foto: Arctic Council Secretariat / Linnea Nordström
Bild: Arctic Council Secretariat/Linnea Nordström

DW: Frau Gourley, seit 2005 sind Sie als führende Diplomatin des US-Außenministeriums für die Arktis zuständig und leiten im Arktischen Rat die USA-Vertretung. Warum benötigen wir eigentlich einen Arktischen Rat?

Gourley: Die Arktis ist der Teil der Welt, der unter den rasant zunehmenden negativen Auswirkungen des Klimawandels besonders stark leidet. Im Arktischen Rat sprechen daher die Länder über Angelegenheiten, die uns alle betreffen.

Er ist ein wichtiges zwischenstaatliches Forum. Nur die acht arktischen Staaten, die Hoheitsgebiete oberhalb des Nördlichen Polarkreises haben, dürfen Mitglied sein.

Wie haben sich der Arktische Rat und seine Aufgaben in den letzten 20 Jahren verändert?

In den Anfangstagen haben sich die arktischen Staaten fast ausschließlich mit Umweltschutz und wissenschaftlichen Fragen beschäftigt. Heute verbringen wir mehr Zeit als früher mit Problemen der nachhaltigen Entwicklung - das betrifft die Menschen, die in der Arktis leben, vor allem die indigenen Völker.

Julia Gourley, US-Delegation im Arktischen RatBild: Arctic Council

Der Klimawandel bringt mit sich, dass heutzutage die menschliche Aktivität in der Arktis viel höher ist als vor 20 Jahren: Es fahren mehr Kreuzfahrtschiffe, die Offshore-Öl- und -Gas-Entwicklung hat zugenommen. Zwar gibt es bisher noch keine kommerziellen Fischerboote - aber möglicherweise in Zukunft, wenn die Ozeane wärmer werden.

Vermutlich haben der Klimawandel und die Erwärmung der Ozeane mehr Arbeit für Ihre Organisation mit sich gebracht?

In der Tat. Das weltweite Interesse an der Arktis ist jetzt größer, daher auch das Interesse am Arktischen Rat. Wir haben jetzt 32 Beobachterparteien, von denen sind 12 einzelne Länder. Noch viele weitere Länder stehen Schlange, um bei uns Beobachterstatus zu erlangen.

Wie reagieren Sie auf dieses neue Interesse an der Arktis, besonders von Ländern wie dem Big Player China?

Jeder arktischer Staat hat dazu seine eigenen Ansichten, ich kann nur für die USA sprechen. Wir heißen dieses Interesse willkommen. Es gibt noch eine Menge darüber zu lernen, wie die Arktis den Rest der Welt beeinflusst - und je mehr Länder an dieser Diskussion teilnehmen und davon lernen, desto besser.

Dänemark, Finnland, Island, Kanada, Norwegen, Russland, Schweden und die USA sind Mitglieder des Arktischen Rates.Bild: Arctic Council

Wer hat im Endeffekt das Sagen, wenn es um die Schifffahrt oder den Abbau von Ressourcen in der Arktis geht?

Das hängt von dem Thema ab. Der Arktische Rat selbst ist keine Aufsichtsbehörde. Für die Schiffahrt ist die Internationale Seeschifffahrts-Organisation der Vereinten Nationen zuständig. Die arktischen Staaten selbst besitzen ihre eigenen behördlichen Verwaltungsorgane für Bergbau, Fischerei und Schifffahrt in ihren Offshore-Gebieten.

Wird die Arbeit des Arktischen Rates durch Spannungen beeinflusst, die es zwischen den Mitgliedsstaaten gibt, etwa zwischen Russland und der USA?

Glücklicherweise nicht sehr. Die Spannungen in anderen Teilen der Welt haben die Arbeit des Arktischen Rates bisher nicht beeinträchtigt. Wir haben uns einen Freiraum geschaffen, in dem wir gemeinschaftlich miteinander arbeiten können. Die Arktis ist ein ungewöhnlich ruhiger Teil der Welt, er ist sehr friedlich.

Die Präsidentschaft des Arktischen Rates rotiert zwischen den Mitgliedsstaaten. Derzeit hat die USA den Vorsitz. Wie stark beeinflussen die Interessen und politischen Agenden des vorsitzenden Landes das, was im Arktischen Rat passiert?

Ein bisschen. Es gibt ein breites Arbeitsprogramm, das einfach immer weiter läuft, unabhängig davon, wer den Vorsitz hat. Aber die anderen sieben Mitgliedsländer geben dem Vorsitz auch den Freiraum, die Agenda zu gestalten und eigene Initiativen einzubringen. Wir haben das getan, die Kanadier vor uns haben das getan, und wir erwarten, dass Finnland demnächst dasselbe tun wird.

Was sind die Höhepunkte der bisherigen US-Präsidentschaft im Arktischen Rat?

Die acht arktischen Staaten haben sich vor kurzem auf eine legal bindende Vereinbarung zu Wissenschaftskooperationen geeinigt. Wir hoffen, dass sie bei unserem nächsten Ministerialtreffen im Mai fertig für die Unterzeichnung ist.

Auch haben wir erstmals Richtlinien zur Sicherheit von unbemannten Flugzeugsystemen zu Forschungszwecken erarbeitet. Es ist eine ziemlich neue Technik in der Wissenschaft und einige der Arbeitsgruppen des Arktischen Rates haben sie bereits eingesetzt.

Eisschmelze in der Arktis: Fischer wittern gutes Geschäft

01:19

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Wenn es darum geht, einen Mittelweg zu finden zwischen dem Erhalten der Arktis einerseits und den kommerziellen und industriellen Aktivitäten andererseits - kommt es da nicht auch mal zu Reibereien?

Ja, das ist ein wirkliches Spannungsfeld. Dieses Kapitel der Arktisgeschichte ist noch im Entstehen. Jeder arktische Staat behandelt diese Fragen in seinem eigenen Gewässern anders, die Regelwerke sind in jedem Land leicht anders.

Das Thema betrifft vor allem viele arktische indigene Völker, die zwar weiterhin nach ihren Traditionen leben wollen, aber realisieren, dass das moderne Leben in ihre Welt einzieht. In einigen Fällen ist wirtschaftliches Wachstum sogar nötig, um Arbeitsplätze zu schaffen und die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern.

Wenn Sie in die Zukunft blicken, sind Sie dann eher optimistisch oder eher besorgt, was mit der Arktis in einer wärmer werdenden Welt passieren wird?

Ich bin in gewisser Hinsicht optimistisch. Natürlich ist die Eisschmelze in der Arktis ein potenziell riesiges Problem für unsere Erde - die Wissenschaftler sind sich darüber recht einig. Aber solange wir Länder haben, die zusammenarbeiten und den Dialog am Leben erhalten, haben wir auch Grund, optimistisch zu sein.

Das Interview führte Irene Quaile-Kersken.

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