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Politik

Heiß, heißer, 2018

29. November 2018

In den Wetteraufzeichnungen erhält das Jahr 2018 einen besonderen Platz. Derweil zeigt eine Studie, dass der Klimwandel längst eine Gesundheitsgefahr ist. Doch international bröckelt die Front der Klimaschützer weiter.

Das Strandbad Wannsee in Berlin Anfang Juni
Das Strandbad Wannsee in Berlin Anfang JuniBild: picture alliance/dpa/R. Hirschberger

Das ablaufende Jahr wird voraussichtlich als das viertheißeste Jahr in den Wetteraufzeichnungen vermerkt werden. Dies ist ein Befund im vorläufigen Bericht zum Stand des Klimas im Jahr 2018, den die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) in Genf vorlegte. 

WMO-Generalsekretär Petteri Taalas warnte, die Welt sei im Kampf gegen den Klimawandel und steigende Temperaturen nicht auf dem richtigen Weg. Wenn der gegenwärtige Trend anhalte, drohe die globale Durchschnittstemperatur bis zum Ende des Jahrhunderts um drei bis fünf Grad zu steigen. Taalas wies darauf hin, "dass wir die erste Generation sind, die den Klimawandel vollauf versteht, und die letzte Generation, die in der Lage ist, etwas dagegen zu tun".

Der WMO-Bericht verweist auch auf eine Vielzahl von Wetterextremen im ablaufenden Jahr. So habe es in der gesamten Nordhalbkugel 2018 deutlich mehr Tropenstürme gegeben als üblich. Bis zum 20. November wurden demnach 70 solcher Unwetter gemeldet, der langfristige Mittelwert liegt bei 53. Auch auf die ungewöhnlich ausgeprägte Hitzewelle dieses Sommer sin Europa verwies die WMO. Von der Trockenheit seien insbesondere Deutschland und seine Nachbarländer betroffen gewesen.

Gesundheitsgefahren      

Der Klimawandel bedroht zudem die Gesundheit von immer mehr Menschen. Das berichten etliche wissenschaftliche Institutionen im medizinischen Fachmagazin "The Lancet". Demnach waren im vergangenen Jahr 18 Millionen mehr gefährdete Personen Hitzewellen ausgesetzt als 2016. Im Vergleich zum Jahr 2000 waren es sogar 157 Millionen mehr. 

Als hitzegefährdet gelten in diesem Zusammenhang Menschen, die über 65 Jahre alt sind, in Städten leben oder an Diabetes, einer Herz-Kreislauf-Erkrankung oder chronischen Atemwegsproblemen leiden. 

Dem Klimawandel sind den Autoren zufolge auch deshalb besonders viele Menschen stark ausgesetzt, weil die Temperaturen in dichter besiedelten Regionen besonders stark steigen: um 0,8 Grad Celsius von 1986 bis 2017. Im gleichen Zeitraum stieg die weltweite Durchschnittstemperatur lediglich um 0,3 Grad Celsius. Die Forscher erwarten auch eine Ausbreitung tropischer Krankheiten. 

Kohlekraftwerk in Schwarze Pumpe in BrandenburgBild: imago/photothek

Die Hitze geht oft einher mit der Luftverschmutzung in den Städten. 97 Prozent der untersuchten Städte in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommensniveau erfüllen die Luftqualitätsrichtlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nicht. 

Die Erwärmung führt auch dazu, dass immer mehr Arbeitsstunden hitzebedingt ausfallen. 2017 waren es 153 Milliarden Stunden weltweit, 62 Milliarden mehr als im Jahr 2000. Hinzu kommen weitere ökonomische Verluste: Im vergangenen Jahr führten 712 extreme Wetterereignisse zu einem globalen Verlust von 326 Milliarden US-Dollar (rund 288 Millionen Euro), fast das Dreifache der Summe von 2016. 

"Die heutigen Veränderungen der Hitzewellen und des Arbeitsvermögens warnen frühzeitig vor den verstärkten und überwältigenden Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit, die zu erwarten sind, wenn die Temperaturen weiter steigen", wird Hilary Graham von der englischen University of York in einer "Lancet"-Mitteilung zitiert.

Lichtblicke

Doch es gebe auch Lichtblicke, schreiben die Autoren. So sei der weltweite Kohleverbrauch seit 2013 gesunken. Die Leistung der 2017 errichteten Kraftwerke teilt sich in 157 Gigawatt aus erneuerbaren Energien und 70 Gigawatt aus fossilen Brennstoffen auf. "Aufregende Trends in Schlüsselbereichen für die Gesundheit, darunter der Ausstieg aus Kohle, der Einsatz gesünderer, sauberer Verkehrsträger und die Anpassung des Gesundheitssystems, rechtfertigen einen vorsichtigen Optimismus", schreiben die Forscher. 

Für das Projekt "The Lancet Countdown: Tracking Progress on Health and Climate Change" haben sich unter anderem die Vereinten Nationen und 27 führende Forschungseinrichtungen zusammengetan. Das Projekt beruht auf dem Fachwissen von Klimawissenschaftlern, Medizinern, Ökologen, Mathematikern, Geografen, Ingenieuren, Energie-, Lebensmittel-, Vieh- und Verkehrsexperten, Ökonomen, Sozial- und Politikwissenschaftlern sowie Angehörigen von Gesundheitsbehörden. 

Kampf um das Klima

Die neuen Befunde wurden drei Tage vor Beginn der 24. UN-Klimakonferenz im polnischen Kattowitz vorgelegt. Dort beraten ab Sonntag Vertreter aus rund 200 Ländern, wie die Ziele des Pariser Klimaabkommens konkret umgesetzt werden sollen.

Die Erderwärmung soll dem Abkommen zufolge deutlich unter zwei Grad gehalten werden, möglichst aber unter 1,5 Grad. Der IPCC hatte daher Anfang Oktober in seinem Sonderbericht zum 1,5-Grad-Ziel "schnelle, weitreichende und beispiellose Änderungen in allen gesellschaftlichen Bereichen" gefordert.

Brasilien schert aus

Noch ungewiss ist, wie sich Brasilien verhält, dessen designierter ultrarechter Präsident Jair Bolsonaro ein erklärter Klimaschutz-Gegner ist. Im Vorfeld zog das Land seine Einladung zurück, Gastgeber der Weltklimakonferenz im kommenden Jahr zu sein. In einer Erklärung gab das Außenministerium den bevorstehenden Regierungswechsel und finanzielle Engpässe als Gründe an, wie die Tageszeitung "Folha de São Paulo" berichtete. Das Umweltministerium widersprach der Darstellung, dass finanzielle Schwierigkeiten zu der Absage geführt hätten. Das Budget für die Konferenz sei bereits im Juni vom Kongress bestätigt worden, hieß es. 

Carlos Rittl vom Klimaverband Observatório do Clima kritisiert gegenüber der DW die Haltung der Regierung. "Die neue Regierung hat schon alle Zeichen gegeben, dass sie die größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts nicht weiter als Priorität betrachtet: den Kampf gegen den Klimawandel", sagt er im DW-Interview. "Wenn es überhaupt einen Bereich gab, in dem Brasilien relevant war, dann Umwelt und Klimawandel. Jetzt sehen wir wie eine Regierung - die noch gar nicht im Amt ist - diese Rolle aufgibt und alles unternimmt, um das Erreichte zu demontieren." 

Der künftige Präsident Bolsonaro gab zu, das Außenministerium zu dieser Entscheidung gedrängt zu haben. Er hatte immer wieder betont, das Pariser Klimaabkommen bedrohe die Souveränität Brasiliens, und kündigte den Ausstieg an. 

stu/mak (afp, dpa, epd)
 

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