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KulturGlobal

2024: Wenn in China der Drache erwacht

Brenda Haas
9. Februar 2024

Drachen gibt es in allen Kulturen der Welt. Doch in China haben sie eine besondere Bedeutung. Dort beginnt das neue Jahr am 10. Februar im Zeichen des Holzdrachen.

Ein Graffiti zeigt Bruce Lees Kopf neben einem Drachen auf einem Graffiti
"Kleiner Drache" ist der Spitzname des Kampfsportlers Bruce Lee, hier auf einem Wandgemälde in Chinatown in San FranciscoBild: Avalon/picture alliance /

Die Chinesen haben eine besondere Beziehung zu ihrem Drachen, dem "long". Sie bekämpfen ihn nicht und halten ihn auch nicht für böse. In China gilt der Drache als Vorfahre der Menschen und als Herrscher über das Wasser. Der erste Tag des chinesischen Neujahrfests fällt in diesem Jahr auf den 10. Februar. Das Frühlingsfest, auch Mondneujahr genannt, markiert den Beginn des Frühlings. Es wird imReich der Mitte und in mehreren Ländern Ostasiens groß gefeiert.

Traditionell versammeln sich die Familien zu einem ausgiebigen Essen. Die Kinder erhalten Geldgeschenke in kleinen roten Umschlägen, die "hong bao" genannt werden.

Mit dem Beginn des Mondjahres beginnt auch die Rotation des chinesischen Tierkreises. Er erstreckt sich über einen Zwölfjahres-Zyklus und wird jeweils durch ein Tier repräsentiert.

Das Frühlingsfestival 2024 feiert den DrachenBild: Zhang Tao/Xinhua/picture alliance

Es gibt mehrere Geschichten, die das Tierkreiszeichen erklären: Eine Legende besagt, dass der Jade-Kaiser - eine wichtige chinesische Gottheit - alle Tiere zu einem großen Rennen eingeladen hatte, wobei die ersten zwölf seine Gunst gewannen. Die zwölf Tiere, die gewonnen haben, sind in der Reihenfolge ihres Erscheinens Ratte, Ochse, Tiger, Hase, Drache, Schlange, Pferd, Ziege, Affe, Hahn, Hund und Schwein.

Berühmte Drache-Persönlichkeiten

Wer in den Jahren 1928, 1940, 1952, 1964, 1976, 1988, 2000, 2012 oder 2024 geboren wurde, darf sich Drache nennen. Prominente Drachen der Popkultur sind der japanische Videospielentwickler Shigeru Miyamoto (Super Mario Brothers und Donkey Kong), der britische Sänger John Lennon und die 16-fache Grammy-Gewinnerin Adele sowie der amerikanische Pop-Art-Künstler Andy Warhol (1928-1987), der italienische Schauspieler und Oscar-Preisträger Roberto Benigni, die kenianische Umweltschützerin und Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai (1940-2011) und der mexikanische Filmregisseur Guillermo del Toro

Und wie es der Zufall will, war auch der Kampfkünstler und Schauspieler Bruce Lee (1940-1973) ein Drachenbaby. Seine Fans in Hongkong gaben ihm schon früh den Spitznamen "Kleiner Drache", und einer seiner berühmtesten Filme hieß 1973 "Enter the Dragon" (dt. "Der Mann mit der Todeskralle").

Jedes Tierjahr ist einem der fünf Elemente Holz, Feuer, Erde, Metall oder Wasser zugeordnet. Genau genommen ist 2024 das Jahr des Holzdrachen.

Eine Kreatur, die noch niemand gesehen hat

Der Drache gilt als eines der glücklichsten und mächtigsten Tiere des chinesischen Tierkreises. Er steht für Glück, Kraft, Gesundheit und das männliche Yang-Element. Drachenmenschen gelten als charismatisch, intelligent, selbstbewusst, kraftvoll und von Natur aus glücklich und begabt. Darüber hinaus ist der Drache das einzige Fabelwesen im chinesischen Tierkreis. 

Für ein Wesen, das niemand je zu Gesicht bekommen hat, spielt der Drache im Glauben der alten Zivilisationen - in Asien ebenso wie in Europa, Afrika und Amerika - eine auffallend große Rolle. 

Gefeiert im Osten, gefürchtet im Westen

In den ostasiatischen Kulturen umgibt den Drachen eine mystische Aura. Viele Menschen nahmen an, dass er "Wolken aushauchte, die Jahreszeiten beeinflusste und Flüsse, Seen und Meere kontrollierte", wie das American Museum of Natural History auf seiner Internetseite schreibt. Obwohl sie meist als flügellos dargestellt werden, können Drachen in der Regel fliegen. In der chinesischen Mythologie bewacht ein "Himmelsdrache" namens Tianlong die himmlischen Wohnstätten der Götter. 

Der Legende nach kämpfte der Heilige Georg mit einem tyrannischen Drachen, um eine Stadt und deren Bewohner zu befreienBild: Pascal Deloche/Godong/picture alliance

Die europäischen Drachen des Mittelalters wurden oft als bösartige, feuerspeiende Ungeheuer mit Fledermausflügeln dargestellt, die entweder Schätze bewachten oder Dörfer in Angst und Schrecken versetzten, so dass sich Helden erheben mussten, um sie zu töten. Eine in der europäischen Kunst häufig dargestellte Geschichte ist die des christlichen Heiligen Georg, der die Tochter eines libyschen Königs vor einem Drachen rettet und diesen im Tausch gegen das Versprechen der Untertanen des Königs, sich taufen zu lassen, tötet. 

Quetzalcóatl, was in der Aztekensprache Nahuatl "gefiederte Schlange" bedeutet, war eine der bekanntesten drachenartigen Gottheiten der mesoamerikanischen Kultur. Sowohl bei den Azteken als auch bei den Maya galt Quetzalcóatl als Gott des Windes, des Himmels, der Erde und als Schöpfergott. Laut der Enzyklopädie Britannica wurde er als Schutzpatron der Priester, als Erfinder des Kalenders und der Bücher sowie als Beschützer der Goldschmiede und anderer Handwerker verehrt. 

Befeuerten sie Drachenmythen? Dinosaurierfossilien in einem Museum? Bild: Bildagentur-online/AGF-Lanzelott/picture alliance

Das alte mesopotamische Schöpfungsepos erzählt vom babylonischen Gott Marduk, der seine Drachenmutter Tiamat - ein vierbeiniges, nichtmenschliches Säugetier mit Flügeln, Schuppen, Hörnern und Reißzähnen - tötete, weil sie den Menschen das Wasser vorenthielt, indem sie den Regen zurückhielt. 

Von Fossilien oder Ängsten getrieben?

Adrienne Mayor, Professorin an der Stanford University, hat mehrere Bücher verfasst, in denen sie Verbindungen zwischen Mythen und den Fossilien ausgestorbener prähistorischer Kreaturen herstellt.

Ihre These: Unsere Ahnen haben die Knochen, die sie ausgegruben, möglicherweise falsch interpretiert. Daraus seien Fabelwesen wie Drachen, Zyklopen oder Greife entstanden. Tatsächlich hat Mayor's Arbeit mehrere Museumsausstellungen in den Vereinigten Staaten inspiriert und wurde in Dokumentarfilmen wie dem History Channel "Ancient Monster Hunters" (2006) und dem BBC-Film "Dinosaurs, Myths, and Monsters" (2011) aufgegriffen.

Der US-Anthropologe David E. Jones von der University of Central Florida hingegen argumentiert in seinem Buch "An Instinct for Dragons" (2002), die übereinstimmenden Merkmale von Drachen in verschiedenen Kulturen deuteten auf eine Verschmelzung jener Raubtiere hin, die die Menschen seit der Antike fürchteten, wie etwa Raptoren, Großkatzen, Pythons oder Krokodile. 

Ikonen der Popkultur

Zu den berühmten Drachen in der Popkultur gehören heute der Jabberwock in Lewis Carrolls klassischem Kinderroman "Through the Looking-Glass"/1872 (Deutsch: "Alice hinter den Spiegeln"/1966) und Smaug aus J.R.R Tolkiens Klassiker "The Hobbit"/1937) (Deutsch: "Der kleine Hobbit"/1957). Der Kampf gegen verschiedene Drachenarten war eine der Herausforderungen beim Trimagischen Turnier in J.K. Rowlings "Harry Potter"-Serie. Am bekanntesten ist vielleicht das Fantasy-Tischrollenspiel "Dungeons & Dragons", das 1974 auf den Markt kam und seitdem in digitale Versionen umgewandelt und verfilmt wurde, zuletzt 2023 in "Dungeons & Dragons: Honor Among Thieves". 

Adaption aus dem Englischen: Stefan Dege.

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