234 Festnahmen bei größter Anti-Doping-Razzia
9. Juli 2019Mit der "Operation Viribus" (Operation den Gewalten) sind Sicherheitskräfte in 33 Ländern gegen den organisierten Handel mit Dopingmitteln vorgegangen. An dem bislang "größten Einsatz dieser Art" hätten auch deutsche deutsche Ermittler mitgewirkt, teilte die europäische Polizeibehörde Europol mit. 234 Verdächtige seien festgenommen, neun Drogenlabore in Europa ausgehoben und tonnenweise Dopingpräparate beschlagnahmt worden. Demnach wurden allein 24 Tonnen Steroidpulver sichergestellt. Razzien gab es auch in acht europäischen Staaten, die nicht zur EU gehören, sowie in den USA und Kolumbien.
An dem Einsatz unter Federführung der italienischen und griechischen Polizei war auch die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) beteiligt. Diese Art von Zusammenarbeit bringe echte Resultate und könne einen bedeutenden Einfluss auf die Verfügbarkeit verbotener Substanzen haben, sagte der deutsche WADA-Chefermittler Günter Younger: "Wir stehen bereit, um diese Art von Rolle in einer jeglichen, andauernden Operation fortzusetzen. Dies ist ein gemeinsamer Kampf gegen Sportbetrug auf dem Kontinent." Auch die deutsche Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA), die nach eigenen Angaben nicht an der "Operation Viribus" beteiligt war, begrüßte die Aktion: "Die bisherigen Ermittlungsergebnisse von Europol zeigen, wie wichtig es ist, über Landesgrenzen hinweg zu ermitteln, um Doping-Netzwerke aufzudecken."
"Dramatische Zunahme" des Anabolika-Handels
Nach Europol-Angaben wurden insgesamt rund 3,8 Millionen Dopingmittel und gefälschte Medikamente sichergestellt. 17 organisierte Banden seien enttarnt und 839 Verfahren eingeleitet worden. Schwerpunkt sei die Zerschlagung geheimer Labore gewesen. Die Dopingsubstanzen würden sowohl online als auch in Fitnesscentern oder illegalen Läden verkauft.
"In den vergangenen 20 Jahren hat der weltweite Handel mit Anabolika dramatisch zugenommen", teilte Europol mit. Konsumenten seien vor allem "Fitnesscenter-Süchtige" sowie Bodybuilder. "Nicht-professionelle Athleten, Radsportler und Bodybuilder" würden kleine Päckchen mit Steroiden in Asien oder Osteuropa besorgen und diese an Fitnesscenter liefern. Für Werbung und Verkauf würden zunehmend soziale Medien genutzt.
Betroffen seien aber auch Tiere: So würden Hormone genutzt, um die Tierzucht zu intensivieren, Bauernhoftiere zu füttern oder etwa bei Pferderennen die Leistung der Tiere zu steigern. Die Substanzen seien aber gefährlich für Menschen wie für Tiere, warnte Europol.
Sörgel: "Dopingszene ist noch viel größer"
"Wir lernen aus dem Fall, dass es offensichtlich einen großen Markt gibt. Nur wenn es einen großen Markt gibt, werden Importe und
Strukturen dieser Art aufgebaut", sagte Mario Thevis, Chef des Doping-Analyselabors in Köln. Dopingexperte Fritz Sörgel warnte vor Euphorie über die große Zahl an Festnahmen. Der Schlag gegen die Dopingmafia sei durchaus bemerkenswert. "Nur wird das - wie in der Drogenszene auch - nach einer gewissen Zeit weggesteckt", sagte Sörgel. "Die Dopingindustrie in ihrer Gänze ist natürlich noch viel größer."
Derzeit laufen im Zusammenhang mit Doping im Sport auch noch die Ermittlungen im Zuge der so genannten "Operation Aderlass". Ende Februar hatte das österreichische Bundeskriminalamt bei der Nordischen Ski-WM in Seefeld mehrere Personen festgenommen, unter ihnen auch Sportler. In Deutschland steht ein Erfurter Sportarzt als mutmaßlicher Drahtzieher eines vermuteten Netzwerkes im Mittelpunkt der Ermittlungen. Nach bisherigen Erkenntnissen sollen mindestens 21 Sportler aus acht Ländern und fünf Winter- und Sommersportarten in Europa, Südkorea und auf Hawaii verbotenes Eigenblut-Doping betrieben haben.
sn/asz (dpa, ap, afp, Europol)