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40 Jahre Computerspiele

Erik Albrecht22. März 2002

Wie an einem Uni-Rechner das erste Computerspiel das Licht der Welt erblickte

Bild: Bilderbox

März 1962, irgendwo am MIT in Boston: Ein paar Studenten am weltberühmten Institute of Technology langweilen sich in der Mittagspause. Einziges Spielzeug: Der PDP-1, ein Urtier von einem Computer, Urahn der heutigen Rechner. Doch der PDP-1 konnte bislang nur Zahlenreihen und mathematische Aufgaben berechnen und arbeitete streng im Dienste der Wissenschaft. Den Studenten war das nicht genug, und so entstand nach langer Tüftelei "Spacewar", das erste Computerspiel der Welt. Die Idee war einfach: Zwei Raumschiffe stehen einander gegenüber und können sich gegenseitig abschießen. Und Spacewar sorgte für Furore, so Andreas Lange vom Berliner Computerspielemuseum:

"Spacewar war aufsehenerregend wegen seiner Graphik, auch wenn das aus heutiger Sicht sehr schlecht aussieht, war das damals state of the art und wenn man sich anschaut, was die Jungs aus diesem Computer herausgekitzelt haben, dann ist das schon sehr, sehr erstaunlich."

Und tatsächlich musste der urzeitliche Computer am MIT bei Spacewar einiges leisten: Nicht nur, dass die beiden Raumschiffe, in Echtzeit gesteuert, ständig ihren Standort wechseln konnten, gleichzeitig mussten auch die von den Raumschiffen abgefeuerten Schüsse berechnet werden – schon an sich eine Herausforderung für den alten PDP-1. Und als ob das nicht genug gewesen wäre, fand Spacewar zudem vor einem originalgetreu programmierten Bostoner Sternenhimmel statt, der sich ebenfalls in Echtzeit im Hintergrund veränderte. All das bewältigte der PDP-1 mit einer Arbeitsgeschwindigkeit von nur 5o Kilohertz – moderne Rechner arbeiten bei einem Gigahertz 20.000 mal schneller.

Die Studenten am MIT waren begeistert. Immer mehr wollten bei Spacewar, dem "Krieg im All" mitspielen. Zum Schluss wurde das Spiel am MIT zu bestimmten Tageszeiten sogar verboten, der PDP-1 musste ja schließlich auch noch für die Wissenschaft rechnen.

Neun Jahre später, 1971, hielt Spacewar als Automatenspiel Einzug in die Spielhallen. Doch das Projekt floppte, die Zeit war noch nicht reif für ein derart kompliziertes Spiel. Erst Pong, eine rudimentäre Form des Tennis, schaffte den Durchbruch und machte den Weg frei für die ersten Heimkonsolen Mitte der 70er Jahre. Die Faszination Computerspiel schaffte den Sprung in die Wohnzimmer. Andreas Lange:

"Dann war es natürlich schon so, dass eben dann der Reiz darin lag, dass man in so einer virtuellen Welt eben auch direkt Einfluss nehmen konnte, und das ist ja erstmal eine Art magische, eine Art mystische Verbindung, die man sich nicht wirklich erklären kann."

1982 hieß es dann Bühne frei für den Commodore C64, den wohl erfolgreichsten Heimcomputer der Welt – über 20 Millionen mal wurde der C64 verkauft. Rund 10.000 Programme wurden für ihn geschrieben. Auf ihm kämpften sich die Giana Sisters über die Monitore in den Kinderzimmer – immer auf der Jagd nach Bonuspunkten und auf der Suche nach dem Drachen. Ein klassisches Jump-and-Run-Spiel, aber auf dem C64 gab es fast alles:

"Es ist in der Tat so, dass eigentlich fast alle Genres, wie wir sie heute kennen, schon Anfang der 80er Jahre vorhanden waren. Was dann kam, sind dann weitere Ausarbeitungen in Graphik und Sound."

In Sachen Graphik und Sound leisteten sich die Computerspiele das, was technisch möglich war. Auf der Jagd nach immer besserer Graphik und immer klarerem Sound, trieben die Spiele-Programmierer die Commodore, Atari und IBM zu Höchstleistungen an: Immer mehr sollten die Prozessoren leisten können, um die nächste Spiele-Generation noch komplexer zu machen, immer aufwändigere Graphik- und Soundkarten sollten ein noch realeres Spielerlebnis sorgen. Ohne die Computerspiele wäre für Andreas Lange auch der moderne PC nicht das, was er heute ist:

"Dann hätten wir immer noch eine graue Kiste, die hauptsächlich in Büros stehen würde und das Netz sähe auch ganz anders aus."

In Zukunft könnten Computerspiele fast ohne den heimischen PC auskommen: E-Mails, Faxe, Anrufe auf dem Handy... Die Spieleschmieden arbeiten bereits an noch umfassenderen Spielen; Alltag und virtuelle Welt vermischen sich. Der Spielehersteller Electronic Arts hat bereits ein erstes Online-Spiel auf den Markt gebracht. "Majestic" ist allerdings gefloppt; die Zeit war noch nicht reif...