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"Last Christmas": Was der Song mit Ostern zu tun hat

29. November 2024

Der Ohrwurm "Last Christmas" von Wham! gehört zu Weihnachten wie Plätzchen und Glühwein. Jetzt feiert er seinen 40. Doch der Song war ursprünglich für ein anderes Fest gedacht.

Zwei Männer in weißen Jacken lächeln in die Kamera.
George Michael und Andrew Ridgeley bildeten in den 1980er Jahren das Pop-Duo Wham!Bild: United Archives/picture alliance

Gnadenlos fällt der Song vor Weihnachten über uns her - wir können uns ihm nicht entziehen: Er läuft im Radio, er tropft aus den Lautsprechern der Weihnachtsmärkte, im Supermarkt hat er seinen festen Platz zwischen den Werbespots mit den hauseigenen Weihnachtsschnäppchen. Keine Weihnachtsplaylist ohne "Last Christmas" - und somit auch keine Weihnachtsfeier.

Es gibt den Song auf Spanisch, Deutsch, Französisch, Italienisch, Japanisch, Schwedisch, Portugiesisch und vielen anderen Sprachen und Dialekten - wie etwa Kölsch. Die Coverversionen sind nicht zu zählen - von Salsa bis Metal, von Folk bis R & B. Jedes Jahr kommen neue hinzu, auch von prominenten Künstlerinnen und Künstlern - auch Taylor Swift hat ihn schon gesungen.

Als der Song 1984 erschien, schaffte er es in der Woche zu Weihnachten auf den zweiten Platz der britischen Weihnachtscharts. Der erste Platz ging damals an "Do They Know It’s Christmas?" von der Band Aid. Erst 2021 eroberte "Last Christmas" dann den Spitzenplatz in England. Vor 15 Jahren wurde das Video auf YouTube neu veröffentlicht, hat mittlerweile fast eine Milliarde Aufrufe und belegt damit Platz 31 der Top-Musikvideos aller Zeiten.

Darum geht es in "Last Christmas"

Die Hauptperson (Wham!-Sänger George Michael) lernt an Weihnachten eine Frau kennen, verliebt sich, schenkt ihr sein Herz und eine Brosche. Am nächsten Tag verlässt ihn die Frau. Ein Jahr später gibt es ein Wiedersehen: Eine Gruppe junger Menschen trifft sich in einer verschneiten Hütte, darunter George mit neuer Freundin und besagte Frau mit ihrem neuen Lover (Michaels Wham!-Partner Andrew Ridgeley). Beim Wiedersehen gibt es schmachtende Blicke zwischen den beiden, aber George muss mit ansehen, dass Andrew die Brosche trägt, die er seiner Angebeteten letztes Jahr geschenkt hatte. Er schwört sich: Dieses Jahr will er sich nur noch in jemanden ganz Spezielles verlieben, um sich vor weiteren Tränen zu schützen.

Das Musikvideo dazu ist an 80er-Jahre-Kitsch kaum zu überbieten - das liegt nicht nur an den schmachtenden Blicken der Hauptfiguren, sondern auch am üppig eingesetzten Weichzeichner und an den Fönfrisuren, die damals angesagt waren. Funfact: Das Video entstand im Schweizer Wintersportort Saas Fee. Die Hütte, in der die Handlung spielt, ist im Video nur von außen zu sehen. Hinein kam die Wham-Crew gar nicht, da sich im ganzen Dorf niemand fand, der den Schlüssel hatte. So hat man die Innenaufnahmen im Kulturzentrum von Saas Fee gedreht.

Liebeskummer kann Wunder bewirken

Im Sommer 1984 schrieb George Michael (1963 - 2016) ein paar Zeilen in ein Notizheft - so ist es überliefert - als er, gerade mal 21-jährig, zusammen mit seinem Bandkollegen Andrew Ridgeley im Bus auf dem Weg zu seinen Eltern war. Die beiden waren damals schon mit ihrer Band "Wham!" erfolgreich, hatten mit "Wake Me Up Before You Go-Go" bereits einen Nummer-1-Hit in England und den USA in der Tasche.

Auch Popstars können Liebeskummer haben - und so hatte George Michael die Geschichte seiner eigenen unglücklichen Liebe zu Papier gebracht. Allerdings  hieß der ursprüngliche Titel "Last Easter" (Deutsch: Letzte Ostern) und nicht "Last Christmas".

Später im Haus der Eltern, so erzählt Ridgeley dem Sender "Smoothradio" im November 2023, sei George in seinem Zimmer verschwunden und ganz aufgeregt wieder aufgetaucht. Als habe er Gold entdeckt. Er spielte Andrew eine Melodie vor, die zu einem der bekanntesten Popsongs der Welt werden sollte.

Andrew Ridgeley hat über seine Zeit mit Wham! ein Buch geschriebenBild: Urszula Sołtys/Dutton/AP Photo/picture alliance

"George hatte eine musikalische Alchemie vollbracht und die Essenz von Weihnachten in Musik destilliert", so Ridgeley. Mit der Geschichte einer verratenen Liebe habe er die Herzen berührt, dies sei eine Meisterleitung gewesen. Und so beschloss die Plattenfirma, den Song am 30. November 1984 als Weihnachtslied zu veröffentlichen - und nicht bis Ostern zu warten. Und so wurde aus "Last Easter" kurzerhand "Last Christmas".

Wie sich schnell zeigte, hat der Song einen Nerv getroffen - den Nerv von unzähligen Menschen, die an Weihnachten alleine zu Hause sitzen und um ihre verflossene Liebe trauern. Die Melodie, die Michael sich ausgedacht hat, ist so genial, dass man kaum merkt, dass der Song aus nur vier Akkorden besteht.

Fluchtversuch mit Whamageddon

Aber wie genial der Song auch immer sein mag - er zählt nicht nur zu den erfolgreichsten Weihnachtssongs aller Zeiten, sondern - zusammen mit Mariah Careys "All I want for Christmas" - für viele Menschen auch zu den nervigsten. Entziehen kann man sich diesem Lied in der Weihnachtszeit wohl kaum, dennoch gibt es Versuche:

Auf Facebook findet seit 2016 auf der Comedy-Seite "Whamageddon" jedes Jahr eine Challenge statt, in der dazu aufgerufen wird, alles zu tun, um diesen Song (im Original) zwischen dem 1. und dem 24. Dezember nicht zu hören. Wer dies geschafft hat, darf sich ab dem 24.12. "Überlebender" nennen. 

 

Doch die Gefahr, von "Last Christmas" kalt erwischt zu werden, ist inzwischen enorm gewachsen. Auch in diesem Jahr - Hot Rotation im Radio ist also garantiert. Zudem sorgen die Social Media-Plattformen mit unzähligen Reels und TikToks dafür, dass auch wirklich niemand eine Chance hat, sich dem Lied zu entziehen.

60 Jahre alt wäre George Michael im Juni 2023 gewordenBild: Geoff Caddick/EPA/dpa/picture alliance

Da hilft nur - zumindest in Deutschland - den Musiksender "Radio Bob" einzuschalten: Die versprechen eine "Last Christmas-freie Zone". Aufzuhalten oder gar auszulöschen ist der Song, der jetzt seinen 40. Geburtstag feiert, nicht - denn Liebeskummer und Weihnachten wird es geben, solange es Menschen gibt. 

Dieser Artikel ist eine aktualisierte Fassung.

Silke Wünsch Redakteurin, Autorin und Reporterin bei Culture Online
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