500 Jahre Auerbachs Keller: Berühmt durch Goethes Faust
16. April 2025
Auerbachs Keller in Leipzig gehört zu den berühmtesten Restaurants weltweit. Hier werden pro Jahr 36.000 hausgemachte Rindsrouladen verzehrt, 90.000 Liter Bier und ebenso viel Wein ausgeschenkt. "Wir haben pro Jahr ungefähr 300.000 Gäste - viele davon aus dem Ausland", sagt Tanja Pieper, Sprecherin und Jubiläumsbotschafterin des Hauses.
Doch noch beeindruckender als all die Zahlen ist die Tatsache, dass der Dichter Johann Wolfgang von Goethe hier vor 250 Jahren zu seinem bekannten Drama "Faust - der Tragödie erster Teil" inspiriert wurde. Eine Szene in seinem Buch spielt in Auerbachs Keller. Das lockt bis heute Goethe-Verehrer aus aller Welt nach Leipzig.
Das 500. Jubiläum wie Goethe feiern
In der Osterzeit 1525 schenkte der Leipziger Mediziner und Universitätsprofessor Heinrich Stromer von Auerbach in seinem Keller erstmals Wein an Studenten aus. Er war ein Freund Martin Luthers. So verkehrte auch der Kirchenreformator Luther Anfang des 16. Jahrhunderts in Auerbachs Keller und versteckte sich zeitweise dort vor seinen Feinden.
Zur Osterzeit wird in diesem Jahr der Höhepunkt des 500-jährigen Jubiläums gefeiert. Dazu gehört das sogenannte große Gelage: "Das haben wir uns von Goethe abgeschaut, da gibt es einen großen 'Schlampamp', eine Schlemmerei, die Dreieinigkeit von Essen, Trinken und guter Gesellschaft. Wir feiern an langen Tafeln wie in alten Zeiten", sagt Tanja Pieper im Gespräch mit der DW. Serviert wird auf Brettern und in Schüsseln - so wie damals im 18. Jahrhundert.
Was Goethes Faust mit Auerbachs Keller zu tun hat
Goethes Drama handelt vom gealterten, schwermütigen Lehrer Heinrich Faust, der Mephisto, dem Teufel, seine Seele verkauft. Verzaubert zum jungen Mann, packt Faust neue Lebenslust. Doch Mephisto hat seine Finger weiter im Spiel, etwa als Faust die junge Margarete (Gretchen) verführt und schwängert. Aus Verzweiflung tötet sie ihr uneheliches Kind, wird verhaftet und wartet im Gefängnis auf Gottes Erlösung.
Auch in der Szene, die in Auerbachs Keller spielt, treibt Mephisto sein Unwesen. Er will Faust "in lustige Gesellschaft bringen". Vor den Augen einiger Trinkgesellen zaubert er köstlichen Wein und reitet später auf einem Fass aus dem Keller. Heute gibt es im sogenannten Fasskeller des Restaurants in neun Meter Tiefe ein beliebtes Event, die sogenannte "Fasskellerzeremonie". Der Schauspieler Hartmut Müller nimmt seit 30 Jahren Besucher mit auf eine kulturhistorische Reise. Als "Fasskellermeister" führt er durch die Geschichte und die Gewölbe des Hauses.
Die Fasskellerzeremonie
Die Kellergewölbe sind illustriert mit sagenumwobenen Szenen. Im Fasskeller werden das Essen und die Getränke serviert. "Zu vorgerückter Stunde geht es dann durch eine separate Tür von diesem Fasskeller nochmals hinunter in die Hexenküche", erklärt Tanja Pieper. Es ist ein kleiner Verschlag zwölf Meter unter der Erde. Hier bekommen die Gäste - wie Faust in Goethes Drama - einen Verjüngungstrunk. "Sie müssen das Hexeneinmaleins vorgesprochen aufsagen und auf einem Bein um das Hexenfeuer tanzen", schildert Tanja Pieper das vergnügliche Treiben.
Danach geht es darum, im Fasskeller die Wette um das große Fass zu bestehen. "Wenn es den Gästen gelingt, dieses Fass hinauszureiten - sie können also da hinauf krabbeln - dann dürfen sie es behalten, aber das Fass ist immer noch in unserem Gewahrsam."
Die alte Sage von Doktor Faustus
Frei erfunden hat Goethe seinen Faust und den Fassritt nicht. Das Ganze geht auf eine alte Sage aus dem Volkssagenschatz (Volksbuch von Johann Spies) zurück, die Goethe bereits kannte. Im Fasskeller sah er zwei Holztafeln von 1625, die den Fassritt des legendären Magiers Dr. Faustus illustrieren. Dieser soll beobachtet haben, wie Transporteure ein überschweres Fass aus dem Weinkeller bugsieren wollten und machte sich über sie lustig. Er wettete, dass er das Fass hinausreiten könne.
"Es geht dabei natürlich mit dem Teufel zu, wenn er dieses Fass hinausreitet", erzählt Pieper. "Von diesen beiden Holztafeln, die dort hingen, war Goethe so fasziniert, dass er uns ins "Faust"-Drama hineingeschrieben hat." Heute hängen die beiden Tafeln im Goethezimmer des Restaurants, das 30 Gästen Platz bietet. Auch Martin Luther ist mit dem "Lutherstübchen" ein eigener Raum gewidmet mit ebenso vielen Plätzen.
Das Lokal zu Goethes Zeiten
Im 18. Jahrhundert war das Lokal noch ein reines Weinlokal. "Dieser Keller war damals riesig groß. Leipzig war als Stadt bis zu dreimal unterkellert", erläutert Tanja Pieper. Seinerzeit wurde der Wein noch nicht in Flaschen abgefüllt, sondern aus eingelagerten Fässern ausgeschenkt. "Da gibt es Gemälde, wo man sieht, wie zwischen den Fässern gezecht wurde."
Gekocht wurde damals noch nicht in Auerbachs Keller. Das Essen kam aus der damaligen Gaststätte "Auerbachs Hof", der heute nicht mehr existiert und wurde in den Keller gebracht. "Erst im 19. Jahrhundert begann man in Auerbachs Keller zu kochen und Speisen wurden parallel zu Getränken interessant."
Bachs Faust beim Leipziger Bachfest
Zu den Geburtstagsevents zum Jubiläum von Auerbachs Keller Leipzig gehört auch "Bachs Faust", eine Art Singspiel vom Bachfest-Intendanten Michael Maul. In Leipzig war Johann Sebastian Bach von 1723 bis zu seinem Lebensende 1750 Thomaskantor. Sein täglicher Weg zur Arbeit führte ihn auch an Auerbachs Keller vorbei. Bach zu Ehren wird in der Stadt jedes Jahr im Juni das Bachfest gefeiert.
"In Goethes Faust wird ja viel Musik erwähnt, ohne das Goethe präzisiert, welche genau das ist", erklärt Maul im Gespräch mit der DW. Goethe habe Bachs Musik sehr geschätzt. Maul hat deshalb in seinem Stück Goethes Faust mit Chorälen und Kantaten von Johann Sebastian Bach kommentiert, illustriert und untermalt.
"Als Faust sich zu Beginn des Dramas das Leben nehmen will, in dem Augenblick, wo er zum Trunk ansetzt, da hört er aus der Ferne den Osterhymnus 'Christ ist erstanden'. Da erklingt dann bei uns 'Christ lag in Todesbanden' von Bach", erklärt Maul. Die Uraufführung von Bachs Faust mit Sängern, Musikern und Schauspielern findet im Rahmen des Bachfestes am 15. Juni statt, im großen Saal von Auerbachs Keller. Das Jubiläum des geschichtsträchtigen Restaurants wird noch das ganze Jahr gefeiert.