Er war schnell, produktiv, provokant und ideenreich. Der italienische Renaissance-Maler Jacopo Tintoretto wollte die Malerei revolutionieren. Seine Werke faszinieren nach wie vor die Kunstgeschichte.
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Meister der Perspektive: Der junge Tintoretto
Witz und Erfindungsgabe: Der junge Jacopo Tintoretto ließ sich Anfang des 16. Jahrhunderts einiges einfallen, um seine Maler-Konkurrenten zu übertrumpfen. Das Kölner Wallraf-Richartz-Museum zeigt ungewohnte Perspektiven.
Bild: Philadelphia Museum of Art
Bestes Aktgemälde: Der Sündenfall
"Der Sündenfall" brachte Jacopo Tintoretto schon zu Lebzeiten Ruhm. Das Bild gilt - besonders wegen der differenzierten Hautschattierungen - als eine der besten Aktdarstellungen der venezianischen Malerei. Bis ins 19. Jahrhundert wurde das Motiv immer wieder kopiert.
Bild: bpk/Alinari Archives/Magliani, Mauro for Alinari
Das älteste Bild: Die Anbetung der Könige
Die Anbetung der Könige verlässt nur sehr selten das Museo Nacional del Prado in Madrid. Es ist das älteste erhaltene Bild von Tintoretto, datiert auf 1537/38. Als 18-Jähriger malte er diese Stallszene. Vorbild war ein Holzschnitt von Albrecht Dürer. Die Figur im Vordergrund stammt aus einem Tizian-Gemälde. Die besondere Tiefenwirkung aber ist einzigartig für den jungen "wilden" Tintoretto.
Bild: Museo Nacional del Prado. Madrid
Ungewöhnliche Perspektive: Emmaus-Mahl
Auch für dieses Bild, entstanden um 1543, gibt es einige Vorbilder. Eine Druckgraphik diente etwa als Vorlage für den Krug der Dienerin. Auch hier erkennt man die Dynamik Tintorettos. Der Tisch steht schräg und kommt dem Betrachter entgegen, die Apostel sind Jesus nicht zugewandt, sondern drehen sich zur Seite. Genau dadurch entsteht eine Bildtiefe, mit der Tintoretto seiner Zeit voraus war.
Bild: Szépművészeti Múzeum/Museum of Fine Arts Budapest
Neu entdeckt: Das Liebeslabyrinth
Das Liebeslabyrinth ist erst kürzlich Tintoretto zugeordnet worden. Die dargestellte Architektur, die auch in anderen seiner Bilder vorkommt, sowie die Struktur der Bäume lassen auf einen frühen Tintoretto schließen. Die Figuren hat wahrscheinlich sein Assistent zehn Jahre später eingefügt. Als Symbol für den Weg des Lebens könnte das Liebeslabyrinth der Auftrag eines Hochzeitspaars gewesen sein.
Bild: Her Majesty Queen Elizabeth II
Humorvoll: Christus unter Schriftgelehrten
Der zwölfjährige Jesus diskutiert mit Schriftgelehrten - ein Szene aus dem neuen Testament. Der junge Tintoretto zeigt hier seinen Humor. Er verwandelte die Begebenheit in eine Bücherschlacht, denn Venedig war seinerzeit ein bedeutender Verlagsort. Von den Kanzeln rechts und links des Altars, gedacht für Wechselgesänge, diskutieren die Gelehrten durch Gesten "hörbar" für den Betrachter.
Bild: Veneranda Fabbrica del Duomo di Milano
Mit allen Sinnen: Die Bekehrung des Saulus
Ein Bild zum Sehen und Hören! Das großflächige Gemälde zeigt nicht nur die Bekehrung des frühen Christenverfolgers Saulus (später Paulus), sondern lässt die tosenden Fluten und Stürme förmlich erklingen. Der Reiter links im Bild hält sich den dröhnenden Kopf, das Trommelfell eines Instrumentes am Boden ist geplatzt. Die "Lautstärke" des Bildes war in der zeitgenössischen Malerei etwas ganz Neues.
Bild: National Gallery of Art, Washington
Raffiniert: Christus und die Ehebrecherin
"Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf sie", das sind Jesus' Worte, mit denen er die von der Steinigung bedrohte Ehebrecherin durch ein salomonisches Urteil rettet. Ein Bild wie eine Theaterkulisse. Vorlage war ein gedruckter Bühnenentwurf. Der "Bühnenboden" geht hier in die Landschaft über. Eine reale Situation mündet geschickt in einer Kulisse.
Bild: Rijksmuseum Amsterdam
Tiefe Einblicke: Heilige und eine Prinzessin
Wer als Adliger im venezianischen Salzsteueramt gearbeitet hatte, stiftete nach seiner Amtszeit ein Bild mit den Namenspatronen. So entstand auch "Der heilige Ludwig, der heilige Georg und die Prinzessin". Etwas "ungehörig" säße die Prinzessin auf dem Drachen, fanden die Auftraggeber. Ihr Dekolleté spiegelt sich noch dazu im Brustpanzer Georgs und gewährt auch dem Betrachter einen tiefen Einblick.
Bild: bpk/Scala - courtesy of the Ministero Beni e Att. Culturali
Modern: Joseph und Potiphars Weib
Tintoretto malte gerne starke, attraktive Frauen und ihr Schicksal. Dieses Bild könnte mit seiner erotischen Ausstrahlung ein Auftragswerk für eine reiche Kurtisane gewesen sein. Die spannungsvoll gedrehte Körperhaltung der Frau und das vergoldete Schnitzwerk der Decke weisen in die Moderne. Werke von Eugène Delacroix oder Gustav Klimt wurden oft im Zusammenhang mit diesem Gemälde gesehen.
Bild: Museo Nacional del Prado. Madrid
Musikwettstreit zwischen Musen und Pieriden
Tintoretto bemalte nicht nur Leinwände und Decken, sondern auch Möbel, Truhen oder Musikinstrumente. Dieses kleine Ölgemälde von gerade einmal 46 x 91 Zentimetern war Teil vom Deckel eines Tasteninstruments. Venedig war im 16. Jahrhundert bekannt für seine Lauten-, Orgel- und Cembalobauer. Tintoretto selbst spielte Laute und soll auch eigene phantasievolle Instrumente erfunden haben.
Bild: Umberto Tomba
Forschungsobjekt: Porträt eines Mannes
Für das Kölner Wallraf-Richartz-Museum sind die frühen Werke Tintorettos nicht nur Ausstellungs- sondern auch Forschungsobjekte. Das "Porträt eines weißbärtigen Mannes", so heißt es, werde oft zu spät datiert. Allein die Kopfhaltung mit sichtbarem Ohr und Hinterkopf lasse auf ein Frühwerk um 1545 schließen.
Bild: KHM-Museumsverband
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Schon seine Zeitgenossen waren überwältigt von der ideenreichen Bilderwelt Tintorettos. Giorgio Vasari, der Künstlerbiograf der Renaissance, nannte ihn das "wohl außergewöhnlichste Genie" der Malerei. "Wunderlich, flink und kühn" sei er gewesen: "Tintoretto", das "Färberlein". Mit diesem Künstlernamen ging der Venezianer Jacobo Robusti in die Kunstgeschichte ein. Doch auch der Familienname Robusti, "der Widerstandsfähige", war nur ein verliehener Name. Der Vater erhielt ihn für seinen Mut bei der Verteidigung Paduas. Gleichwohl entsprach er ebenso dem zielstrebigen Charakter des kleinwüchsigen Sohnes, der eigentlich Comin hieß.
So wenig eindeutig wie der Name ist auch das Geburtsdatum - die Eintragung ging bei einem Brand verloren. Auf den 29. September 1518, also vor genau 500 Jahren, wurde es lange datiert. Die jüngere Forschung geht auch von 1519 aus.
Jubiläumsjahr mit vielen Ausstellungen
Das Kölner Richard Wallraff-Museum Museum widmete Tintoretto bereits zur Jahreswende eine international beachtete Sonderschau unter dem Titel"A Star was born", kuratiert vom Tintoretto-Experten Roland Krischel. Hier wurden einige der Frühwerke Tintorettos in ganz neuem Licht präsentiert.
Im Frühwerk sind für Krischel "Ehrgeiz, revolutionäre Kraft und Provokationsgeist" Tintorettos besonders spürbar. Der junge Künstler versuchte, sich gegen Rivalen wie Tizian, Bonifacio oder Bassano durchzusetzen. Tizian soll den begnadeten Lehrling aus Angst vor Konkurrenz nach wenigen Tagen wieder aus seiner Werkstatt gewiesen haben.
Die größte Jubiläumsausstellung richtet Venedig aus, die Stadt, die Tintoretto zeitlebens kaum verließ und dessen Kirchen und Paläste die meisten Werke beherbergen.