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70.000 Euro deutsche Steuern für Russlands Kulturhaus

25. Juni 2025

Im Herzen Berlins gibt es immer noch das "Russische Haus". Nach Kritikermeinung wird dort Propaganda für Putins Russland betrieben. Und Deutschland zahlt die Grundsteuer für das Grundstück.

das Bild zeigt den Eingangsbereich des "Russischen Hauses" an der Friedrichstrasse in Berlin
Sieben Stockwerke und fast 30.000 Quadratmeter Fläche: Das "Russische Haus" im Zentrum Berlins an der FriedrichstrasseBild: Schoening/picture alliance

Es ist Gegenstand eines heftigen Streits, ein Überbleibsel aus längst vergangenen, harmonischen deutsch-russischen Zeiten, und seit Langem ein Zankapfel in Berlin: Das "Russische Haus", zentral gelegen in der Friedrichstrasse in der Mitte der deutschen Hauptstadt. Ein massiver Bau mit sieben Stockwerken und fast 30.000 Quadratmetern Fläche. 1984 wurde es eingeweiht. Damals, noch zu DDR-Zeiten, sollte hier die Freundschaft zur Sowjetunion gefeiert werden. Mit Konzerten, Filmvorführungen und Buchlesungen. Und einer eigenen, kleinen Buchhandlung.

Dass hier die Freundschaft beider Länder gewürdigt werde, behaupten die heutigen Betreiber immer noch: "Das Russische Haus ist die Kulturbotschaft Russlands im Herzen Berlins", heißt es etwa auf der Internet-Seite der russischen Botschaft. Aber nicht wenige Kritiker sagen: Die Veranstaltungen, zu der nach Angaben des Hauses im Jahr 200.000 Besucher kommen, dienen vor allem der Propaganda für das Russland Vladimir Putins.

Verkauf von Seifenstücken in Panzerform

Berliner Medien etwa berichten immer wieder von Veranstaltungen im hauseigenen Kino, in denen ein Holocaust-Film gezeigt wurde, in dem ukrainische Bürgerinnen und Bürger als Nazis dargestellt wurden. Und glaubt man Robin Wagener, dem Bundestagsabgeordneten der Grünen, dann können Eltern im "Russischen Haus" Seifen für ihre Kinder kaufen, die in Form eines Panzers angeboten werden. Der DW sagte Wagener jetzt: "Es ist an der Zeit, dass wir erkennen, dass hier keine gegenseitige Kulturarbeit betrieben wird, sondern russische Kriegspropaganda in Deutschland."

"Das Russische Haus muss geschlossen werden", fordert der Bundestagabgeordnete der Grünen, Robin WagenerBild: dts Nachrichtenagentur/IMAGO

Wagener möchte deshalb jetzt an einem besonders bizarren Detail anknüpfen: Das Grundstück in der Friedrichstrasse gehört Deutschland, der Betreiber des Hauses ist die staatliche russische Föderalagentur "Rossotrudnitschestwo". Auf Deutsch: "Föderale Agentur für Angelegenheiten der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, der im Ausland lebenden Landsleute und für internationale humanitäre Zusammenarbeit".

"Rossotrudnitschestwo", die vor allem die Verbreitung der russischen Sprache im Ausland fördern soll, ist derzeit mit 73 ähnlichen Einrichtungen wie der in Berlin in 62 Ländern weltweit vertreten. Seit 2022, nach dem russischen Überfall auf die Ukraine, steht die Agentur auf der EU-Sanktionsliste. Damals begründete die EU das auch damit, dass die Agentur das Ziel habe, eine "breitere öffentliche Wahrnehmung der besetzten ukrainischen Gebiete als russische Gebiete zu festigen." Der Leiter und der stellvertretende Leiter hätten, heißt es weiter, ihre Unterstützung für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine deutlich bekundet.

Deutsche Grundsteuer für russische Staatspropaganda?

Aber: Die deutsche Bundesregierung faktisch als Besitzer des Grundstückes muss nun satte 70.000 Euro an Grundsteuer an das Finanzamt zahlen. Das geht auf eine jahrealte Vereinbarung zwischen Deutschland und Russland zurück, die darin ihre gegenseitige Kulturarbeit anerkannten. Wagener will erreichen, dass diese Summe trotzdem in den anstehenden Haushaltsverhandlungen  gestrichen wird.

Die Idee dazu hatte er schon vor einem Jahr, aber im chaotischen Streit der Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP kam kein Haushalt zustande, erst jetzt kann er verabschiedet werden. Wageners Begründung für die mögliche Streichung: Der ursprüngliche Sinn des Hauses, nämlich den gegenseitigen kulturellen Austausch zu fördern, sei längst aus dem Auge verloren worden: "Russland eskaliert ja immer weiter. Und damit verschärft sich die Lage. Die Grundlage für diese wechselseitige Kulturabkommen war, gegenseitigen kulturellen und wissenschaftlichen Austausch zu betreiben."

Offiziell wird im "Russischen Haus" in Berlin immer noch die Freundschaft beider Länder beschworen. Mit Matroschka-Puppen und Berliner BärenBild: Dmyrto Katkov/DW

Wagener richtete in dieser Sache eine Anfrage an die Bundesregierung. In der Antwort heißt es etwas umständlich: "Bezüglich des auf dem Grundstück befindlichen Hauses, welches im Eigentum der Russischen Föderation steht, begleicht die Bundesrepublik Deutschland die Grundsteuer für die Russische Föderation aufgrund ihrer rechtlichen Verpflichtung aus dem bilateralen deutsch-russischen Abkommen zu Liegenschafts Fragen der Kulturinstitute von 2013." Ein Abkommen also, das noch vor der russischen Besetzung der Krim zustande kam.

Bundesregierung fürchtet Schließung von Goethe-Institut

Ob es zur Sperrung der Mittel kommt, ist mehr als ungewiss. Immer wieder hatte das deutsche Auswärtige Amt mitgeteilt, die Mitarbeiter des Hauses hätten in Deutschland diplomatischen Status. Es gilt als offenes Geheimnis, dass die Bundesregierung den offenen Konflikt rund um das "Russische Haus" scheut, weil sie fürchtet, dass die russische Regierung mit der Schließung des Goethe-Instituts in Moskau antworten könnte.

Grünen-Politiker Wagener will sich dennoch weiter für die Schließung einsetzen: "Ich glaube, dieses russische Haus hat keine Zukunft als Kulturvermittler. Wenn man ernsthaft sich mit russischer Kultur beschäftigen möchte, was ich sehr begrüßen möchte, wenn Menschen das tun, dann gibt es ja zivilgesellschaftliche Treffpunkte, von Menschen, die teilweise auch in Russland verfolgt werden und bei uns in Deutschland leben, weil sie in Russland ihre Kultur eben nicht mehr frei ausleben können."

Das "Russische Haus" wird aber seine Veranstaltungen wohl erst einmal weiter durchführen können. Im Herzen Berlins, in einer der bekanntesten Straßen der deutschen Hauptstadt.