1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

73-jähriger Deutscher in Türkei inhaftiert

19. März 2018

Die Angehörigen eines weiteren in der Türkei inhaftierten Deutschen bitten die Bundesregierung um mehr Engagement in dessen Fall. Enver Altayli sitze seit Monaten wegen Terrorvorwürfen in Isolationshaft.

Türkei Gericht im Gefängnis Sincan in Ankara
Eingangsbereich des Hochsicherheitsgefängnisses Sincan in AnkaraBild: Getty Images/AFP/A. Altan

Seit August befindet sich der 73-jährige Enver Altayli, der sowohl die deutsche als auch die türkische Staatsbürgerschaft hat, im Hochsicherheitsgefängnis Sincan in Ankara unter Terrorverdacht in U-Haft, eine Anklageschrift liegt nicht vor. Die Angehörigen haben den Fall nun publik gemacht. Altaylis Tochter Zehra Der sagte der Deutschen Presse-Agentur in Istanbul, die Familie wende sich aus Verzweiflung über die andauernde Untersuchungshaft ohne Anklage erstmals an die Öffentlichkeit. "Wir würden uns wünschen, dass die Bundesregierung stärker auf seine Entlassung aus der Untersuchungshaft hinwirkt und darauf, dass der Prozess beschleunigt wird", sagte Zehra Der.

Enver Altayli auf einem ArchivbildBild: picture-alliance/dpa/Familie

Ihre Familie habe sich zuvor nicht an die Öffentlichkeit gewandt, weil sie befürchtet habe, die Lage des Vaters weiter zu verschlechtern. Da aber weiterhin keine Anklageschrift vorliege und ihr Vater unter der Einzelhaft leide, habe die Familie sich nun doch dazu durchgerungen, den Fall öffentlich zu machen.

Angeblich Verbindungen zur Gülen-Bewegung

Altayli wurde am 20. August in Antalya festgenommen, wo die Familie eine Ferienanlage betreibt. Sechs Tage später wurde U-Haft wegen Terrorvorwürfen gegen ihn verhängt. Nach dem Protokoll der Gerichtsverhandlung zur Untersuchungshaft, das der Deutschen Presse Agentur vorliegt, wird Altayli verdächtigt, für die Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen Straftaten begangen zu haben. Die türkische Regierung macht Gülen für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich.

AA bestätigt Kenntnis des Falls

Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, der Fall sei bekannt. Die Botschaft stehe mit den türkischen Behörden und der Familie in Kontakt. Zehra Ders Schwester Dilara Yilmaz sagte, da ihr Vater Doppelstaatsbürger sei, genehmigten die türkischen Behörden aber keine konsularische Betreuung durch deutsche Diplomaten.

Zwar dürfen deutsche Konsularbeamte im Ausland inhaftierte Landsleute im Gefängnis besuchen und mit ihnen korrespondieren, sich über Behandlung und Umstände informieren. Diese Regel gilt aber nicht für Doppelstaatler wie Altayli. In diesen Fällen ist konsularische Hilfe nur eingeschränkt möglich, sie hängt vom Wohlwollen der Behörden vor Ort ab.

Der Jurist Altayli war in den vergangenen Jahren vor allem als Publizist zu Zentralasien-Themen tätig. Nach eigener Aussage war er 1968 vom türkischen Geheimdienst MIT zur Forschung über Osteuropa-Recht nach Deutschland entsandt worden. Beim MIT blieb er demnach bis 1973. In den 1980er-Jahren vertrat er die ultranationalistische Partei MHP in der Bundesrepublik. Ihr Vater gehöre der MHP aber seit Jahren nicht mehr an.

Noch drei weitere Deutsche in türkischer Haft

Im vergangenen Jahr war es wegen der Inhaftierung deutscher Staatsbürger in der Türkei zu einer schweren Krise zwischen Berlin und Ankara gekommen. Seit dem Putschversuch in der Türkei wurden dort nach Angaben des Auswärtigen Amtes insgesamt 28 Deutsche aus politischen Gründen festgenommen.

Massiver Druck der Bundesregierung hatte vor gut einem Monat zur Freilassung des Journalisten Deniz Yücel geführt, der wie Altayli die doppelte Staatsbürgerschaft hat. Nach Yücels Haftentlassung sind nach Angaben des Auswärtigen Amtes noch vier Deutsche aus politischen Gründen in der Türkei inhaftiert: Altayli und drei weitere Bundesbürger, deren Identität nicht bekannt ist.

qu/stu (dpa)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen