Die Krise um die nach zwei Abstürzen mit Flugverboten belegte Baureihe 737 MAX hat Boeing tief in die roten Zahlen gebracht. Im zweiten Quartal fiel ein Rekordverlust an.
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Das weltweite Startverbot für die Unglücksmaschine 737 MAX nach zwei Abstürzen mit vielen Toten hat beim Flugzeugbauer Boeing zu einem Milliardenverlust geführt. Im zweiten Quartal verbuchte Boeing wegen einer Rückstellung über knapp fünf Milliarden Dollar 2,9 Milliarden Dollar Nettoverlust. "Das ist ein entscheidender Moment für Boeing", erklärte Boeing-Chef Dennis Muilenburg am Mittwoch in Chicago. Das Unternehmen halte seine Werte Sicherheit, Qualität und Integrität hoch, während es daran arbeite, die 737 MAX wieder in Dienst zu stellen.
Weltweit darf das wichtigste neue Modell von Boeing seit März nicht mehr fliegen, nachdem in Äthiopien und in Indonesien neue Maschinen dieses Typs kurz nach dem Start abgestürzt waren. Dabei kamen alle 346 Menschen an Bord der Flugzeuge ums Leben.
Boeing arbeitet an einem Update der als Unfallursache vermuteten Sicherheitssoftware. Mit der Rückstellung will der US-Konzern Entschädigungen für seine Kunden und Kosten der Produktionsausfälle abdecken. Zu den Großabnehmern der 737 MAX gehören in Europa Ryanair und TUI. Zur Entschädigung von Angehörigen der Opfer sieht Boeing 50 Millionen Dollar vor.
Der Umsatz des Flugzeugherstellern sank von April bis Juni um 35 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal auf 15,75 Milliarden Dollar. Die Auftragsbücher seien allerdings gut gefüllt mit mehr als 5500 Flugzeugen im Wert von 390 Milliarden Dollar, teilte Boeing weiter mit.
Kein Ausblick aufs Geschäftsjahr
Einen neuen Jahresausblick gab das Unternehmen nicht, weil noch nicht sicher ist, wann die 737 wieder abheben darf. Die US-Kunden von Boeing rechnen damit bis Ende des Jahres. Ryanair stellt sich darauf ein, die ersten Maschinen dieser Baureihe im Frühjahr in Empfang zu nehmen, weil neben der US-Behörde FAA auch die europäische Luftfahrtaufsicht EASA die Zertifizierung ausführlich prüfen will.
Die Krise um die 737 ist nicht das einzige Problem von Boeing. Auch das neue Großraumflugzeug 777 kann erst mit Verzögerung im kommenden Jahr ausgeliefert werden, weil es Probleme mit den Triebwerken von General Electric gibt. Zu den Bestellern gehört auch die Lufthansa. Außerdem verschob Boeing auch den Baubeginn des neuen Mittelstreckenjets NMA. Dieser sei nicht nur ein wichtiges Konkurrenzprodukt für Airbus, sondern auch ein möglicher Ersatz für die 737, hieß es in Branchenkreisen.
Anleger bleiben (noch) gelassen
Bislang beläuft sich die Schadensbilanz aus dem 737 MAX-Desaster laut dem Finanzdienst Bloomberg auf 8,3 Milliarden Dollar - und das Ende dürfte noch lange nicht erreicht sein. Jüngst hatte die Ratingagentur Fitch vor weiteren Belastungen gewarnt. Boeing wird verdächtigt, die 737 Max wegen des harten Konkurrenzkampfs überstürzt auf den Markt gebracht und die Sicherheit vernachlässigt zu haben. Der Konzern bestreitet dies zwar, hat aber Pannen eingeräumt. Erste Untersuchungsberichte deuteten auf eine fehlerhafte Steuerungssoftware als Absturzursache hin.
Die US-Fluggesellschaften mit solchen Jets - Southwest, American und United Airlines - hatten zuletzt angekündigt, die Flieger bis Anfang November aus den Flugplänen zu streichen. Deshalb entfallen täglich Hunderte Flüge, und den Airlines entstehen zusätzliche Kosten. Boeing drohen darum auch hohe Entschädigungszahlungen.
Trotz allem bleiben Anleger bislang relativ gelassen. Boeings Aktien sind seit Jahresbeginn um knapp 16 Prozent gestiegen. Das ist zwar deutlich schlechter als der Branchendurchschnitt, aber dennoch ein starkes Plus. Auch der hohe Quartalsverlust sorgte vorbörslich nur für leichte Kursabschläge. Letztlich fielen die Zahlen deutlich besser als erwartet aus. Analysten weisen zudem ohnehin immer wieder darauf hin, dass Fluggesellschaften kaum an Boeing vorbeikommen, da es nur Airbus als Alternative gibt und beide auf Jahre ausgebucht sind.
50 Jahre Jumbo-Jet: Eine Ikone feiert Geburtstag
Vor 50 Jahren hob erstmals eine Boeing 747 ab. Schnell wurde der Jumbo-Jet zum dominierenden Passagierflugzeug der Welt - und erschloss für die Airlines neue Dimensionen.
Bild: picture-alliance/imageBroker/J. Tack
Der Spitzname leuchtet ein
Ein Jumbo Jet der British Airways im Anflug auf den Flughafen Heathrow. Das Bild veranschaulicht, warum das Boeing-Flugzeug mit der Typ-Bezeichnung 747 bereits kurz nach der Markteinführung vor 50 Jahren schnell seinen Spitznamen "Jumbo" verpasst bekam: Der viermotorige Düsenjet ist einfach gigantisch.
Bild: Reuters/T. Melville
Alte Freunde
Boeing-Präsident Bill Allen und der Chef der US-Fluggesellschaft Pan Am Juan Trippe (rechts) am 9. Februar 1969 nach dem Jungfernflug der ersten 747. Die beiden verband eine langjährige Freundschaft. Trippe soll Allen beim Angeln auf die Pläne zu dem neuen Großraumflugzeug angesprochen haben: "Wenn Du es baust, kaufe ich es". Die Antwort: "Wenn Du es kaufst, baue ich es".
Bild: picture-alliance/dpa/Boeing
Reisen mit Glanz und Glamour
Die neue 747 wurde nicht nur wegen ihrer technischen Innovationen gerühmt, sie verbreitete auch Glamour. Mit einer Lounge, in der Cocktails serviert wurden, versprach sie ein elegantes und entspanntes Reiseerlebnis. Mit mehr als 70 Meter Länge und einer Flügelspannweite von fast 60 Metern bot sie - je nach Bestuhlung - zwischen 366 und 550 Passagieren Platz.
Bild: picture-alliance/dpa/Boeing
Katastrophen
Der Jumbo ist auch mit großen Unglücken verbunden. Der Absturz einer Lufthansa-Maschine 1974 kurz nach dem Start in Nairobi kostete 59 Menschen das Leben. 1977 stießen auf dem Flughafen von Teneriffa zwei Jumbos zusammen - 583 Tote. 270 Menschen wurden 1988 beim Absturz eines Jumbos nach Explosion einer Terror-Bombe an Bord über dem schottischen Lockerbie getötet (s. Foto).
Bild: Roy Letkey/AFP/Getty Images
Großes Maul
Charakteristisch für den Jumbo ist der "Buckel", das Oberdeck, in dem sich unter anderem auch das Cockpit befindet. Diese Konstruktion ermöglicht für die Frachtversion der Maschine ein Bugtor, das eine großzügige Beladung erlaubt. Boeing verkauft das vierstrahlige und damit spritschluckende Flugzeug inzwischen praktisch nur noch in der Frachtversion.
Bild: Imago/Russian Look/L. Faerberg
Shuttle Carrier
Die US-Raumfähre Discovery reitet huckepack auf unserem Riesen - ein Foto aus dem Jahr 2012. Die Shuttle Carrier Aircraft (SCA) waren zwei modifizierte Flugzeuge vom Typ 747-100 zum Transport der Raumfähren der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA. Sie wurden zum Rücktransport der Shuttles zum Kennedy Space Center genutzt, sofern die Shuttle-Landung auf einem alternativen Landeplatz erfolgte.
Bild: picture-alliance/dpa
Siegerflieger
Die Lufthansa ließ es sich im Juli 2014 nicht nehmen, die deutsche Fußball-Nationalmannschaft mit dem Weltmeister-Pokal im Gepäck vom Endspielort Rio de Janeiro nach Berlin zu fliegen. Die 747-8 war kurzerhand umlackiert worden zum "Siegerflieger der Fanhansa".
Bild: picture-alliance/dpa
Iron Maiden's Ed Force One
Die britische Heavy Metal Band Iron Maiden landet im Mai 2016 mit ihrer gecharterten Boeing 747 auf dem Flughafen Düsseldorf. Metalheads und Planespotter sichern sich die besten Plätze, um d a s Flugzeug zusehen, die "Ed Force One" - benannt nach dem Maskottchen der Band, dem Monster Eddie. Geflogen wurde die Maschine übrigens vom Leadsänger Bruce Dickinson höchstpersönlich.
Bild: picture-alliance/dpa/D. Young
Dinosaurier der Lüfte
Wie der noch größere Airbus-Jet A380 (im Vordergrund) entspricht die 747 nicht mehr den ökonomischen Anforderungen der Fluggesellschaften, die auf den Langstrecken lieber Zweistrahler wie die A350 oder die Boeing-Modelle 777 und 787 einsetzen. Im vergangenen Jahr gab es für den Jumbo noch ganze 18 Neubestellungen, in den Büchern stehen nur 24 nicht abgearbeitete Aufträge.
Bild: picture-alliance/dpa
Air Force One
Zu den 1548 ausgelieferten 747-Maschinen werden wohl nur noch wenige dazukommen, wenngleich US-Präsident Donald Trump auch die nächste Präsidentenmaschine "Air Force One" auf der Basis der 747 bestellt hat. Auch der japanische Kaiser und der Sultan von Brunei wissen die "Königin der Lüfte" als Regierungsmaschinen zu schätzen.