1942 planten die Nazis bei der Wannsee-Konferenz den Holocaust. 80 Jahre später zieht die Leiterin der Gedenkstätte Parallelen zwischen Vergangenheit und Gegenwart.
"Es geht um weit mehr als diese fünfzehn Herren, auch wenn es sehr attraktiv ist, sich auf sie zu fokussieren, weil man sich dadurch ein bisschen aus der Verantwortung ziehen kann", sagt die Politikwissenschaftlerin Deborah Hartmann, die die Gedenkstätte Haus der Wannsee-Konferenz seit Dezember 2020 leitet.
Die Geschichte der Verfolgung und Ermordung der europäischen Jüdinnen und Juden wird dort ebenso behandelt wie die Geschichte des Nationalsozialismus und seiner Nachwirkungen. Die 38-jährige Hartmann sieht es auch als ihre Verantwortung an, den zögerlichen Umgang Deutschlands mit dem Holocaust in der Nachkriegszeit aufzuarbeiten.
So hatte der Historiker und Auschwitz-Überlebende Joseph Wulf bereits 1965 vorgeschlagen, die Wannsee-Villa in eine Holocaust-Gedenk- und Forschungsstätte umzuwandeln. Doch die Politik entschied sich damals dagegen; das Haus wurde als Schullandheim genutzt. Nachdem Wulf Morddrohungen erhalten hatte und er davon überzeugt war, dass die Bundesregierung wohl niemals konsequent Nazi-Kriegsverbrecher verfolgen und verurteilen würde, beging er 1974 Selbstmord.
In den 1980er-Jahren flammte die Debatte um die Villa erneut auf, doch erst am 20. Januar 1992, dem 50. Jahrestag der Wannsee-Konferenz, wurden die Holocaust-Gedenkstätte und das Museum eröffnet.
Gefährliche Kontinuitäten über die Nazi-Zeit hinaus
Joseph Wulf habe mit seiner Forschungsarbeit aufzeigen wollen, welche Kontinuitäten es in der Nachkriegszeit in Machtstrukturen und Führungspositionen in der westdeutschen Politik gab, erklärt Hartmann. "Dieser Kampf, den einige unternommen haben, hier etwas einzurichten, das die Gesellschaft tatsächlich aufklärt oder sie mit dem konfrontiert, was wirklich passiert ist, und die jahrzehntelange Ignoranz und das Verschweigen als Antwort, ist das, was mich vielleicht sogar am meisten bewegt."
"Kontinuität" ist ein Begriff, den Hartmann oft verwendet, wenn sie über ihre eigene Arbeit spricht: Denn sie sieht die Erinnerungsarbeit an den Holocaust nicht nur in der Vergangenheit verankert, sondern als einen fortlaufenden Prozess, bei dem es darum geht, die Zusammenhänge zwischen der Geschichte und dem Heute aufzuzeigen.
Licht in der Nacht: Erinnerung an zerstörte Synagogen
Am 9. November 1938 oder kurz danach wurde ein Großteil der über 2000 Synagogen im nationalsozialistischen Deutschland zerstört. Durch Lichtprojektionen erstanden in der vergangenen Nacht viele von ihnen virtuell neu.
Bild: Martin Meissner/AP Photo/picture alliance
Friedenswunsch 2021: Shalom Aleichem
Der Dortmunder Oberbürgermeister Karl Wilhelm Schmieding sprach bei der Einweihung der alten Synagoge im Jahr 1900 von einer "Zierde für die Stadt, für Jahrhunderte erbaut". Sie war damals eine der größten in Deutschland. Doch er sollte nicht Recht behalten. 1938 zwangen die Nationalsozialisten die jüdische Gemeinde zum Verkauf und begannen noch vor der Pogromnacht mit dem Abriss.
Bild: Martin Meissner/AP Photo/picture alliance
1938: Brandstiftung mit Schaulustigen
Am 10. November 1938 zündeten Angehörige der nationalsozialistischen SS und SA die Synagoge im nordrhein-westfälischen Siegen an. Viele Schaulustige sahen dabei zu. An die Stelle der - auf Kosten der jüdischen Gemeinde - abgerissenen Ruine wurde 1941 ein Hochbunker gebaut. Er steht noch heute. An seine Seite wurde vergangene Nacht ein Bild der brennenden Synagoge projiziert.
Bild: Rene Traut/imago images
Die Feuerwehr griff nicht ein
Ein ähnliches Schicksal erlitt eine der Frankfurter Synagogen: Auch in ihr wurde Feuer gelegt. Die Feuerwehr rückte aus, griff aber nicht ein. Und auch an der Stelle dieses Gotteshauses wurde später ein Hochbunker errichtet. Während das umliegende Viertel durch Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt wurde, steht der Bunker immer noch. An seiner Wand war diese Projektion zu sehen.
Bild: Michael Probst/AP Photo/picture alliance
Tödlicher Angriff auf Gemeindevorsteher
Auch die Synagoge im bayerischen Bamberg wurde in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 niedergebrannt. Der damalige jüdische Gemeindevorsteher Willy Lessing wurde beim Versuch, die Tora-Rollen zu retten, von einem Mob tödlich verletzt, die Feuerwehr an den Löscharbeiten gehindert. 83 Jahre später waren Bilder der Synagoge auf einer Leinwand dort zu sehen, wo das Gotteshaus stand.
Bild: Nicolas Armer/dpa/picture alliance
Alte Pracht wird wieder sichtbar
Die Neue Synagoge in Hannover von 1870 war nach den Worten des Architekten Edwin Oppler "die erste im deutschen Stile". Vorbild war unter anderem der Aachener Dom. Das hinderte die Nationalsozialisten nicht, sie während der Pogrome 1938 zu zerstören. Besucher stehen hier vor der Projektion der Synagoge, die auf der Fassade des niedersächsischen Wissenschaftsministeriums zu sehen ist.
Bild: Michael Matthey/dpa/picture alliance
Wird aus Virtual-Reality bald wieder Realität?
Die Hamburger Bornplatz-Synagoge wurde zerstört - wie viele andere in Deutschland. Am 14. Juli 1939 meldete das "Hamburger Tageblatt" zynisch den Abbruch: "Wo heute noch ein paar traurige Trümmer stehen, wird bald ein freundlicher Grünplatz allen Volksgenossen Freude machen." Jetzt kann man die Synagoge als Virtual-Reality-Darstellung sehen. Es gibt sogar Pläne für einen Wiederaufbau.
Bild: Marcus Brandt/dpa/picture alliance
Berlin: Zerstörung und Neuanfang
Die Synagoge an der Fasanenstraße im Berliner Bezirk Charlottenburg wurde 1938 angesteckt und 1943 bei Luftangriffen völlig zerstört. Ende der 1950er Jahre entstand aber an dieser Stelle das jüdische Gemeindehaus. Wie kaum ein anderes Gebäude steht es für den Neuanfang jüdischen Lebens in Berlin nach dem Holocaust. An seiner Fassade ist hier die zerstörte Synagoge als Projektion zu sehen.
Bild: Michael Sohn/AP Photo/picture alliance
7 Bilder1 | 7
Vergangenheitsbewältigung geht nur durch Ehrlichkeit
Als Hartmann 2018 auf eine dieser Kontinuitäten hinwies, löste sie einen kleinen diplomatischen Zwischenfall aus. Bevor sie Direktorin des Hauses der Wannseekonferenz wurde, war sie Leiterin des German Desk der International School for Holocaust Studies von Yad Vashem in Jerusalem. Die in Wien geborene Wissenschaftlerin begleitete offizielle Delegationen deutschsprachiger Länder bei ihrem Besuch der bedeutenden israelischen Gedenkstätte, die an die nationalsozialistische Judenvernichtung erinnert und diese auch wissenschaftlich dokumentiert.
Während einer Führung unter Teilnahme von Sebastian Kurz kritisierte sie den damaligen österreichischen Bundeskanzler dafür, dass er sich einerseits für das Gedenken an die Shoah und die Bekämpfung des Antisemitismus einsetze, während er andererseits mit der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) koaliere, der Politiker angehörten, die "offen antisemitisch" seien. Ihre Äußerungen lösten eine derartige Unruhe aus, dass Yad Vashem sich genötigt sah, eine Entschuldigung beim österreichischen Botschafter in Israel einzureichen.
Doch Hartmann steht noch immer dazu: Aufrichtigkeit gehöre für sie zu ihrer Arbeit dazu, auch wenn sie dabei ihren Job riskiert habe, sagt sie. "Ich würde es heute, glaube ich, nicht anders machen, weil wir uns selbst gegenüber ehrlich sein müssen."
Anzeige
Täterort wird Gedenkstätte für die Opfer
Deborah Hartmanns Urgroßeltern wurden während des Holocausts aus Wien deportiert und ermordet, doch ihre eigene jüdische Identität sollte ihrer Meinung nach nicht im Vordergrund stehen, wenn es um ihre Rolle als Leiterin der Gedenkstätte geht. "Warum werde ich jetzt darauf angesprochen, dass ich Jüdin bin?", fragt sie im DW-Interview. "Ich verstehe natürlich, dass das von Interesse ist, aber was bedeutet es eigentlich, danach gefragt zu werden? Liegt es daran, dass es immer noch so außergewöhnlich ist? Oder daran, dass es immer noch keine Normalität zwischen Deutschen und Juden geben kann?"
Hartmann gesteht ein, dass die eigene Biografie im Hintergrund immer mitschwinge, aber es gelinge ihr, sich für ihre Arbeit von ihrer Herkunft zu distanzieren. "Aber natürlich ist es mir darüber hinaus wichtig, dass die jüdische Perspektive und die jüdische Erfahrung aus Vergangenheit und Gegenwart sichtbar gemacht werden."
Auch wenn in der Villa der Wannseekonferenz die Täter untergebracht waren, ließen sich ihre Taten nur verstehen, wenn man die Betroffenen-Perspektive im Auge behielte. "Es gibt keine Täter ohne Opfer und natürlich auch keine Opfer ohne Täter", sagt sie.
Zusammenhang von Impfverschwörungstheorien und Antisemitismus
Neben der Dauerausstellung bietet das Haus der Wannsee-Konferenz auch Workshops für bestimmte Berufsgruppen wie Polizisten oder Krankenhauspersonal an, die sich mit der Frage auseinandersetzen: "Was hat meine Berufsgruppe damals gemacht, wie hat sie sich verhalten?", erklärt Hartmann. Untersucht werde auch, welche Praktiken aus der NS-Zeit noch heute, zum Beispiel in der Verwaltung beim Anfertigen von Protokollen, verwendet werden.
Lange verdrängt: Völkermord an Sinti und Roma
Seit 600 Jahren leben Sinti und Roma in Europa. Im Machtbereich der deutschen Nationalsozialisten wurden sie ausgegrenzt, zwangssterilisiert und ermordet. Nach 1945 wurde ihre Verfolgung über Jahrzehnte bestritten.
Bild: Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma
Im Einsatz für Volk und Vaterland
Viele deutsche Sinti hatten nicht nur im Ersten Weltkrieg für das Kaiserreich gedient, sie kämpften auch ab 1939 in der Wehrmacht. 1941 ordnete das Oberkommando "aus rassenpolitischen Gründen" die "Entlassung von Zigeunern und Zigeunermischlingen aus dem aktiven Wehrdienst" an. Alfons Lampert wurde danach gemeinsam mit seiner Frau Else nach Auschwitz deportiert, wo beide starben.
Bild: Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma
Vermessen und erfasst von Rassenforschern
Die Krankenschwester Eva Justin lernte die Sprache Romanes, um das Vertrauen der Minderheit zu gewinnen. Im Gefolge des Rassenforschers Robert Ritter zog sie quer durchs Land, um Menschen zu vermessen und lückenlos als "Zigeuner" und "Zigeunermischlinge" zu registrieren - die Grundlage für den Völkermord. Man erforschte Verwandtschaftsverhältnisse und wertete die Taufregister der Kirchen aus.
Bild: Bundesarchiv
Eingesperrt und entrechtet
Wie hier in Ravensburg im Südwesten Deutschlands wurden Sinti und Roma-Familien Ende der 1930er Jahre vielerorts in Lagern am Stadtrand eingesperrt, umzäunt mit Stacheldraht, kontrolliert von Hundeführern. Niemand durfte seinen Aufenthaltsort verlassen. Haustiere wurden getötet. Die Menschen mussten Zwangsarbeit leisten. Viele wurden zwangssterilisiert.
Bild: Stadtarchiv Ravensburg
Deportation in aller Öffentlichkeit
Im Mai 1940 wurden Sinti- und Roma-Familien aus Südwestdeutschland durch die Straßen von Asperg zum Bahnhof gebracht und von dort direkt in das besetzte Polen deportiert. Im Kripo-Bericht hieß es: "Der Abtransport ging glatt vonstatten." Für die meisten Deportierten wurde es eine Fahrt in den Tod, sie starben in Arbeitslagern und jüdischen Ghettos.
Bild: Bundesarchiv
Von der Schulbank nach Auschwitz
Karl Kling auf einem Klassenfoto der Volksschule in Karlsruhe Ende der 1930er Jahre. Im Frühjahr 1943 wurde er während des Unterrichts abgeholt und ins "Zigeunerlager" nach Auschwitz-Birkenau deportiert, wo er dem Völkermord zum Opfer fiel. Überlebende berichteten, dass sie schon vor der Deportation in den Schulen ausgegrenzt und teilweise gar nicht mehr unterrichtet wurden.
Die Verantwortung eines Bürgermeisters
Der Bürgermeister von Herbolzheim beantragte 1942 die "Wegnahme" der Sinti-Familie Spindler. 16 Familienmitglieder wurden nach Auschwitz deportiert, zwei überlebten. 60 Jahre später klärte Bürgermeister Ernst Schilling die Ereignisse auf. Die Stadt erinnert seitdem an die Ermordeten. Schilling sagt, ihm sei bewusst geworden, wie viel Verantwortung ein Bürgermeister für das Leben von Menschen habe.
Bild: DW/A. Grunau
Mord und Verfolgung quer durch Europa
Wo immer das nationalsozialistische Deutschland die Herrschaft hatte, wurde die Minderheit verfolgt. Sinti und Roma wurden in "Zigeunerlager" oder mit Juden in Ghettos wie Warschau eingeschlossen, in "Vernichtungslager" deportiert und ermordet. Man schätzt, dass bis zu 500.000 Menschen durch Erschießungen, Gas, Verhungern, Krankheiten, medizinische Experimente oder andere Gewaltakte starben.
Lüge am Eingangstor
"Ich kann arbeiten", dachte der 9-jährige Hugo Höllenreiner aus München, als er 1943 wie Tausende andere mit der Familie im Viehwaggon nach Auschwitz kam. Der Schriftzug "Arbeit macht frei" machte Hoffnung, erinnerte er sich später. Er wollte seinem Vater beim Arbeiten helfen: "Dann kommen wir schon wieder frei." Nur etwa jeder Zehnte der nach Auschwitz Deportierten überlebte.
Bild: DW/A. Grunau
Die Schwarze Wand
Namentlich bekannt sind 54 Sinti und Roma, die 1943 vor der Schwarzen Wand im Hof des Stammlagers Auschwitz zwischen Block 10 und dem Todesblock 11 von SS-Leuten hingerichtet wurden - darunter auch Jugendliche. Im Buch "Auschwitz. Die Geschichte des Vernichtungslagers" schreibt Susanne Willems: "Johann Betschker ermordeten sie am 29. Juli 1943, an seinem 16. Geburtstag."
Bild: DW/A. Grunau
"Die Lagerstraße war übersät mit Toten"
"In einer Baracke, die vielleicht Platz für 200 Menschen gehabt hätte, waren oft 800 und mehr untergebracht", erinnerte sich Elisabeth Guttenberger, "die Hölle war das." 40 Baracken gab es im "Zigeunerlager" im Abschnitt BIIe, ein Block war "die Toilette für das ganze Lager". Franz Rosenbach, damals 15 und Zwangsarbeiter, erinnerte sich: "Die Lagerstraße von Birkenau war übersät mit Toten."
Bild: Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau
"Kopf einer Leiche (12-jähriges Kind)"
SS-Arzt Josef Mengele war Lagerarzt im Abschnitt BIIe. Er und seine Kollegen quälten zahllose Häftlinge. Sie verstümmelten Kinder, infizierten sie mit Krankheiten, forschten an Zwillingspaaren und ermordeten sie mit Spritzen ins Herz. Augen, Organe und ganze Körperteile schickte Mengele nach Berlin. Im Juni 1944 versandte er den Kopf eines 12-jährigen Kindes. Er stand nie vor Gericht.
Bild: Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau
Asche der Ermordeten
Die Häftlinge litten an Hunger, Durst, Kälte, Krankheiten und brutaler Gewalt. Kleine Kinder und alte Menschen starben zuerst. Kranke wurden in den Gaskammern ermordet. Die Leichen wurden verbrannt. Im "Zigeunerlager" in Auschwitz-Birkenau konnte man den Rauch der Krematorien sehen und riechen. Die Asche der Toten wurde auch in solchen Teichen versenkt, wo Angehörige heute Blumen niederlegen.
Bild: DW/A. Grunau
Befreiung - zu spät für Sinti und Roma
Als die Rote Armee am 27. Januar 1945 Auschwitz erreichte, traf sie dort auch auf gefangene Kinder. Für Sinti und Roma kamen die Befreier zu spät. Schon in der Nacht auf den 3. August 1944 trieb die Lagerleitung die verbliebenen Menschen aus dem "Zigeunerlager" in die Gaskammern. Zwei Kinder kamen am Morgen nach der Mordnacht weinend aus den Baracken, sie wurden "nachgeliefert".
Bild: DW/A. Grunau
Aus rassischen Gründen verfolgt
Nach der Befreiung aus den Konzentrationslagern stellten alliierte oder deutsche Stellen Überlebenden Bescheinigungen über rassische Verfolgung und die KZ-Haft aus. Später mussten sich viele anhören, sie seien nur als Kriminelle verfolgt worden, Anträge auf Entschädigungen wurden abgelehnt. Hildegard Reinhardt hat in Auschwitz ihre drei kleinen Töchter verloren.
Bild: Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma
Hungerstreik gegen Kriminalisierung
Anfang der 1980er Jahre wussten sich die Vertreter der Sinti und Roma keinen Rat mehr. Mit einem Hungerstreik auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau kämpften KZ-Überlebende gegen die Kriminalisierung der Minderheit und für die Anerkennung der NS-Verfolgung. 1982 stellte Bundeskanzler Helmut Schmidt offiziell fest, dass Sinti und Roma Opfer eines Völkermords waren.
Bild: picture-alliance/dpa
Ort des Gedenkens in Berlin
In der Nähe des Bundestags entstand 2012 im Berliner Tiergarten die Gedenkstätte für die in der Zeit des Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma. Verbände rufen besonders am Welt-Roma-Tag zum Kampf gegen Antiziganismus auf. Diese Feindseligkeit der Mehrheitsgesellschaft erleben auch heute noch viele Mitglieder der Minderheit in Deutschland und Europa.
Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld
16 Bilder1 | 16
Die aktuellen Ereignisse rund um die "Querdenker"-Bewegung zeigten auch, dass Ideen von damals durchaus heute noch Menschen beeinflussen könnten: So hinterließen letztes Jahr einige Anhänger Flugblätter im Museum und schrieben einen Kommentar in das Gästebuch der Gedenkstätte, in dem sie die aktuellen Einschränkungen während der Corona-Pandemie mit den antijüdischen Gesetzen der Nazis verglichen. "Die Querdenker-Bewegung basiert auf Verschwörungstheorien, da gibt es eine sehr enge Verbindung zu Antisemitismus und antisemitischem Denken", sagt Hartmann.
Mit allen Parteien reden
Eine Gedenkstätte habe die Aufgabe, solche Parallelen deutlich zu machen und "auch etwas dagegen zu tun". Doch wie soll das möglich sein? Wie kann das Haus der Wannsee-Konferenz Verschwörungstheoretikern und Parteien wie der Alternative für Deutschland (AfD) mit rassistischen und rechtsextremen Positionen etwas entgegensetzen?
Das sei nicht leicht, räumt Hartmann ein, doch "wir müssen versuchen, die Menschen zu erreichen, die bereit sind, mit uns zu reden", sagt sie. "Das funktioniert vielleicht nicht über historische Bildung, aber auch hier können wir die Kontinuitäten in den Überzeugungen aufzeigen, indem wir deutlich machen: Verschwörungstheorien sind ein ganz wichtiger Teil des Antisemitismus." Auch wenn solche Bemühungen, wie sie realistisch hinzufügt, "nur einen Versuch" darstellten, so sei dieser Versuch dennoch lohnenswert.
Dieser Artikel wurde von Sabine Oelze aus dem Englischen adaptiert.