80 Millionen Arme
8. Juli 2008Jeder achte Bundesbürger (13 Prozent) ist arm oder von Armut bedroht. Damit liegt das vergleichsweise wohlhabende Deutschland in Bezug auf die Armut im europäischen Vergleich nur im oberen Mittelfeld. Das geht aus der europaweiten Statistik "Leben in Europa" hervor, die das Statistische Bundesamt am Dienstag (08.07.2008) veröffentlicht hat. Gemeinsam mit Finnland, Österreich und Frankreich teilt sich Deutschland demnach den neunten Platz von insgesamt 25 Staaten.
Europaweite Armut
Die durchschnittliche europäische Armutsquote liegt nach Angaben des Statistischen Bundesamtes bei 16 Prozent. Das entspricht rund 80 Millionen von knapp 500 Millionen Menschen. Am niedrigsten ist die Armutsquote den Angaben zufolge mit jeweils zehn Prozent in Island, den Niederlanden und Tschechien, am höchsten in Lettland mit 23 Prozent.
Allerdings ist die Armut in Deutschland über die verschiedenen Altersgruppen hinweg so gleichmäßig verteilt wie in sonst keinem anderen EU-Land. "Das zeigt, wie gut die Transfersysteme greifen", sagte Silvia Deckl vom Statistischen Bundesamt. In Dänemark beispielsweise seien fünf Prozent der 55- bis 65-jährigen arm, aber bis zu 35 Prozent der jungen Erwachsenen. Auch in Schweden, Finnland und Norwegen sind besonders die 18- bis 24-Jährigen von Armut betroffen. Auf Zypern dagegen seien nur acht Prozent der jungen Erwachsenen arm, aber 52 Prozent der Ruheständler.
Arbeitslose von Armut bedroht
In Deutschland sind vor allem die Arbeitslosen überdurchschnittlich von Armut bedroht oder arm. In Deutschland gelten 43 Prozent der Arbeitslosen als arm, in der gesamten EU dagegen 41 Prozent. In der Euro-Zone sind es im Schnitt sogar nur 38 Prozent. Wer in Deutschland Arbeit hat, ist dafür weniger stark armutsgefährdet als Arbeitnehmer in den EU-Nachbarländern. In Deutschland sind es fünf Prozent, die armutsgefährdet sind, obwohl sie Arbeit haben, im EU-Durchschnitt acht Prozent, in der Eurozone sieben Prozent und in den zehn neuen Mitgliedstaaten neun Prozent.
Das Statistische Bundesamt hat für seine Erhebung rund 200.000 private Haushalte in der EU befragt, darunter 13.799 deutsche. Die Angaben beziehen sich auf das Jahr 2005. Damals hatte die EU 25 Mitgliedsstaaten. Bulgarien und Rumänien traten der Europäischen Union erst 2007 bei. Als von Armut bedroht gilt in Deutschland nach der Berechnung des Statistischen Bundesamtes zum Beispiel ein allein lebender Mensch, der netto weniger als 9370 Euro im Jahr zur Verfügung hat. In Luxemburg ist der Schwellenwert mit 17.808 Euro fast doppelt so hoch, in Litauen und Lettland liegt er hingegen bei 1520 Euro. (det)