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Politik

82 Haftbefehle für türkische Oppositionelle

25. September 2020

Die türkische Justiz vergisst nichts. Um prominente Mitglieder der pro-kurdischen HDP mundtot zu machen, greift sie jetzt ins Jahr 2014 zurück.

Festnahmen in der Türkei
Insgesamt 19 Menschen wurden bislang festgenommenBild: DHA

Die türkische Justiz hat Haftbefehle gegen 82 Menschen wegen Protestaktionen zugunsten von Kurden im Jahr 2014 erlassen. Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu wurden bislang 19 Menschen festgenommen. Unter ihnen sind mehrere prominente Mitglieder der pro-kurdischen Partei HDP, wie Sprecherin Bermali Demirdögen bestätigte. In Polizeigewahrsam kam auch der Bürgermeister der osttürkischen Stadt Kars, Ayhan Bilgen. Er war bei den Kommunalwahlen 2019 für die HDP angetreten.

Auch er wurde festgenommen: Ayhan Bilgen, Oberbürgermeister der Stadt Kars Bild: privat

Von offizieller Seite hieß es, Hintergrund der Ermittlungen seien die Ausschreitungen im Oktober 2014 im Südosten der Türkei. HDP-Vertreter hatten seinerzeit zu Demonstrationen zugunsten der von der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) bedrängten syrisch-kurdischen Grenzstadt Kobane aufgerufen. Die Kurden warfen der Regierung in Ankara vor, IS-Kämpfer militärisch zu unterstützen. Bei den darauffolgenden dreitägigen schweren Unruhen wurden etwa 40 Menschen getötet und mehrere hundert verletzt.

Die Staatsanwaltschaft in Ankara teilte nun mit, bei den Protesten sei es zu Mord, Diebstahl, Plünderungen und Angriffen gegen mehrere hundert Sicherheitskräfte und Zivilisten gekommen. Welche Vergehen den 82 Beschuldigten genau vorgeworfen werden, blieb offen.

Nach der Absetzung zwei weiterer HDP-Bürgermeister durch die türkische Justiz in Juni, demonstrierten in Istanbul zahlreiche MenschenBild: Erhan Demirtas/NurPhoto/picture-alliance

Der HDP-Co-Vorsitzende Mithat Sancar sieht in dem Vorgehen der türkischen Justiz unter anderem eine Reaktion auf die sinkenden Umfragewerte der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP: "Ihnen gehen die Mittel gegen die HDP aus, darum graben sie alte Geschichten aus."

Auch in Deutschland gab es Kritik am Vorgehen der türkischen Behörden. Hier würden jegliche rechtsstaatlichen Prinzipien ausgesetzt, sagten die Linken-Vorsitzenden Bernd Riexinger und Katja Kipping. Damit solle eine demokratische Oppositionspartei, die sich der autoritären Regierung von (Staatschef Recep Tayyip) Erdogan entgegenstellt, zerschlagen und mundtot gemacht werden, erklärten sie.

Erdogan beschuldigt die HDP, der verlängerte Arm der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK zu sein. Vertreter der Partei weisen dies entschieden zurück.

Von den insgesamt 65 im Jahr 2019 gewählten HDP-Bürgermeistern in der Türkei sind nach Angaben der Partei inzwischen 47 abgesetzt und durch nicht gewählte Erdogan-Gefolgsleute ersetzt worden.

se/ww (dpa, ap, rtr, afp)

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