1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Aarhus läutet europäisches Kulturjahr ein

21. Januar 2017

Dänen sagt man manchmal eine gewisse Kühle nach. Nicht so in Aarhus. Die Stadt feiert mit einem Licht- und Musikspektakel das Jahr als Europäische Kulturhauptstadt. Die Menschen gehen mit. Bernd Riegert aus Aarhus.

Dänemark Aarhus Eröffnungsfeier Europäische Kulturhauptstadt 2017
Ausstrahlung: Vom Rathausturm in alle Richtungen, offen für BegegnungBild: DW/B. Riegert

Die Sängerin und Komponistin Eivör Palsdottir von den Faroer-Inseln war begeistert von einer "wundervollen, Herz erweichenden" Schau. Die dänische Folk-Künstlerin hatte einige ihrer Musikstücke zur Eröffnungsfeier der Europäischen Kulturhauptstadt Aarhus beigesteuert. Fast 1000 Sängerinnen und Sänger sowie zwei Orchester trugen ihre Werke zu einer farbenprächtigen Licht- und Projektionsshow im Hafen vor. Wasser, Licht, eine nordische Hymne. Das passte perfekt zusammen, meinten viele der über 30.000 Zuschauer. "Die halbe Stadt scheint auf den Beinen zu sein", sagte ein Polizist, der versuchte, die Menschenströme durch die für Fahrzeuge gesperrten Straßen zu leiten. Die Veranstalter der Europäischen Kulturhauptstadt hatten mit weniger Schaulustigen gerechnet.

Tausende sahen Lasershow, nordischen Chor und DJ Static am HafenBild: DW/B. Riegert

Kultur neu denken

Der Bürgermeister von Aarhus, Jacob Bundsgaard, sagte im DW-Gespräch, seine Bürger stünden voll und ganz hinter dem Projekt, auch wenn die Vorbereitung viele Jahre gedauert habe und manchmal mühevoll war. "Wir haben Tausende von Freiwilligen. Das ist wirklich Stadtgespräch." Ein Jahr lang wird Aarhus, die zweitgrößte Stadt des EU-Landes Dänemark jetzt dänische und internationale Kultur präsentieren. Hunderte Veranstaltungen hat die Generaldirektorin Rebecca Matthews geplant. Aarhus soll mit Kultur neu denken, umdenken. Let's rethink. Das ist ihr Motto.

Bürgermeister Bundsgaard und die dänische Königin, Margrethe II., hatten am großen Konzertsaal der Stadt zuvor eine lange Parade mit 4000 großen und kleinen Wikingerschiffen auf den Weg zum Hafen geschickt. Die leuchtenden Schiffe hatten die Bürgerinnen und Bürger von Aarhus und der umliegenden 18 Gemeinden selbst gebastelt und gebaut. Die Parade lehnte sich an die Geschichte von Aarhus an, das einst Heimat von Wikingern war. Die Schiffe griffen einzelne kulturelle Problemfelder auf, zum Beispiel den Klimawandel, nachhaltiges Wirtschaften und Migration. "Aarhus ist eine Stadt mit vielen kulturellen Minderheiten und Einwanderern", erzählt der sozialdemokratische Bürgermeister. "Darauf sind wir stolz und das feiern wir auch in diesem Jahr." Die ganze Stadt ist an diesem Abend in ein rotes Leuchten, violette Laserstrahlen und ein großes Feuerwerk getaucht. Auch Beethovens Ode an die Freude wird gespielt, die Europa-Hymne. Schließlich geht es neben dem nordischen Touch auch um Europa. Die Choreografie für den Auftakt übernahm der britische Eventkünstler Nigel Jamieson, der auch schon bei Olympischen Spielen mitgewirkt hat.

Das Schiff erhoben: Königin Margrethe (im Zelt) macht es den Schülern nachBild: DW/B. Riegert

"Lasst es uns ausprobieren"

"Ich bin froh, dass es endlich losgeht", sagt Aarhus' Bürgermeister Jakob Bundsgaard im DW-Gespräch. Er erwarte zwar nicht, dass Millionen Besucher etwas aus Deutschland zusätzlich nach Dänemark kommen, aber er "erwarte doch einen erheblichen Zuwachs und viele neue Kontakte, auch international". Diese Einschätzung teilt der Kurator des historischen Freilichtmuseums "Den Gamle By". Für Martin Brandt Djupdraet ist die Zeit der Kulturhauptstadt eine große Chance. "Natürlich gibt es auch Menschen in Aarhus, denen die Kulturhauptstadt herzlich egal ist", sagte Museumsmanager Djupdraet der DW. "Viele werden aber kulturelle Angebote nutzen, die sie sonst gar nicht wahrnehmen. Viele werden sagen, lasst uns mal schauen, was das eigentlich ist. Wenn die Museen und Theater dann alles richtig machen, werden wir zufriedene Kunden haben, die auch wiederkommen."

Auffällig sind die vielen Kinder und jungen Menschen, die bei der Eröffnungsfeier mitmachen. Alleine 16 Schulen und auch die Universität haben sich am Bau der leuchtenden Schiffe beteiligt. Aarhus sei eine junge Stadt, hat die Generaldirektorin der Kulturhauptstadt Rebecca Matthews erkannt. "Wir wenden uns ausdrücklich an ein junges Publikum." Man wolle ausprobieren, mitmachen, umdenken und Lösungen finden, "für die Probleme die uns gerade umgeben". Denen könne man mit Kultur begegnen, ist sich Matthews sicher. Deshalb hat das 500 Seiten starke Programmbuch eigentlich in jeder Sparte, auf jedem Niveau für jeden etwas zu bieten. Anker der Kulturhauptstadt sind die drei großen Museen der Stadt für moderne Kunst, Menschheitsgeschichte und die Kulturgeschichte Dänemarks. Daneben wird es Spitzenproduktionen in Ballett, Theater, Oper und Konzert geben. Ein Höhepunkt wird die Aufführung des Wikingerspektakels "Die rote Schlange" auf dem Dach des Moesgaard-Museum für Menschheitsgeschichte sein. Es wird auch eine Hippie-Party, ein Festival für Ein-Personen-Theaterstücke und kulturelle Fahrradtouren geben.

Wikingerboot mit Botschaft: Wahl, Eisbär und Eisberg widersetzen sich dem KlimawandelBild: DW/B. Riegert

"Wir wollen besser werden"

Während über ihm die letzten Feuerwerksraketen platzen, denkt Bürgermeister Bundsgaard schon weiter. Wichtig sei das Kulturjahr natürlich schon, aber noch wichtiger sei eigentlich das, was bleibt. "Wir konzentrieren uns in Aarhus schon auf die Hinterlassenschaft, das Erbe. Wir wollen, dass alle Kultureinrichtungen ihre Kompetenzen erweitern und noch ein bisschen besser und international bekannter werden. Wir möchten, dass alle Bürger offen bleiben und neugierig darauf bleiben, was in der Welt vor sich geht." Auch Museumskurator Martin Brandt Djupdraet schaut nach vorne: "Wenn man sich auf etwas konzentriert, wächst man auch. Man wird besser. Viele Leute in Europa schauen auf uns und darauf sind wir sehr stolz." Aarhus werde sich, da sind sich beide Männer einig, seinen Platz auf der internationalen Kulturlandkarte in diesem Jahr erarbeiten. In der kommenden Woche eröffnet in Paphos auf Zypern die zweite Europäische Kulturhauptstadt für 2017 ihr Programm.

 

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen