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FilmIndien

Der Ashram: nicht immer Zufluchtsort

Manasi Gopalakrishnan
10. Januar 2021

Die Webserie "Aashram" sorgt für Streit: Darin missbrauchen spirituelle Führer ihre Anhänger. Religiöse Aktivisten sehen den Hinduismus diskreditiert.

Serie Ashram
Bild: MX Player

"Lasst alles los, eure Lieben, euren Reichtum, eure Wünsche. Dann werdet ihr auf ewig selig werden", sagt Guru Baba Nirala, der Hauptprotagonist der Webserie "Aashram", die derzeit in Indien gestreamt werden kann. Obgleich ein spiritueller Führer, ist das Verhalten der Figur Baba Nirala alles andere als moralisch: Er überschreitet die Grenze zwischen Verbrechen und Gerechtigkeit, zwischen Sünde und Moral, wenn seine Liebe zu einer seiner Anhängerinnen zu Missbrauch wird. 

Der bekannte Filmemacher Prakash Jha führte bei der fiktiven Serie Regie. Etliche Zuschauer werfen ihm nun vor, seine Serie stelle hinduistische spirituelle Führer als Drogenhändler und Sexualstraftäter dar. Sie "verletzt die religiösen Gefühle der Hindus", so der Wortlaut einer Petition eines Anwalts aus dem Nordwesten der Stadt Jodhpur. Jha und Hauptdarsteller Bobby Deol erhielten Vorladungen und müssen am 11. Januar vor Gericht erscheinen. 

"Aashram"-Regisseur Prakash JhaBild: Sarang Gupta/Hindustan Times/imago

Ashrams, Gurus und Skandale

Skandale in religiösen Einrichtungen - ob hinduistisch oder einer anderen Glaubensausrichtung - sind alles andere als selten. In den letzten Jahren häufen sich Meldungen von sexuellen Übergriffen in hinduistischen Einrichtungen und Yoga-Retreats. Asaram Bapu, ein Guru aus Jodhpur, wurde 2018 wegen Vergewaltigung zu einer Haftstrafe verurteilt. Ein weiterer Guru, Swami Bhakti Bhushan Maharaj, wurde vergangenen Juli festgenommen, da er gleich mehrere minderjährige Mädchen in seinem Ashram in der Nähe von Neu-Delhi missbraucht hatte.

Im Westen verbindet man vor allem Bhagwan Shree Rajneesh alias Osho mit sexueller Ausbeutung: In den 1960er Jahren sorgten Medienberichte über Sexorgien in seinen Ashrams im US-amerikanischen Oregon und im indischen Puna für Betroffenheit. Die Netflix-Doku "Wild Wild Country" brachte Bhagwan jüngst wieder in Erinnerung. Darin berichten Opfer Bhagwans von den psychologischen Schäden, die sie davon trugen, als sie mit ihren Eltern in den Bhagwan-Ashrams lebten. 

Auch in Australien kam sexueller Missbrauch ans Licht, als im vergangenen Jahrzehnt viele Opfer gegen Swami Akhandananda Saraswati aussagten, der Minderjährige und Frauen in den 1970er und den 1980er Jahren vergewaltigt hatte.

Der umstrittene indische Guru und Sektenführer Bhagwan Shree RajneeshBild: dpa/picture-alliance

Missbrauchsfälle auch in kultähnlichen Yoga-Einrichtungen

Die jüngsten Skandale drehten sich um Yogalehrer und ihre Schulen im Westen. Zwar handelt es sich bei Yogaschulen nicht um Ashrams im engeren Sinne, manche weisen aber ähnliche Strukturen und Hierarchien auf, die viel Spielraum für Missbrauch bieten. 

Bikram Choudhury, ein US-amerikanischer Yogalehrer indischer Herkunft und Schöpfer des "Hot Yoga", das erstmalig in seinem Studio in Los Angeles angeboten wurde, musste sich seit 2010 wiederholt wegen Vergewaltigung und sexuellem Missbrauch verantworten. Vor Gericht wurden seine Strukturen als kultähnlich beschrieben.

Emotionale Bindung und Schweigen

Ähnliche Anschuldigungen richteten sich gegen Pattabhi Jois, einen bekannten Lehrer des Ashtanga Yoga, einer Methode, die vor allem in Europa und den USA sehr beliebt ist. Karen Rain praktizierte Yoga bei Jois. Im Gespräch mit der DW offenbart die US-amerikanische Schriftstellerin, Jois habe vorgegeben, Yogastellungen korrigieren zu wollen, um sie und anderen Frauen zu belästigen. "Pattabhi küsste die Yogaschülerinnen auch oder kniff sie in den Po, wenn er sich verabschiedete."

Marion Goldmann, eine emeritierte Professorin für Soziologie und Religionswissenschaften an der Universität von Oregon, verbrachte einige Zeit in Bhagwan Shree Rajneeshs utopischer Stadt in Oregon. Sie erklärt, warum solche religiösen Einrichtungen sexuellen Missbrauch begünstigen und warum die Opfer so lange brauchen, um ihr Schweigen zu brechen: "Anhänger einer alternativen Religion zu sein, setzt eine tiefe emotionale Bindung sowohl zum Anführer als auch zu anderen Mitgliedern voraus", so Goldmann. "In manchen Fällen ist die Gruppe wie eine zweite Familie, und die Frauen ertragen den emotionalen und physischen Missbrauch und die Entbehrungen, weil sie ihre Familie nicht verlieren wollen."

Nicht gegen Hinduismus, sondern gegen Heuchelei

Karen Rains eigene Missbrauchserfahrungen haben dazu geführt, dass sie überhaupt keine Spiritualität mehr in ihrem Leben haben möchte. Yoga hat sie aufgeben, und sie hält sich fern von religiösen Gruppen, denn "Missbrauch und Korruption" seien allgegenwärtig.

Om Prakash in seiner Rolle als Polizist in "Aashram"Bild: Om Prakash

Aber bedeutet das nun, dass Zeugenaussagen, Nachrichten über sexuellen Missbrauch und kritische TV-Serien über Ashrams - auch fiktive - den Hinduismus als solches diskreditieren?

Im Gegenteil, sagt Om Prakash, der einen Polizisten in "Aashram" spielt. "Es gibt Heuchler in der hinduistischen Religion, deren Aktivitäten unsere Religion in einem schlechten Licht dastehen lassen. Aber unsere Serie soll die Menschen vor solchen Individuen warnen." Prakash zufolge brauche es solche Serien, um Menschen bloßzustellen, die den Hinduismus oder eine andere Religion für ihre egoistischen Ziele ausnutzten. 

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