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Musik

ABBA: Das überraschendste Comeback des Jahrzehnts

5. November 2021

Nach fast 40 Jahren kehren die Schweden mit dem Album "Voyage" und einer virtuellen Konzertshow zurück. Werden sie damit auch neue Fans begeistern können?

Abbilder der Bandmitglieder als ihre digitalen Doubles aus den 1970er Jahren.
"Back to the 70s": Die Band als "ABBAtare"Bild: Industrial Light And/PA Media/dpa/picture alliance

Frenetisch gefeiert und innig geliebt - der Enthusiasmus der ABBA-Fans hat in den fast 40 Jahren seit der Trennung der Band 1982 nie wirklich nachgelassen. Im Gegenteil: Die Queer-Gemeinde erhob die vier Schweden zu Ikonen, in Clubs weltweit wurden ABBA-Partys veranstaltet und der Ruf der Musiker als Perfektionisten des Pops verfestigte sich. 

Und jetzt erscheint am 5. November das neue ABBA-Album "Voyage". Werden die vier Schweden die Erwartungen, die dran geknüpft sind, erfüllen können? Schließlich wird ihr Comeback schon jetzt als das spektakulärste des Jahrzehnts, wenn nicht der Popgeschichte gefeiert.

Was man schon jetzt sagen kann: Es ist ein Comeback, das bis ins kleinste Detail geplant und perfekt inszeniert ist. "The journey is about to begin. ABBA. 'Voyage'" verkündete ab August die offizielle Webseite der Band, virtuelle Einladungen wurden verschickt, ein Live-Event am 2. September angekündigt. Die Werbemaschine lief auf Hochtouren und alle sprangen darauf an. Und dann startete am Abend des 2. September eine virtuelle Weltreise: Fans auf jedem Kontinent erzählten, was ihnen ABBA bedeutet, sangen ihre Lieder, hielten Schilder mit Botschaften an die vier Bandmitglieder Agnetha, Björn, Benny und Anni-Frid in die Kamera. 

270.000 Menschen verfolgen den Live-Stream

In Sydney leuchtete die Harbour Bridge ABBA zu Ehren und Kylie Minogue schickte einen Gruß. BBC Radio verschob sogar seine 18-Uhr-Nachrichten, um zwei der insgesamt zehn neuen Songs vorzustellen. Die neue Single, "I Still Have Faith in You" ist an eine Ode an die Freundschaft - trotz musikalischer und persönlicher Trennungen - und fasst die letzten 40 Jahre der Band zusammen: "Do I have it in me? I believe it is in there / For I know I hear a bittersweet song / In the memories we share (...) The crazy things we did / It all comes down to love". Eine melodiöse, verträumte Nummer, Agnetha Fältskogs und Anni-Frid Lyngstads Stimmen immer noch glockenhell und klar wie eh und je - ein ABBA-Song durch und durch, irgendwo zwischen eingängigem Pop und Volkslied. 

Die zweite Single-Auskopplung "Don't Shut Me Down", die ebenfalls im September vorgestellt wurde, beginnt mit einem ruhigen Gesangspart von Agnetha, der nach wenigen Takten in einen treibenden Rhythmus übergeht, dazu Klavieruntermalung und Streicher.

Die Melodie ist eingängig und der Text einprägsam. Auch hier halten Benny Andersson und Björn Ulvaeus an ihrem Songschreibe-Rezept fest, das der Band zu Weltruhm verhalf. Ende Oktober erschien dann die dritte Auskopplung, "Just a Notion". Die zum Tanzen animierende Anfangssequenz erinnert ein bisschen an "Waterloo", dem Hit, mit dem die Band 1974 beim Eurovision Song Contest gewann und eine beispiellose Weltkarriere startete.

Mit "Waterloo" gelang den Schweden der DurchbruchBild: John Downing/Express/Getty Images

Damals, so erinnert sich Benny Andersson während der ABBA-Show am 2. September, hielt man die vier Schweden noch für ein One-Hit-Wonder, das durch den Eurovision Song Contest gewiss nur zu kurzem Ruhm gelangen würde. So kann man sich täuschen: Nach 400 Millionen verkauften Alben, 17 Nummer-1-Hits, einem Musical, das seit 20 Jahren erfolgreich aufgeführt wird und zwei Spielfilmen starten ABBA jetzt mit einem neuem Album durch. In London entsteht zudem eine spezielle Halle für die "Voyage"-Konzerte, wo futuristische Retro-"ABBAtare" im nächsten Jahr zweimal täglich vor rund 5000 Zuschauern "auftreten" werden.

Um diese digitalen Hologramme zu konzipieren, wurden Ulvaeus, Andersson, Fältskog und Lyngstad im letzten Jahr fünf Wochen lang verkabelt und bewegten sich elf Stunden täglich auf der Bühne. Aus diesem "Digital thing" - wie Benny Andersson es nennt - sind ihre digitalen 70er-Jahre-Doubes entstanden - "Forever young", zumindest für diese Show.  

Agnetha und Anni-Frid halten sich im Hintergrund

Die beiden Sängerinnen waren nicht zur Pressevorstellung von Konzertreihe und Album nach London gereist. Anni-Frid war lange schwer krank und Agnetha leidet unter Flugangst. Und auch sonst ist nicht davon auszugehen, dass ihnen die Wiedervereinigung so wichtig wäre wie den Männern. "Sie hätten hier sein sollen", sagte Björn damals halb im Scherz, "aber sie genießen die [Publicity] nicht so sehr wie Benny." Der Pianist gestand auch, dass er vor der ersten Aufnahmesitzung nervös war. "Fünf Minuten bevor Agnetha und Anni-Frid ins Studio kamen, dachte ich: 'Ich hätte fragen sollen, ob sie noch singen können'", sagte er. "Aber sie konnten es und sie können es, und man wird es hören, wenn man die Platten anhört."

Musikalisch wollen ABBA mit ihrem neuen Album an ihre Ursprünge anknüpfen: "Wir haben nie darauf geschaut, wie die Charts heute aussehen", bestätigte Björn auf einer Pressekonferenz, auf der die neue Musik angekündigt wurde. "Wir haben einfach von Anfang an beschlossen, die besten Songs zu schreiben, die wir können." 

Die Schweden, die inzwischen alle über 70 Jahre alt sind, gehen mit der Zeit: Sie nutzen gekonnt die Sozialen Netzwerke, um ihr Comeback zu promoten. Und blickt man auf die Resonanz - "Just a notion" wurde beispielsweise innerhalb von einer Woche rund 1,8 Millionen Mal gelikt - gelingt ihnen der Spagat zwischen Alt und Neu sehr gut. Somit reaktivieren sie nicht nur ihre alten Fans, sondern schaffen es auch, neue an Bord zu holen. 

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