1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Abbas' Aussagen zum Holocaust sorgen für Entsetzen

2. Mai 2018

Israel und die USA haben mit Empörung auf antisemitische Äußerungen von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas reagiert. Israels Premier Netanjahu rief die Welt zu einer Reaktion auf.

Palästinenser Nationalrat in Ramallah Mahmoud Abbas
Bild: picture-alliance/AA/I. Rimawi

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die Aussagen von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zur Schuld der Juden am Holocaust scharf verurteilt. "Abu Masen (Abbas) wiederholt die verabscheuungswürdigsten antisemitischen Slogans", sagte Netanjahu. "In einem Gipfel von Unwissenheit und Frechheit behauptet er, dass die europäischen Juden nicht verfolgt und ermordet wurden, weil sie Juden waren, sondern weil sie Kredite mit Zinsen vergeben haben." 

Benjamin NetanjahuBild: REUTERS

"Ich rufe die internationale Gemeinschaft dazu auf, den schlimmen Antisemitismus von Abu Masen zu verurteilen", sagte Netanjahu. Es sei an der Zeit, dass dieser Antisemitismus von der Erdoberfläche verschwinde. Der Sprecher des Außenministeriums, Emmanuel Nachschon, sagte der Nachrichtenagentur AFP, der "Antisemitismus" von Abbas sei "umso erschreckender, da er sich als jemand präsentiert, der Frieden mit Israel schließen will".

Der US-Botschafter in Israel, David Friedman, erklärte auf Twitter, Abbas habe "einen neuen Tiefstand" erreicht, indem er "Massaker am jüdischen Volk im Verlauf der Geschichte auf ihr 'soziales Verhalten im Zusammenhang mit Zinsen und Banken' zurückgeführt hat". Der US-Nahostbeauftragte Jason Greenblatt nannte die Äußerungen "sehr unglücklich, sehr besorgniserregend und furchtbar entmutigend". "Auf dieser Grundlage kann kein Frieden geschaffen werden."

Die Aussagen von Abbas zum Holocaust stießen auch bei der Bundesregierung auf Widerspruch. "Wir treten gegen jegliche Relativierung des Holocausts ein", schrieb Außenminister Heiko Maas auf Twitter. Deutschland trage die Verantwortung für das grausamste Verbrechen der Menschheitsgeschichte. "Die Erinnerung daran bleibt uns Mahnung und Auftrag, weltweit jeder Form von Antisemitismus sehr entschlossen zu begegnen." Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, forderte eine Reaktion aus Europa: "Zum wiederholten Male relativiert oder verbrämt Abbas den Holocaust", sagte sie. "Ich erwarte von der deutschen und europäischen Politik eine deutliche Reaktion auf diese unerträglichen Lügen."

Abbas hat in einer phasenweise antisemitischen Rede vor dem Palästinensischen Nationalrat dem jüdischen Volk die Schuld am Holocaust gegeben, der Ermordung von sechs Millionen Juden durch die Nazis. "Vom elften Jahrhundert bis zum Holocaust, der in Deutschland stattgefunden hat, waren jene Juden, die nach West- und Osteuropa zogen, alle zehn bis 15 Jahre Massakern ausgesetzt", sagte Abbas vor hunderten Delegierten. Juden würden ihre Verfolgung mit ihrer Religion begründen. Er zitierte dann aber aus "drei Büchern" jüdischer Autoren, um zu belegen, dass es "Judenfeindlichkeit nicht wegen ihrer Religion, sondern eher wegen ihrer sozialen Funktion" gebe, und fügte hinzu, es sei an dieser Stelle "deren soziale Funktion im Zusammenhang mit Banken und Zinsen" gemeint. 

Kinder nach ihrer Befreiung aus dem Konzentrationslager AuschwitzBild: picture alliance/Mary Evans Picture Library

Adolf Hitler habe die Einwanderung von Juden ins historische Palästina durch einen Deal zwischen dem deutschen Wirtschaftsministerium und der Anglo-Palestine Bank unterstützt, sagte Abbas in der Rede. Dadurch hätten Juden bei der Einwanderung all ihr Vermögen durch die Bank mitnehmen können. 

Der Nationalrat, das Parlament der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), war am Montag erstmals seit Jahren zu dreitägigen Beratungen zusammengetreten. Zuletzt hatte das PLO-Parlament 1996 regulär getagt, 2009 gab es eine Sondersitzung.

Eingang des Vernichtungslagers Auschwitz im polnischen OswiecimBild: picture-alliance/AP Photo/C. Sokolowski

Bereits im Januar hatte Abbas in einer umstrittenen Rede Israel als "koloniales Projekt" bezeichnet, "das nichts zu tun hat mit Juden, die Juden wurden stattdessen als Werkzeug benutzt". Israels Staatspräsident Reuven Rivlin hatte die Rede im Januar scharf kritisiert. Abbas habe "genau das gesagt, was dazu geführt hat, dass er vor Jahren des Antisemitismus und der Holocaust-Leugnung beschuldigt wurde". Abbas betonte nun allerdings auch: "Ich sage hier aber nicht, dass Israel entfernt werden sollte. Israel existiert, und alles was ich will, ist ein Staat, so dass wir zusammen in Frieden leben können." 

In seiner Anfang der 1980-er Jahre vorgelegten Doktorarbeit hatte Abbas den Holocaust relativiert und der zionistischen Bewegung vorgeworfen, sie habe mit dem Hitler-Regime kollaboriert. 2014 hatte er dann erstmals die Judenvernichtung während des Holocaust als das "schlimmste Verbrechen der Neuzeit" bezeichnet. 

stu/hk (dpa, hk)
 

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen