Auf der Nobelpreisträgertagung stand in diesem Jahr die Medizin im Fokus. Woran die jungen Nachwuchsforscher dabei denken, und welche Herausforderungen ihrer Meinung nach die dringendsten sind, haben sie uns skizziert.
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Abgebildet: Nobelpreiswürdige Ideen
Im bayerischen Lindau treffen sich Nobelpreisträger und Nachwuchsforscher, in diesem Jahr steht die Medizin im Fokus. Welche Herausforderungen für die jungen Forscher die dringendsten sind - das haben sie uns skizziert.
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Einfach gesagt-gemalt
Ob Nobelpreisträger oder Nachwuchsforscher - nicht immer erklären sie ihre wissenschaftlichen Themen für jedermann verständlich. Vielleicht ist es da einfacher, die jungen Teilnehmer in Lindau ihre Vorstellung von nobelpreiswürdigen, dringenden Zielen einfach zeichnen zu lassen. Zum Beispiel von Paolo Mazzula.
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Paolo Mazzula, Italien: Altersforschung
Das Spezialgebiet von Paolo Mazzula ist Demenz. Lange überlegt er, was er zeichnen soll und erklärt, dass es für ihn als Arzt nicht in erster Linie das Heilen, Behandeln oder die Forschung ist. "Mein oberstes Ziel ist es, Gesundheit zu fördern - und Krankheiten zu verhindern, die potenziell verhinderbar sind. Erfolgreiches Altern mit dem Kopf und mit dem Körper, das wärs!" entscheidet er.
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Anowara Begum aus Bangladesch
Anowara Begum ist 23 Jahre jung und hat Public Health an der "Asian University for Women" studiert. In ihrer Heimat ist sie viel herumgekommen, erzählt sie, aber wirklich im Ausland ist Anowara jetzt bei der Lindauer Nobelpreisträgertagung zum allerersten Mal. Jeden Tag neue Dinge lernen: Das ist Wissenschaft für sie, "und das ist richtig spannend".
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Aufklärung ist wichtig
Anowara Begum fallen gleich mehrere Dinge ein, die man schnell in den Griff bekommen sollte - besonders in Bangladesch oder Asien: Die Unterernährung von Menschen auf der einen Seite, auf der anderen das Übergewicht der Leute, die schlichtweg nicht auf ihre Gesundheit achten. "Oft sind die Leute ignorant", sagt sie. Auch hinsichtlich von Infektionen, zum Beispiel Geschlechtskrankheiten.
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Luca Pellegrinet aus Großbritannien
Luca Pellegrinet ist Molekularbiologe und arbeitet derzeit in der Krebsforschung. Schon als Kind wollte er immer wissen, wie etwas von innen aussieht. "Ich habe alles auseinandergebaut, was mir in die Finger kam". Seine unstillbare Neugierde ist geblieben - und so ist er in der Wissenschaft gelandet.
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Den Weg von Krebs verstehen
Luca Pellegrinet malt zwei Zellen. "Es ist nicht einfach zu verstehen, was darin los ist", sagt er und vergleicht es mit einer Karte: Viele Buslinien, Züge, Haltestellen und Straßen. "Und meistens gibt es einen zentralen Bahnhof, einen speziellen Umschlagpunkt - und genau das haben normale und Krebszellen gemeinsam." Zu verstehen, was in diesem Punkt passiert, sei wichtig, um Krebs zu verstehen.
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Arnaud L'Omelette von Mauritius
Arnaud L'Omelette repräsentiert bei der Lindauer Nobelpreisträgertagung einen Inselstaat im Indischen Ozean. In der Liste, in der zahlreiche Teilnehmer zum Beispiel unter den USA oder Deutschland aufgelistet sind, steht der 29-Jährige als einziger unter "Mauritius". Wissenschaft ist für ihn: "Neue Wege finden, die uns einmal den Alltag erleichtern."
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Ein anderer - besserer - Lebensstil
"Das sind die großen Probleme in meinem Land", sagt Arnaud L'Omelette: Übergewicht, Diabetes, Bluthochdruck. Die Leiden kamen mit der schnellen Entwicklung der Volkswirtschaft in den 1990er Jahren - die mit einem ungesunden, neuen Lebensstil einherging. "Dabei wäre es so einfach, etwas zu ändern", sagt Arnaud, "mit gesunder Ernährung und ausreichend Bewegung zum Beispiel."
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Anna Oszmiana, Polen: Das Immunsystem verstehen
Gerade lebt Anna Oszmiana in Großbritannien und forscht an der Universität von Manchester. Ihr Schwerpunkt: Immunologie. Sie hat zwei Zellen gemalt. Die linke ist infiziert von einem Virus - was der zweiten nicht entgeht. "Selbstschutz! Die Zelle dockt an, und macht das Virus unschädlich." Die Kommunikation zwischen Zellen: Für Anna eines der spannendsten und wichtigsten Forschungsgebiete.
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Ein bisschen hatte man am Sonntag (29.06.2014) in Lindau den Eindruck, als stünde der erste Schultag - oder der erste Tag des Studiums - an. Eröffnet wurde die 64. Lindauer Nobelpreisträgertagung, doch die rund 600 anwesenden Nachwuchsforscher müssen nicht mehr viel beweisen, denn sie gehören schon zu den Besten auf ihrem Gebiet. Und auch aus genau diesem Grund sind sie hierher eingeladen worden. Das ist eine Ehre, denn Bewerbungen von Studierenden, Doktoranden und Postdoktoranden um die Teilnahme gibt es Tausende. Seit 1951 ist die Lindauer Tagung nun Tradition, zu der neben den vielen Nachwuchswissenschaftlern auch immer zahlreiche Nobelpreisträger zum Austausch pilgern.
Erwartungsvolle Stimmung bei der Eröffnung
Kein Tuscheln, keine Mobiltelefone, keine Unruhe. Bei der Eröffnungsveranstaltung zur Tagung fällt auf, wie gespannt das Publikum dem Geschehen auf der Bühne folgt. Bundesforschungsministerin Johanna Wanka ist extra angereist, um die vielen internationalen Gäste zu begrüßen. Sie bezeichnet die "Lindau Nobel Laureate Meetings" als einen Ort der Begegnung: "Lindau dient vor allem dem Austausch - und gerade der Austausch ist es, der der Wissenschaft neue, entscheidende Impulse gibt und damit die Forschung voranbringt."
Mit dem wissenschaftlichen Nachwuchs in Deutschland sei sie gerade sehr zufrieden, sagte die Ministerin nach der Veranstaltung im Gespräch mit der Deutschen Welle. Es stimme auch nicht, dass ein Großteil der eigenen Wissenschaftler ins Ausland abwandere. "Das spukt noch immer in den Köpfen der Leute", so Wanka. Tatsächlich sei das aber mittlerweile rund 15 Jahre her. "Im Moment bekommen wir die Spitzenwissenschaftler aus aller Welt, weil wir eben - entgegen dem Trend - in Bildung und Forschung investiert haben."
Während ihrer Eröffnungsrede gab Wanka den jungen Forschern aber auch noch einen Rat mit auf den Weg: "Forschung darf nicht alles, was sie heute kann." Ethische Fragen müssten sehr viel mehr als noch vor 20 oder 30 Jahren abgewogen werden - besonders in der Medizin, so die Ministerin.
Physiologie und Medizin im Fokus der diesjährigen Tagung
Die Medizin ist in diesem Jahr Schwerpunkt der bis zum Freitag (04.07.2014) dauernden Tagung, zusammen mit der Physiologie. Zu den Themen gehören zum Beispiel die körpereigene Immunabwehr von Infektionen, Fortschritte in der Krebsforschung und die intelligente Wirkstoffforschung. Es gibt also viel Gesprächsstoff für die die Nachwuchswissenschaftler und die 37 teilnehmenden Nobelpreisträger.
Highlights zur Eröffnung
Neben der obligatorischen Eröffnungsrede hatte sich das Kuratorium auch noch ein paar Highlights ausgedacht. Zum Beispiel gab es vom deutschen ESA-Astronauten Alexander Gerst eine Videobotschaft von der ISS, in der er den jungen Tagungsteilnehmern viel Erfolg wünschte. Ihr Forschergeist mache jeden einzelnen von ihnen zu einem "Kolumbus des 21. Jahrhunderts".
Den Abschluss am Sonntagnachmittag machte eine interaktive Präsentation von Hans Rosling, einem schwedischen Professor für Internationale Gesundheit am Karolinska-Institut in Stockholm. Der renommierte Wissenschaftler möchte den Blick, den die Menschen auf die Welt haben, ändern - mithilfe bunter Statistiken und einer rasanten Bühnenshow.
Für die Eröffnung der 64. Lindauer Nobelpreisträgertagung hatte er sich etwas Besonderes ausgedacht: Die Teilnehmer mussten mithilfe einer Fernbedienung Fragen beantworten - zum Beispiel zum durchschnittlichen Alter oder der Bevölkerungszahl auf den verschiedenen Erdteilen. Diese Aufgaben löste das Publikum mehr oder weniger erfolgreich. Im Anschluss an die Veranstaltung gab Rosling zu, dass er sich ein besseres Ergebnis erhofft hatte. Trotzdem: Dass es selbst für Nobelpreisträger und herausragende Nachwuchsforscher noch etwas zu lernen gibt, ist doch irgendwie beruhigend.