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Politik

Down-Syndrom: Für ein Recht auf Nichtwissen

12. Oktober 2018

Sollten Gentests bei Ungeborenen von den Krankenkassen bezahlt werden, um zu erkennen, ob ein Down-Syndrom-Kind zu erwarten ist? Der Bundestag wird sich mit dieser umstrittenen Frage beschäftigen.

Down-Syndrom-Bluttest
Bild: picture-alliance/dpa/T. Kleinschmidt

 "Die Fortschritte in der genetischen Diagnose zwingen uns als Gesellschaft dazu, die Frage zu beantworten, wie wir mit den dadurch erzeugten Erkenntnissen umgehen wollen", sagte der CDU-Abgeordnete Rudolf Henke. Er ist einer von rund 100 Parlamentariern aller Parteien außer der AfD, die sich für den Bundestagsentscheid stark gemacht haben.

Grund der Initiative sind Bestrebungen, Bluttests, mit denen bei einem ungeborenen Kind zum Beispiel das Down-Syndrom erkannt werden kann, in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufzunehmen. Solche Tests gibt es seit 2012. Sie werden bislang als so genannte Selbstzahlerleistung angeboten. In besonderen Fällen werden die Kosten aber schon jetzt von Krankenkassen übernommen.

Corinna Rüffer (Grüne): Schwangere müssen das Gefühl haben, dass ihr Kind vorbehaltlos willkommen istBild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Kritiker der Pränataldiagnostik warnen, dass die Tests zu mehr Abtreibungen bei Kindern mit Down-Syndrom führen werden. "Menschen mit Down-Syndrom sind nicht glücklicher oder unglücklicher als andere Menschen", gab die SPD-Abgeordnete Dagmar Schmidt zu bedenken. "Sie leiden nicht unter Trisomie 21, sondern darunter, nicht angemessen und respektvoll behandelt zu werden. Eltern von Kindern mit Trisomie 21 sollten niemals in die Gefahr geraten, sich für die Geburt ihres Kindes rechtfertigen zu müssen."

Diskriminierung vermeiden

Nach Ansicht der Linken-Abgeordneten Kathrin Vogler ist es derzeit noch möglich, eine gesellschaftliche Debatte darüber zu führen, "ob und in welchen Fällen vorgeburtliche Gentests legitim sind. Wir müssen wegen der rasanten Entwicklung diagnostischer Möglichkeiten zu einer gesetzlichen Regulierung kommen, die jede Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen vermeidet." Es gebe bereits zwei weitere Bluttests für andere Gendefekte und vier für Erbkrankheiten. In Großbritannien seien über Methoden der Molekulargenetik bereits 400 genetische Erkrankungen diagnostizierbar.

Rudolf Henke (CDU/CSU) und Dagmar Schmidt (SPD): Wie geht die Gesellschaft mit den Testergebnissen um?Bild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Schwangere Frauen müssten immer selbst entscheiden können, ob sie ein Kind bekommen möchten, erklärte die Grünen-Politikerin Corinna Rüffer. "Statt durch immer mehr Tests den Anschein zu erwecken, man habe unter Kontrolle, was für ein Kind man bekommt, müssen wir den Wert der Vielfalt unserer Gesellschaft verteidigen", forderte sie.

Eltern wollen Klarheit 

In einem Positionspapier kritisieren die Beteiligten an der fraktionsübergreifenden Initiative, dass es bisher keine parlamentarische Debatte darüber gab, welchen gesellschaftlichen Nutzen vorgeburtliche Gentests haben, sodass sie über die gesetzlichen Krankenkassen finanziert werden sollten. Auch sei die Perspektive von Menschen mit Down-Syndrom zu wenig im Blick.

Dagegen sprach sich der Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Peter Dabrock, in der "Berliner Zeitung" für eine Kostenübernahme durch die Kassen aus. Eltern wollten Klarheit über den Gesundheitszustand ihres Kindes, konstatierte er. Der Bluttest habe im Unterschied zu den herkömmlichen Untersuchungsmethoden keine Nebenwirkungen.

uh/ml (afp, epd, kna)

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