Rot-rot-grünes Treffen in Berlin
19. Oktober 2016"Die Zeit ist reif für neue Perspektiven", sagte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Axel Schäfer zum Auftakt des Treffens, an dem Funktionäre und Abgeordnete der drei Parteien teilnahmen. Noch nie hätten sich so viele Vertreter von Sozialdemokraten, Grünen und Linkspartei für Gespräche über eine gemeinsame Machtoption im Bund versammelt. Ziel seien "Mehrheiten diesseits der Union" und ein sozialdemokratischer Kanzler nach der Wahl im Herbst 2017. Schäfer hob hervor, dass sich aus Zahl und Kaliber der Teilnehmer "eine breite Legitimation für eine fortschreitende Diskussion" ergebe.
Linken-Bundesschatzmeister Thomas Nord sagte, die Gespräche dienten vor allem der Suche nach Schnittmengen. "Es geht nicht darum, sofort jeden Dissens herauszuarbeiten." Festlegungen mit Blick auf eine Koalition würden nicht getroffen, sagte Nord. "Dafür sind wir nicht da, und das maßen wir uns auch nicht an."
Der stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Frithjof Schmidt ergänzte, dass in dem Gesprächsforum die bisherigen Bemühungen für eine Kooperation der drei Parteien zusammengeführt würden. Nun solle geprüft werden, ob eine tragfähige Alternative zur großen Koalition existiere.
Gabriel auf Stippvisite dabei
Aufgewertet wurde das Treffen im Jakob-Kaiser-Haus durch einen überraschenden Kurzbesuch von SPD-Chef Sigmar Gabriel. Der Vizekanzler habe das Eingangsreferat des Philosophen Oskar Negt verfolgt und dann die Versammlung vor Beginn der Aussprache wieder verlassen, berichteten Teilnehmer. Der Wirtschaftsminister der schwarz-roten Bundesregierung tat seinen Besuch zwar als Stippvisite ab. Sein Kommen kann aber auch als unausgesprochenes Signal dafür gewertet werden, dass ein Bündnis mit den Linken auf Bundesebene für ihn nicht länger undenkbar scheint.
Die SPD hatte auf ihrem Leipziger Parteitag im November 2013 beschlossen, dass eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei auf Bundesebene ab 2017 grundsätzlich möglich sei. Allerdings gibt es bei Sozialdemokraten und auch bei Grünen weiter Vorbehalte gegen ein Bündnis mit den Linken im Bund. Außerdem gibt es zwischen den drei Parteien große inhaltliche Differenzen, insbesondere in der Außenpolitik. In aktuellen Meinungsumfragen hat Rot-Rot-Grün zudem keine Mehrheit.
Generalsekretäre von CDU und CSU wettern
Unionspolitiker kritisierten unisono das rot-rot-grüne Treffen. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sprach von einer "Linksfront". Sein CDU-Kollege Peter Tauber sagte, ein rot-rot-grün regiertes Deutschland wäre ein "Stabilitätsrisiko für Europa und die Welt".
qu/wl (dpa, afp)