Erst kein Preis, jetzt gleich zwei: Die Schwedische Akademie wird in diesem Jahr zwei Literaturnobelpreise vergeben und die abgesagte Auszeichnung für das Jahr 2018 nachholen. Nun wurden die Termine bekanntgegeben.
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Die Nobelpreisträger werden in diesem Jahr zwischen dem 7. und 14. Oktober verkündet. Das teilte die Nobelstiftung mit. Den Anfang machen wie jedes Jahr die wissenschaftlichen Preise in den Kategorien Medizin, Physik und Chemie am Montag, Dienstag und Mittwoch der Woche, gefolgt vom Literaturnobelpreis am Donnerstag.
Zum Abschluss der eigentlichen Nobelwoche wird am Freitag der diesjährige Friedensnobelpreisträger bekanntgegeben. Am 14. Oktober wird als Letztes der Wirtschaftsnobelpreis verkündet, der nicht im Testament von Preisstifter Alfred Nobel auftaucht und damit nicht zu den klassischen Nobelpreisen zählt. Die Nobelpreise werden traditionell Anfang Oktober bekanntgegeben. Verliehen werden die Auszeichnungen dann am 10. Dezember - dem Todestag Nobels - in Stockholm und Oslo.
Das vergangene Jahr hinter sich lassen
Nach der Absage des Literaturnobelpreises im Vorjahr wird in diesem Herbst sowohl ein Preisträger für das Jahr 2018 als auch einer für das Jahr 2019 verkündet. Nach den internen Problemen bei der für die Preisvergabe zuständigen Akademie sei man zu der Ansicht gelangt, dass die Institution mehrere wichtige Maßnahmen ergriffen habe, um das Vertrauen in sie wiederherzustellen, erklärte die Nobelstiftung bereits im März. Mit diesen Reformen habe die Akademie nun die Möglichkeit, das vergangene Jahr und die damit verbundenen Probleme hinter sich zu lassen.
Die Schwedische Akademie steckt seit Ende 2017 wegen eines umfassenden Skandals in einer tiefen Krise. Die Affäre dreht sich um die mittlerweile aus dem Gremium ausgetretene Dichterin Katarina Frostenson und ihren Ehemann Jean-Claude Arnault. Ihm hatten im November 2017 insgesamt 18 Frauen sexuelle Belästigung und Übergriffe vorgeworfen. Wegen Vergewaltigung wurde er dann im Dezember 2018 vom Berufungsgericht in Stockholm zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Wie bereits gegen das Urteil der Vorinstanz ging er dagegen in Berufung.
Vertrauen wiederherstellen
Die Akademie wirft Frostenson und Arnault außerdem vor, die Literaturnobelpreisträger vorab ausgeplaudert und damit gegen ihre Geheimhaltungspflicht verstoßen zu haben. Wegen der Krise bei der Akademie war 2018 erstmals seit fast 70 Jahren kein Nobelpreis für Literatur vergeben worden. Damals hatte die Jury bereits angekündigt, man wolle den Preis für 2018 im kommenden Jahr zusammen mit demjenigen für 2019 bekanntgeben.
Der Literaturnobelpreis: Wie funktioniert die Vergabe?
Im Dezember zeichnet die Schwedische Akademie erneut einen herausragenden Schriftsteller mit dem höchsten Literaturpreis aus. Wir erklären, wie sie dabei vorgeht.
Die Entscheiderin: die Schwedische Akademie
1786 nach dem Vorbild der Académie française von König Gustav III. gegründet, um die schwedische Sprache und Literatur zu fördern, vergibt die Schwedische Akademie seit 1901 den Literaturnobelpreis. De Aderton (dt. Die Achtzehn) - wegen der 18 Sitze - trifft ihre Entscheidung immer im Oktober. Die Verleihung der begehrten Medaille findet am 10. Dezember, an Alfred Nobels Geburtstag, statt.
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Langwieriger Prozess
Mitglieder der Akademie sind schwedische Schriftsteller, Literatur- und Sprachwissenschaftler, Historiker sowie ein berühmter Jurist. Ernannt werden sie auf Lebenszeit. Zwischen der Vergabe des Nobelpreises und den ersten Vorbereitungen liegt mehr als ein Jahr. Die erste Amtshandlung in dem Prozess vollzieht das Nobelkomitee in der Regel im September des Vorjahres...
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Der Gehilfe: das Nobelkomitee
...dann verschickt es rund 700 Nominierungsformulare an "qualifizierte Individuen und Organisationen", zu denen u.a. Mitglieder der Literaturnobelpreis-Akademie, frühere Preisträger oder Literaturwissenschaftler zählen. Das Komitee besteht aus sechs Mitgliedern, die für einen Zeitraum von drei Jahren aus den Reihen der Akademie gewählt werden. Vorsitzender ist der Autor Per Wästberg (Bild).
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Die Auslese
Sämtliche Formulare, die bis Ende Januar beim Komitee eingegangen sind, werden mithilfe zusätzlicher Experten genau evaluiert. Bis April wird der Kreis möglicher Anwärter auf den Literaturnobelpreis durch das Komitee bereits auf 15-20 Kandidaten begrenzt, einen Monat später bleiben nur noch fünf Kandidaten übrig. Ab diesem Zeitpunkt übernimmt die Akademie...
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Lesen, diskutieren, entscheiden
...sie erhält nun vom Komitee die Liste mit den fünf Kandidaten der engeren Auswahl. Damit geht der Vergabe-Prozess in seine heiße Phase: Im Sommer lesen und beraten sich die Akademie-Mitglieder, schreiben ihre Berichte und sprechen im September vor allem über die literarischen Verdienste der Anwärter. Fehlt nur noch die Abstimmung...
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Am Ziel: Bekanntgabe und Preisverleihung
Anfang Oktober stimmt die Akademie ab und verkündet das Ergebnis. Durchgesetzt hat sich derjenige Kandidat, der über die Hälfte der abgegebenen Stimmen erhalten hat. Im vergangenen Jahr durfte sich der japanisch-stämmige britische Autor Kazuo Ishiguro über die mit acht Millionen schwedischen Kronen (rund 800.000 Euro) dotierte Auszeichnung freuen. Die übrigen Nominierten bleiben 50 Jahre geheim.
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Begründet wurde das damit, dass zunächst das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Akademie wiederhergestellt werden müsse, bevor ein neuer Preisträger verkündet werde. Die Nobelstiftung hatte daraufhin mehrere Änderungen bei der Akademie gefordert, damit diese die Preisvergabe wiederaufnehmen darf. Dem war die Institution, die den Literaturnobelpreis seit 1901 vergibt, weitgehend nachgekommen.
Nicht die erste Absage
"Es werden zwei Nobelpreise, so wie wir es erhofft haben", sagte der Vorsitzende der Schwedischen Akademie, Anders Olsson, im März der Tageszeitung "Dagens Nyheter". Zugleich gab seine Institution bekannt, dass Horace Engdahl das Nobelkomitee, nicht aber die Akademie verlassen werde. Diesen Entschluss habe er aus freien Stücken gefasst, um der Zukunft des Nobelpreises und der Zusammenarbeit zwischen Akademie und Nobelstiftung in Zukunft nicht im Weg zu stehen. Engdahl galt als umstritten. Im Sommer 2018 hatten drei andere Akademiemitglieder seinen Rücktritt gefordert, vor allem weil er sich immer wieder für seinen Freund Arnault ausgesprochen und die Anschuldigungen der 18 Frauen in Frage gestellt hatte.
Skandale rund um die Literaturnobelpreis-Akademie
Im Jahr 2018 war er wegen eines Korruptions- und Missbrauchsskandal in der Jury ganz ausgefallen. Doch auch in der Vergangenheit gab es immer wieder Probleme rund um die Verleihung des wichtigsten Literaturpreises.
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Wollte nicht reden: Bob Dylan
Als erster Musiker erhielt 2016 Bob Dylan den Nobelpreis für Literatur. Die Musikwelt feierte ihn dafür. Doch Dylan distanzierte sich und schien wenig interessiert an der hohen Auszeichnung zu sein. Er sagte seine Teilnahme an der Preisverleihung ab und schickte auch keine Rede zum Verlesen. Im März 2017 kam er dann doch kurz in Stockholm vorbei und holte sich seine Medaille.
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Späte Ehre für den Erstling: Thomas Mann
Als Thomas Mann 1929 den Preis bekam, war es nicht etwa für seinen gerade erschienenen "Zauberberg". Er wurde für seinen Debütroman "Die Buddenbrooks" ausgezeichnet. Der war allerdings schon fast 30 Jahre alt. Da der Jury aber der Zauberberg zu "weitschweifig und schwerfällig" vorkam, entschied man sich für das ältere Werk: "Ein Höhepunkt in der zeitgenössischen Romandichtung schlechthin".
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Auch keine Literatur. Aber starke Worte: Winston Churchill
Eigentlich wäre der britische Premierminister Sir Winston Churchill ein Kandidat für den Friedensnobelpreis gewesen - zweimal stand er auf der Nominierungsliste. 1953 bekam er den Preis - allerdings für Literatur. Die Jury lobte seine "Meisterschaft in der historischen und biografischen Darstellung", sowie seiner glänzenden "Redekunst, mit der er menschliche Werte verteidigt".
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Durfte den Preis nicht annehmen: Boris Pasternak
Der sowjetische Autor, weltberühmt für seinen Roman "Doktor Schiwago", wurde 1958 ausgezeichnet. Seine Regierung allerdings drohte ihm mit Ausbürgerung, sollte er den Preis annehmen. Pasternak gab nach - was ihm postwendend den Ausschluss aus dem Schriftstellerverband der UdSSR bescherte. Trotz allem blieb Pasternak in der Sowjetunion. Sein Sohn holte die Nobel-Medaille 1989 in Stockholm ab.
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Wollte nur das Geld: Jean-Paul Sartre
1964 sollte der französische Dramatiker und Philosoph Jean-Paul Sartre den Nobelpreis erhalten. Der jedoch lehnte überraschenderweise ab ("Jeder Preis macht abhängig.") Man sagte ihm nach, dass er Jahre später vorsichtig beim Nobelpreiskomitee vorsprach, ob er die 273.000 schwedischen Kronen nicht vielleicht doch noch bekommen könnte. Doch das ist wohl nur eine angedichtete Anekdote.
Bild: picture alliance/AP Images
"Keine Literatur": Dario Fo
Er sei doch nur ein "unterhaltsamer Gaukler und kein Autor von Weltrang", gab die empörte Literatur-Elite von sich, als der italienische Dramatiker Dario Fo 1997 ausgezeichnet wurde. Als Satiriker schlug Fo mit seinen eigenen Waffen zurück. Seiner Rede in der Schwedischen Akademie gab er den Titel "Gegen freimütige Gaukler" und machte aus der ehrwürdigen Preisverleihung eine Satireshow.
Bild: Vittorio Zunino Celotto/Getty Images
Zu viele Menschen: Elfriede Jelinek
Die österreichische Schriftstellerin Elfriede Jelinek wollte nicht zur Preisverleihung kommen, als sie 2004 geehrt wurde. Sie hatte Angst vor großen Menschenmengen und plötzlicher Popularität: "Ich bin psychisch nicht in der Lage, mich dem persönlich auszusetzen." Das musste auch das Nobelkomitee so hinnehmen. Immerhin hielt Jelinek ihre Nobelpreisrede trotzdem: per Videobotschaft.
Bild: Imago/Leemage/S. Bassouls
Mit dem Tod bedroht: Salman Rushdie
Weil er "Die satanischen Verse" (1988) als Gotteslästerung empfand, setzte Irans Führer, Ajatollah Khomeini, ein Kopfgeld auf den indisch-britischen Autor aus, der jahrelang versteckt leben musste. Die Akademie schwieg dazu, aber zwei Jury-Mitglieder legten ihr Amt nieder. Erst 27 Jahre später verurteilte die Akademie die Todesdrohung, zeichnete Rushdie aber nie mit dem Literaturnobelpreis aus.
Bild: Getty Images for Christian Dior Couture/N. Hunt
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Der Literaturpreis wurde 2018 nicht zum ersten Mal abgesagt, zuletzt wurde er von 1940 bis 1943 wegen des Zweiten Weltkriegs überhaupt nicht vergeben. Mehrmals wurde er zwischen 1915 und 1949 zudem um ein Jahr verschoben, weil damals kein würdiger Preisträger gefunden worden war. Der US-Schriftsteller William Faulkner bekam den Preis für 1949 schließlich im Jahr 1950 zugesprochen. Dass statt Krieg oder Mangel an geeigneten Kandidaten im vergangenen Jahr ein Skandal zu der Absage geführt hatte, war jedoch ein Novum.