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Theater

Claus Peymann fällt zum Abschied auf die Knie

11. Februar 2017

50 Jahre lang hat er die deutsche Theaterszene geprägt: mit mutigen, innovativen und oft genug umstrittenen Stücken. Nun zeigte er seine letzte Inszenierung am Schiffbauerdamm, Heinrich von Kleists "Prinz von Homburg".

Berlin - Claus Peymann bei der Fotoprobe «Prinz von Homburg»
Bild: picture-alliance/dpa/P. Zinken

Beim Schlussapplaus fiel er vor den Schauspielern auf die Knie, schlug die Hände vors Gesicht und verschwand schließlich hinter dem Vorhang. Nach 17 Jahren als Intendant des renommierten Berliner Ensembles, dem Theater am Schiffbauerdamm, gibt der 79-jährige Peymann das Amt zur nächsten Saison an einen Jüngeren ab - an Oliver Reese vom Schauspiel Frankfurt. Dieser teilte bereits Ende Januar mit, von seinem Vorgänger lediglich zwei Schauspieler übernehmen zu wollen und älteren Darstellern ein Gastrecht einzuräumen. Wegen des befürchteten Stellenabbaus und der von Reese angekündigten inhaltlichen Neuausrichtung des Theaters hatte der Intendantenwechsel schon vergangenen Herbst für Debatten gesorgt. 

Zum 1. August 2017 wird er die Leitung des Berliner Ensembles übernehmen: Oliver ReeseBild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Beeindruckendes Bühnenbild und ein unpolitischer Prinz

Zum Abschied brachte der sonst so streitlustige Peymann Heinrich von Kleists "Prinz Friedrich von Homburg" als recht traditionelle Inszenierung auf die Bühne, in der jedoch eine ganze Garde vertrauter Schauspielstars glänzen konnte - allen voran Carmen-Maja Antoni als Obrist Kottwitz, Roman Kaminski als Kurfürst von Brandenburg und Veit Schubert als Feldmarschall Dörfling.

Das düstere Bühnenbild zu Kleists "Prinz Friedrich von Homburg" schuf Achim FreyerBild: picture-alliance/dpa/P. Zinken

Seinen Prinzen legte Peymann dabei überraschend unpolitisch an: nicht als Freiheitskämpfer und Aufständler gegen die Enge des monarchischen Systems, sondern buchstäblich als Traumtänzer. So schwebte er zum Auftakt auf einem sphärisch leuchtenden Hochseil über die Bühne, vom Siegerkranz träumend, und tappte später eher zufällig und liebesverwirrt in seinen großen Akt des Ungehorsams, ehe er sich schließlich doch pflichtbewusst dem Todesurteil ergab.Heinrich von Kleist (1777-1811) schrieb das Meisterwerk vier Monate vor seinem Freitod am Ufer des Wannsees. So war auch in der Inszenierung viel von der düsteren und zugleich poetisch verklärenden Todessehnsucht des Autors erlebbar. Besonders dem eindrücklichen Bühnenbild des Peymann-Gefährten Achim Freyer war das zu verdanken: Wie auf einem Schachbrett agierten die Figuren in dem dunkelgrauen, schräg ansteigenden Raum, der Garten, Schlachtfeld und Kerker in einem war.

"Die Wahrheit ist, dass mir auf Erden nicht zu helfen war", schrieb der 34-jährige Kleist kurz vor seinem Tod. Und so ging denn auch Peymanns Prinz wie im Traum aus dieser Welt und schwebte am Ende auf seinem Hochseil wie ein Gekreuzigter über dem Publikum, während die Generalität unten zu Cat Stevens Freiheitshymne tanzte: "If you want to be free, be free."

bb/jj (dpa, epd)

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